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„Schwierige Lage, aber freundlicheres Ergebnis“

Interview mit Amtschef Thomas Schäfers und Finanzdirektorin Christine Hüttinger zum Finanzbericht 2022

Die Diözese Eichstätt hat das Geschäftsjahr 2022 wie das Vorjahr mit roten Zahlen abgeschlossen. Dazu haben die Zinsentwicklung, die Inflation und der Einbruch an den Kapitalmärkten beigetragen. Auch wenn der finanzielle Spielraum der Diözese weiterhin eng bleibt, lassen bereits eingeleitete strukturelle Maßnahmen Amtschef Thomas Schäfers und Finanzdirektorin Christine Hüttinger zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Wie bewerten Sie die Abschlusszahlen für das Jahr 2022 insgesamt?

Thomas Schäfers: Allgemein zeigt der Bericht die schwierige Lage, in der sich die Diözese befindet. Wir haben erneut ein Defizit, dieses Mal von 12,5 Millionen Euro. Die Entwicklung ist noch düsterer prognostiziert gewesen, das Ergebnis nun etwas freundlicher. Es zeigt sich, dass unsere Bemühungen um den Strategieprozess und den darauf aufbauenden Zukunftsplan mit den aufgezeigten strukturellen Anpassungen notwendig und wichtig sind. Der Zukunftsplan enthält sehr weitgehende, zum Teil sehr schmerzhafte Anpassungen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, damit wir wirtschaftlich nachhaltig positiv auf- gestellt sind und insgesamt handlungsfähig bleiben. Wir sehen aber auch Faktoren, die das Defizit 2022 noch gebremst haben, unter anderem den Baustopp, der bis Ende 2024 gilt.
Neben dem Baustopp gab es höhere Erträge als im Vorjahr, Einsparungen in Personal, Verringerung der gewährten Zuschüsse sowie Rückzahlungen aus der USA. Warum ist die Bilanz trotzdem am Ende negativ ausgefallen?

Christine Hüttinger: Tatsächlich schließt das Geschäftsjahr mit einem Minus in Höhe von 12,5 Millionen Euro, mehr als eine Million weniger als im Vorjahr. Geprägt ist das Ergebnis auch von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Zum einen hat die Zinswende im vergangenen Jahr zu Entlastungen bei Pensions- und Beihilferückstellungen geführt, zum anderen hat die Inflation zu steigenden Sachkosten und einer historisch schlechten Entwicklung am Kapitalmarkt geführt. Das findet seinen Niederschlag in Wertberichtigungen bei den Finanzanlagen. Nach dem Vorsichtsprinzip haben wir Abschreibungen in Höhe von rund 24,8 Millionen Euro auf Finanzanlagen vorgenommen.

Wie sind diese hohen Abschreibungen zu verstehen?

Hüttinger: Die Abschreibungen sind Ergebnis einer Bewertung der Spezialfonds zum Marktwert am Bilanzstichtag 31. Dezember 2022. Tatsächlich werden die Fonds aber langfristig gehalten und nicht zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich veräußert.

Das bedeutet also keine dauerhafte Wertminderung.

Hüttinger: Nein, das sind größtenteils keine dauerhaften Wertminderungen. Im ersten Halbjahr 2023 haben sich alle drei betroffenen Fonds wieder im Wert gesteigert. Das hat den gegenteiligen Effekt, dass die Zuschreibungen den Jahresabschluss des laufenden Jahres positiv beeinflussen. Der Wertzuwachs der Spezialfonds im ersten Halbjahr liegt derzeit zwischen ein und drei Prozent, je nachdem, wie die Fonds aufgestellt sind. Die Verteilung auf die drei Vermögensverwaltungen mit unterschiedlicher Risikostrategie hat sich auf alle Fälle bewährt. Die Spezialfonds der Diözese haben im vergangenen Jahr eine negative Performance zwischen acht und zwölf Prozent verzeichnet, was absolut stimmig mit der allgemeinen Marktentwicklung ist. Der DAX hat im Jahr 2022 zum Beispiel mit 12,3 Prozent Verlust geschlossen. Für die Spezialfonds ist wegen der Risikobegrenzung insbesondere die Entwicklung an den Anleihemärkten relevant. Dass dort durchweg prozentual zweistellige Verluste verzeichnet worden sind, hat es drei Dekaden lang nicht gegeben. In absoluten Zahlen sind 24,8 Millionen ein hoher Betrag, man muss es aber im Verhältnis zu den angelegten Beträgen sehen, also zu 311 Millionen Euro. Dann sind wir mit unseren Anlagerichtlinien und dem vorgegebenen Risikomaß sehr gut gefahren.

