"Wir haben den Hunger satt": Schöpfungstag im Kloster Plankstetten
„Wir müssen mit Wasser anders umgehen“: Studientag zum Wassernotstand
„Wir werden dazu kommen müssen, mit Wasser anders umzugehen. Es kann nicht die alleinige Lösung sein, dass nur jeder Einzelne seinen Wasserverbrauch senkt. Das ist natürlich sinnvoll. Aber die großen Einsparpotentiale liegen woanders. Vor allem die Unternehmen haben noch keine Anreize, Wasser zu sparen.“ Das erklärte Wirtschaftsjournalist Uwe Ritzer von der Süddeutschen Zeitung im Einführungsvortrag bei einem Studientag zum Thema Wassernotstand am Samstag, 2. März, im Priesterseminar Eichstätt. Rund 70 Menschen aus verschiedenen Fachkreisen und Verbänden nahmen an der Veranstaltung teil.
Ritzer verfasste ein Fachbuch „Zwischen Dürre und Flut – Deutschland vor dem Wassernotstand: Was jetzt passieren muss“, das dem Studientag den Titel gab. Mit ihrem Studientag wollten die Veranstalter – das Referat Schöpfung, Klima- und Umwelschutz der Diözese Eichstätt und das Landesbildungswerk der Katholische Landvolkbewegung (KLB) in Bayern in Kooperation mit dem Diözesanbildungswerk Eichstätt – fachlichen Input geben, Aktive vernetzen und zu Anregungen zum Handeln beitragen.
Ritzer: „Wir steuern auf einen Wassernotstand zu“
Der Hauptreferent Uwe Ritzer stellte sich vor als bekennender Katholik aus Weißenburg, der gleich zum Einstieg die schlechte Nachricht brachte: „Wir steuern so, wie wir augenblicklich handeln, unweigerlich auf einen Wassernotstand zu. Deutschland verliert im Trend in den letzten Jahren massiv an Wasser. Wir sind uns nicht einmal bewusst, wie privilegiert wir in Deutschland sind, dass wir 24/7 den Hahn aufdrehen können und sauberes Wasser haben. Für mehr als die Hälfte der Menschen in der Welt ist das die Ausnahme.“
Die gute Nachricht, aus der die Gesellschaft Fakten machen müsste, laute: „Es wird niemand im nächsten oder übernächsten Hitzesommer verdursten, aber wir müssen heute handeln und zukünftig anders wirtschaften“. Aktuell sei die Dürre durch den nassen Winter überwunden. Aber das könne sich schnell wieder ändern, denn beim Wasser sind die Auswirkungen des Klimawandels hochkompliziert und führen zu sehr unterschiedlichen lokalen Folgewirkungen.
„Es braucht Anreize zum Sparen – raus aus der Gratis-Kultur für die Firmen“
Deutschland verbrauche pro Jahr rund 20 Mrd. Liter Wasser. Die Industrie hole in der Regel ihr Wasser aus eigenen Brunnen und zahle dafür nur sehr geringe Gebühren oder – wie in Bayern – gar nichts. Privathaushalte hingegen müssen für das Wasser zahlen. Problematisch sei dabei nicht der Haushalts-Privat-Verbrauch von 128 Liter. Problematisch sind für Ritzer die Produkte, die unter hohem Wasserverbrauch hergestellt werden, wie Tomaten, T-Shirts, Laptops usw.: „Es braucht Anreize zum Sparen, zum Beispiel einen angemessenen Wasser-Cent auch für Firmen in Bayern. Raus aus der Gratis-Kultur für große Wasserschlucker“.
Das Ahrtal lehre uns deutlich, so Ritzer: „Wir brauchen politische Entscheidungen, die auch in die Umsetzung gehen. Denn bereits nach der vorletzten Katastrophe im Ahrtal gab es Pläne, den Hochwasserschutz zu verbessern. Das Geld wurde dann aber in den Ausbau des Nürburgrings gesteckt“.
Für Ritzer ist deutlich: „Man muss mit Anreizen statt mit Verboten arbeiten. Das Sparen der Einzelnen ist wichtig. Aber nicht den Fehler machen, einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag dem Einzelnen aufdrücken.“
In der abschließenden Diskussion betonte Ritzer nochmals: „Wasser muss öffentlich diskutiert und behandelt werden. Es braucht hier mehr Bürgerbeteiligung.“
Prof. Auerswald: „Wir können etwas tun bei der Landnutzung“
Im zweiten Vortrag befasste sich Prof. Dr. Karl Auerswald von der Technischen Universität München und der Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising, mit dem Thema „Wirkung von Landnutzungsänderungen auf den Wasserhaushalt“. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war zum einen die Formel der Energiebilanz der Erdoberfläche. Bei dieser sei wichtig, dass – wie bei allen Bilanzen – am Ende eine Null stehen muss. Das bedeute, dass jede Veränderung an der einen Variablen eine Veränderung an mindestens einer anderen Variablen nach sich ziehe.
