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27.04.2023

Wissen weitergeben, Austausch fördern: Sexualpädagogik in Burundi

Angelika Netter im Austausch mit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Burundi

Angelika Netter im Austausch mit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Burundi. Foto: Gerhard Rott

Workshop über Sexualpädagogik in Burundi

Workshop über Sexualpädagogik in Burundi. Foto: Gerhard Rott

Workshop über Sexualpädagogik in Burundi

Workshop über Sexualpädagogik in Burundi. Foto: Gerhard Rott

Eichstätt. (pde) - Angelika Netter, Referentin im Bistum Eichstätt, und Gerhard Rott, Leiter des Referats Weltkirche, waren in der Eichstätter Partnerdiözese Burundi unterwegs. Im Mittelpunkt stand dabei Netters Arbeit in werteorientierten sexualpädagogischen Projekten – aber auch viele andere Projekte wurden besucht.

Frau Netter, das Ziel war es, Ihr Wissen an das Lehrpersonal in Burundi weiterzugeben, oder?

Angelika Netter: Ja, genau. Ich wollte einfach unseren Kolleginnen und Kollegen in Burundi unser Material, unsere Methoden und Inhalte vorstellen – also ihnen zeigen, wie wir in Deutschland Sexualerziehung in der Schule machen. Unsere Idee war es, gegenseitig voneinander lernen zu können.

Sind Sie dann auch miteinander ins Gespräch darüber gekommen, wie die Sexualerziehung vor Ort aussieht und aussehen könnte? Unterscheidet sich das von der Situation in Deutschland?

Angelika Netter: Ich habe zwei Tage unsere Inhalte weitergegeben. Und dann war natürlich die Frage: Ist das auch was für euch, könnt ihr euch das vorstellen? Müsste das irgendwie geändert, adaptiert werden? Da war eigentlich relativ schnell klar, dass wir zwar aus anderen Kulturen kommen, aber die gleichen Themen haben. Und genau der Wunsch ist sofort geäußert worden, dass sie gerne auch unser Angebot in Burundi hätten. Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie das gehen könnte – und da war dann die Idee, dass ich im Oktober nochmal komme und sie dann in dem Themenbereich weiterbilde.

Wen genau haben Sie dort angesprochen?

Angelika Netter: Die Zielgruppe waren Multiplikatorinnen und Multiplikatoren – hauptsächlich Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schullleiter und Schwester Paulina vom Familienzentrum – also vor allem Menschen, die pädagogisch arbeiten.

Hatten Sie denn beim Thema Sexualerziehung mit Berührungsängsten umzugehen?

Angelika Netter: Am Anfang war da ziemliche Zurückhaltung, das stimmt. Aber nur so lange, bis die Teilnehmenden gemerkt haben, dass wir die gleichen Themen haben. Am Schluss habe ich die Rückmeldung bekommen, dass sie gemerkt haben, dass da ganz viel Wissen und Kompetenz da ist und dass sie dem Wissen profitieren können und ich gerne dieses Wissen mit ihnen teile, das war schön.

Haben Sie gemerkt, dass es in dem Bereich unterschiedliche Vorstellungen gibt?

Angelika Netter: Ja, auf jeden Fall. Es ist mir klar geworden, dass es große Unterschiede auch im Wissen gibt. Dass man manche Dinge, die wir so selbstverständlich voraussetzen, gar nicht voraussetzen kann. Aber es war eine große Bereitschaft da und eine große Neugierde.

Was waren denn wichtige Inhalte für Sie?

Angelika Netter: Ein großes Thema war Veränderung in der Pubertät. Dann natürlich weibliche und männliche Geschlechtsorgane. Warum hat ein Junge diese Organe? Warum ein Mädchen, ein Mann, eine Frau? Und wichtig ist natürlich auch: Wie entsteht ein neues Leben, ein Kind? Das ist ja auch unser Ziel, dass Kinder und Jugendliche sich Wissen in diesem Bereich aneignen. Und dann natürlich alle Themen rund um die Menstruation, Hygiene und alles was dazu gehört.

Wie ist es denn zu der Zusammenarbeit in dem Bereich überhaupt gekommen?

Gerhard Rott: Das grundlegende Problem in Burundi ist ja die Bevölkerungsexplosion. Es ist mittlerweile Gott sei Dank bei der staatlichen Regierung angekommen, dass alle Kräfte zusammen etwas unternehmen müssen, um das Bevölkerungswachstum irgendwie in den Griff zu bekommen. Und so kam es dazu, dass wir das Wissen, dass es bei uns gibt, einfach mal zur Verfügung stellen und in die Diskussion einbringen wollten. Es ist ja so: Wenn Sexualthemen wie bisher oft erst bei der Ehevorbereitung besprochen werden, ist es zu spät. Da haben die Menschen dort vielfach schon zwei, drei Kinder. Wir müssen früher ansetzen, in der Pubertät.

Gab es noch andere Projekte, die Sie besucht haben?

Gerhard Rott: Ja, zum einen war ich natürlich in unserem Leuchtturmprojekt in Bugendana. Ich habe mir dort vor allem die Photovoltaikanlage angeschaut. Das war ein großes Thema auch für uns, dass wir versuchen, das ganze Projekt, so wie es jetzt da steht, mit regenerativen Energien zu betreiben – also auch in der noch ausstehenden Planungsstufe des Berufsbildungszentrums. Und dann habe ich mir noch viele weitere Projekte angeschaut. Darunter waren auch einige, die auch von anderen Geldgebern mitfinanziert werden – einfach um zu sehen, was im Kontext der Diözese alles passiert, damit die europäischen Geldgeber sich da auch besser absprechen und abstimmen können. Insgesamt kann ich sagen, dass der neue Erzbischof dort großen Wert darauf legt, dass es eine qualifizierte und ordentliche Berichterstattung an die europäischen Geldgeber gibt.

Was haben Sie denn für Erfahrungen aus Burundi mitgenommen?

Angelika Netter: Die Armut hat mich sehr berührt. Und die unglaubliche Anzahl an Menschen, vor allem an jungen Menschen. Wir haben ja mit einigen Lehrerinnen und Lehrern gesprochen: Viele Kinder verlassen die Schule einfach nach der fünften oder sechsten Klasse, weil sie Zuhause mitarbeiten müssen oder ihr Geld auf andere Art und Weise verdienen. Das finde ich sehr schade für diese jungen Menschen. Was mich außerdem sehr begeistert hat: Ich war an einer Schule für Gehörlose und für Blinde, und die Schulleitung ist mit so einem Herzblut und Leidenschaft und Wertschätzung bei der Arbeit mit den Kindern. Das hat mich unglaublich berührt.

Vielen Dank für das Gespräch!