Ohne diesen Stichtagseffekt, also ohne die hohen Abschreibungen, wäre die Bilanz positiver ausgefallen.

Hüttinger: Die Frage, ob die Bilanz ohne die hohen Abschreibungen positiv ausgefallen wäre, lässt sich nicht so einfach beantworten. Da hängen mehrere Faktoren zusammen. Steigende Zinsen zum Beispiel sind Fluch und Segen zugleich, je nachdem was man betrachtet. Dadurch enthält die Bilanz mehr Einmaleffekte, die einen positiv, die anderen negativ. Im laufenden Geschäftsjahr sehen wir nach wie vor das Problem der sinkenden Kirchensteuereinnahmen bei erwarteten hohen Tarifsteigerungen.

Die Kirchensteuereinnahmen sind trotz Rekord-Austrittszahlen gestiegen. Wie war das möglich?

Hüttinger: Bei den Kirchensteuereinnahmen insgesamt muss man zwei Bereiche unterscheiden: Die laufenden Kirchensteuereinnahmen gehen zurück, aber es gibt das Clearing-Verfahren durch den Verband der Diözesen Deutschlands. Dabei wird durch Zuordnung von Wohnsitz-Finanzamt und Betriebsstätten-Finanzamt der Kirchenmitglieder zeitverzögert eine Korrektur in der Verteilung der Kirchensteuereinnahmen zwischen den Diözesen vorgenommen. So hat die Diözese Eichstätt 2022 rückwirkend für 2018 höhere Zuteilungen bekommen als im Vorjahr. 2018 war, was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft, noch ein gutes Jahr in der Region.

Das Defizit, das bei der Emeritenanstalt, der Pensionskasse der Geistlichen, gedeckt werden musste, fiel 2022 niedriger als erwartet aus. Sehen Sie hier eine Trendwende?

Hüttinger: Im vergangenen Jahr wurden 14,6 Millionen Euro ausgeglichen, rund vier Millionen Euro weniger als erwartet. Die Zahl der Anspruchsberechtigten ist von 260 auf 252 leicht zurückgegangen. Der Haupteffekt ist aber ein reiner Zinseffekt. Gerechnet hatten wir mit einer Verzinsung von 1,6 Prozent, tatsächlich waren es dann 1,78 Prozent. Bei den hohen Anlagebeträgen und deren langen Laufzeiten macht das sehr viel aus. Wir erwarten, dass das Defizit der Emeritenanstalt mittelfristig zurückgeht, weil die Anzahl der Bezieher geringer wird.

Der Zukunftsplan der Diözese sieht eine Beteiligung der Priester an der Altersvorsorge vor. Wann tritt diese Beteiligung in Kraft?

Schäfers: Damit sie in Kraft treten kann, sind Anhörungen nötig. Die laufen derzeit, wir müssen sie abwarten.

Die Rückzahlungen aus den USA haben sich positiv auf das Ergebnis 2022 ausgewirkt. Laufen die Rückzahlungen gemäß der Einigung vom vergangenen Herbst nach Plan?

Schäfers: Im Großen und Ganzen laufen sie nach Plan. Es kommt bei einzelnen Rückzahlungen zu Verzögerungen. Das hängt mit Verkaufsstrategien bei Gebäuden und Grundstücken zusammen.
Sind die drei Millionen Euro, die für das erste Quartal 2023 fällig waren, eingetroffen? Hüttinger: Es sind 2,2 Millionen eingegangen. In 2022 kam alles nach Plan, in 2023 hatten wir einen Zeitverzug unter anderem, weil es bei steigenden Zinsen für Investoren unattraktiver ist, Geld aufzunehmen, um Immobilien zu kaufen. Der Immobilienmarkt hat sich deutlich verschlechtert.

Wie sieht die finanzielle Entwicklung der Diözese im Jahr 2023 bisher aus? Verbessert oder verschlechtert sich die Lage?