Die Energiebilanz der Oberfläche überschneide sich zum anderen in der Variablen der Verdunstung mit der Formel für die Wasserbilanz im Wasserkreislauf. Daraus ließen sich, was den Einfluss unseres Umgangs mit der Landnutzung, also der Erdoberfläche, angeht, wichtige Schlüsse im Hinblick auf den landnutzungsgetriebenen Klimawandel ziehen. Dieser werde leider kaum in der Debatte erwähnt, obwohl er akut ebenso wichtig sei, wie der CO2-getriebene Klimawandel, und im Gegensatz zu diesem schneller zu korrigieren wäre.
Prof. Auerswald: „Die Eindämmung des CO2-getriebenen Klimawandels können wir nur global angehen, den landnutzungsgetriebenen aber auch lokal. Wir können etwas tun. Der Einfluss der Landnutzung auf das Klima ist akut wesentlich größer als der des CO2-getriebenen Klimawandels.“
Er führte weiter aus: „Mindestens 40% des Niederschlages stammt aus der Landverdunstung. Damit ist der Mensch durch die Nutzung der Landoberfläche maßgeblich daran beteiligt, wie sich die Niederschlagsmengen verändern. Die Gesamtveränderung der Niederschlagsmengen ist gar nicht so gravierend. Aber die einzelnen Niederschlagsmengen und damit die Zeitspannen zwischen den Niederschlagszeiten ändern sich dramatisch.“
„So etwa wie im Ahrtal ist seit 2010 jederzeit in Bayern möglich“
Der Handlungsdruck wächst nach Prof. Auerswald: „So etwas wie im Ahrtal sei nach den Projektionen seit 2010 in Bayern jederzeit möglich. Nur kann man nicht sagen wann und wo. Es regnet seltener und dafür heftiger. Die Hitzewelle 2003 war das Naturereignis mit den meisten Toten in Europa in den letzten 100 Jahren.“
Die Versiegelung als starke Ursache sei nicht nur durch Quantität, sondern auch durch Qualität gestiegen, denn die Straßen waren früher weniger befestigt und weniger breit. Wir hätten mit den Straßen ein „Entwässerungssystem“ geschaffen, das Oberflächenwasser effizient und schnell kanalisiert in die Ortschaften abtransportiert.
Das Fazit für Prof. Auerswald: „Basierend auf einem Zitat von Darwin, dass nicht die stärksten, sondern die am besten angepassten Individuen sich durchsetzen, hoffe ich, dass es der Menschheit und der Politik rechtzeitig gelingt, ihr Verhalten anzupassen.“ Er sehe aber das Problem, dass in Wissenschaft und Politik inzwischen Experten mit viel Detailexpertise den Diskurs bestimmen, aber kaum mehr jemand das gesamte System im Blick habe.
Praktische Erfahrungen und Anregungen in den Workshops
Nachmittags wurden in Workshops weitere Perspektiven zum Thema Wasser vorgestellt. Die nationale bzw. bayerische Wasser-Strategie mit politischen Überlegungen und Planungen stellte Prof. Dr. Ing. Martin Grambow, Leiter Abteilung Wasserwirtschaft und Geologie des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, vor. Wie die kommunale Wasserver- und -entsorgung zukunftsfähig werden kann, diskutierte Dr. Christina Hirschbeck, Fachbereichsleitung Gewässerschutz vom Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt.
Das Projekt „Boden:ständig“ für praxisnahe Lösungsansätze vor Ort stellte Thomas Corbeck von der Bayerischen Verwaltung für ländliche Entwicklung, München, vor.
Zudem gab es unter dem Titel „Wasser in der Landschaft – ein Bewusstseinswandel“ Einblick in die Moore und ihre Bedeutung für den Arten- und Klimaschutz am Beispiel des schwäbischen Donaumooses von Dr. Ulrich Mäck, Träger der Bayerischen Umweltmedaille und langjähriger Geschäftsführer der ARGE Donaumoos aus Leipheim.
Positives Fazit – Veranstalter wollen weiter Dialog suchen und herstellen
Für die Veranstalter zogen Lisa Amon, Nachhaltigkeitsreferentin im Bistum Eichstätt, und Martin Wagner (KLB Bayern) ein positives Fazit der Veranstaltung: „Wir freuen uns, dass unsere Veranstaltung so viele Expertinnen und Experten angesprochen und in Eichstätt zusammengebracht hat. Mit den beiden Hauptreferenten konnten wir offenbar wertvolle Impulse setzen, die dann auch in den hervorragend besetzten Workshops und dem dortigen intensiven Austausch vertieft werden konnten.“
Abschlussandacht mit Wasser-Segen an der Altmühl
In einer abschließenden Andacht mit Wasser-Segen an der Altmühl feierte der designierte neue Landvolkseelsorger für Bayern, Bernd Udo Rochna, mit den Teilnehmenden zum Abschluss noch eine kleine Andacht an der Altmühl. Basierend auf Texten von Wassersegnungen der Donau in Niederalteich stand dabei der Vergleich des Lebens mit einem Flusslauf im Mittelpunkt. Manchmal erscheine einem das eigene Leben von viel zu reißenden Fluten umgeben und manchmal würde man gerne mit Staumauern den aktuellen Stand im Leben festhalten. Ein gelingendes Leben liege vermutlich irgendwo dazwischen, so Rochna.
Quelle: KLB Bayern