Hüttinger: Die Ist-Zahlen liegen über den erwarteten Planzahlen, weil sich gewisse Entwicklungen fortsetzen. Positiv ist zum einen die Entwicklung an den Kapitalmärkten, sodass wir die Wertberichtigungen revidieren und Zuschreibungen auf die Spezialfonds vornehmen können. Die höheren Zinssätze führen zu unmittelbaren und mittelbaren Entlastungen bei Pensions- und Beihilferückstellungen. Außerdem rechnen wir mit weiteren Geldeingängen aus den USA. Andererseits liegen die laufenden Kirchensteuereinnahmen wieder unter dem Vorjahresniveau. Mit Zeitverzug schlagen jetzt auch die hohen Kirchenaustrittszahlen durch. Hinzu kommt die wirtschaftliche Entwicklung in der Region, die unter- durchschnittlich ist.

Gibt es Maßnahmen aus dem Zukunftsplan, die bereits in der Umsetzung sind, aus denen positive Effekte auf die Finanzen im laufenden Jahr erwartet werden?

Schäfers: Für das laufende Jahr rechnen wir nicht mit großen Finanzeffekten. Die beschriebenen Maßnahmen wie beispielsweise die Konzentration bei Beratungsstellen oder die Pläne zur Schulträgerschaft werden erst in den nächsten Jahren greifen. Sie sind aber wichtig, weil sie strukturelle Veränderungen herbeiführen.

Eine geplante Maßnahme ist die Verringerung von Stellen über den Weg eines Personalpools. Wie viele Stellen will die Diözese auf diese Weise bis wann abbauen und was passiert mit den Mitarbeitenden, die keine passende Aufgabe mehr bei der Diözese finden?

Schäfers: Es waren um die 100 Stellen vorgesehen. Mit diesem Pool möchten wir Bewegung innerhalb unseres Stellenplans organisieren. Dazu wurden Stellen und Aufgaben identifiziert, die langfristig nicht mehr notwendig sind. Dadurch, dass sie benannt wurden, werden sich viele Mitarbeitende aus diesen Positionen wegbewegen, damit sie mehr Sicherheit haben und künftig sagen können: Das ist ein Feld, das hat auch Zukunft. Beispielsweise haben wir einen Bedarf an pastoralen Mitarbeitenden in der Fläche des Bistums. Für andere kann der Abschluss einer Altersteilzeit-Vereinbarung eine Lösung sein. Ich habe die Hoffnung, dass wir bis Ende des Jahres ein klares, gutes Bild haben.

Der Personalpool ist also keine langfristige Einrichtung.

Schäfers: Der sogenannte Personalpool ist ein Übergangswerkzeug. Ziel ist es, die strukturellen Veränderungen im Personalbereich gut zu begleiten. Das kann schon drei, vier Jahre dauern, aber die Perspektive muss klar sein. Die geplanten strukturellen Maßnahmen werden zu einer Verringerung der Personalzahlen führen. Natürlich müssen wir daneben aufmerksam die gesellschaftlichen Veränderungen beobachten, die für uns auch Konsequenzen haben können – konkret die Entwicklung bei den Mitgliederzahlen in den Kirchen. Wir müssen schauen, wie wir unsere Dienste und Angebote dicht an den Menschen und deren Bedürfnissen orientieren. Digitalisierung ist ein großes Ziel und gilt für die Pastoral und die Verwaltung.

Bis Ende 2024 sollen die 74 Pastoralräume der Diözese jeweils ein Pastoralkonzept mit Immobilienkonzept erstellen. Wie weit sind sie damit und welche Signale können Sie schon jetzt aus diesem Prozess erkennen?

Schäfers: Wir werden um die Sommerpause herum einen Kriterien-Leitfaden herausgegeben, der vor Ort helfen soll, sich zu orientieren und Entscheidungen zu treffen. Einzelne Kirchenstiftungen sind bereits jetzt ganz gut auf dem Weg, Anpassungen vorzunehmen. Anderen fällt es sehr viel schwerer.

Im Zukunftsplan heißt es: „Es geht nicht um ein zielloses Sparen, sondern um die nachhaltige Entwicklung der Chancen und Stärken. Neben Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushaltes sind Investitionen in die Kernaufgaben unerlässlich.“ Welche Kernaufgaben meinen Sie und wie viel investiert die Diözese in diesen Bereichen?

Schäfers: Die Kernaufgabe ist und bleibt die Verkündigung des Evangeliums in der Diözese Eichstätt. Im Zukunftsplan reden wir von Wachstum, Digitalisierung und Nachhaltigkeit als Zielen für den anstehenden Veränderungsprozess. Die Konkretisierung dieser Ziele wird sich an den örtlichen Gegebenheiten orientieren müssen. Wenn wir Menschen erreichen wollen, wird das in Nürnberg vielleicht anders aussehen als in Herrieden, in Ingolstadt oder in Eichstätt. Da werden wir schauen müssen, wo vor Ort Wachstumsfelder liegen.

Apropos Nachhaltigkeit: Bischof Hanke hat gerade einen Klima-Appell als Erstunterzeichner unterstützt. Wie geht es mit der Klimaoffensive 2035 weiter, ist sie überhaupt finanzierbar?

Schäfers: Die Klimaoffensive ist erst einmal ein wichtiges politisches Statement, wohin wir uns bewegen müssen. Klar ist auch, wir müssen uns schneller bewegen als wir es möglicherweise können und werden vielleicht die Treibhausgasneutralität 2035 oder 2040 nicht vollständig erreichen. Aber uns dahin zu bewegen, das ist einfach absolut wichtig. Dieses Bewusstsein müssen wir schärfen. Dazu wird die Diözese nach der Sommerpause einen Leitfaden herausgeben, der zur Orientierung dient und uns hilft, Maßnahmen zu priorisieren und dafür die entsprechenden Mittel einzustellen.

Ein anderer Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Dazu wurde bei der Vollversammlung des Diözesanrats im Frühjahr eine Reihe von Pilotprojekten diskutiert. Was ist davon schon in der Umsetzung?

Schäfers: In den verschiedenen Gruppen wird engagiert gearbeitet und ich gehe davon aus, dass in der nächsten Vollversammlung ein Bericht kommt, der aufzeigt, welche weiteren Schritte gemeinsam gegangen werden können. Es konzentriert sich bei der Frage der Digitalisierung alles sehr schnell auf Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsstrukturen. Die inhaltliche Frage, wie wir mit unseren Angeboten dichter an Zielgruppen herankommen, kann noch intensiver entwickelt werden.

„Ohne strukturelle Sparmaßnahmen ist kurzfristig mit einem Jahresfehlbetrag um die 30 Millionen Euro zu rechnen“, heißt es im Zukunftsplan. Besteht diese Gefahr weiter?

Hüttinger: Wir haben immer noch das Problem, dass wir ein Defizit von knapp 13 Millionen Euro haben. Und wir haben einen Baustopp. Wir hatten vorher jährlich Aufwendungen von 11 Millionen Euro für Baumaßnahmen. Wenn wir ab 2025 wieder Bauzuschüsse im gleichen Umfang oder höher auszahlen müssen und noch Tariferhöhungen hinzukommen, dann sind wir ganz schnell bei einem Minus von 30 Millionen Euro.

Das Bistum hat gerade die Willibaldswoche unter dem Motto „Hoffnung schöpfen“ gefeiert. Was macht Ihnen im Ausblick auf das kommende Jahr Hoffnung, dass es mit der Diözese in den Bereichen Pastoral und Finanzen wieder aufwärts geht?

Hüttinger: Positiv zu bewerten ist, dass trotz der hohen Inflation und hohen Tarifsteigerun- gen die Haushaltpläne eingehalten und erste kurzfristige Maßnahmen umgesetzt werden können. Insgesamt ist eine sehr viel höhere Sensibilität im Umgang mit den knapper wer- denden Finanzmitteln vorhanden, so dass auch Inhalte und Zahlen besser zusammengebracht werden können.

Schäfers: Hoffnung macht mir, dass wir im Zukunftsplan erste Schwerpunkte gesetzt haben und dass wir auch dabei sind, die- se jetzt zu realisieren. Das ist ein Ausdruck dafür, dass wir miteinander Lösungen er- arbeiten können. Strukturelle Anpassungen brauchen auch Zeit. Ich glaube, die Rahmen- bedingungen, die sich aktuell immer schnel- ler verändern, werden uns dazu zwingen, die- sen Weg weiterzugehen. Und auch in immer kürzeren Abständen über Angebote, Dienste und Wege nachzudenken, wie wir nach-  haltig, lebendig und positiv das Evangelium in die Gesellschaft tragen können. Ich bin zuver- sichtlich, dass uns das gemeinsam gelingt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Geraldo Hoffmann.

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