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14.09.2023

Überwältigende Gastfreundlichkeit und Lebensmut - Gegenbesuch Eichstätter Sängerinnen und Sänger in Kenia

Reisegruppe im Slum

Bei Besuchen im Slum Mathare lernte die Reisegruppe auch die Gastfreundschaft der Einheimischen kennen. Foto: Daum

Eichstätt/Nairobi. – Die Begegnung mit dem St. Benedict’s Choir aus der kenianischen Hauptstadt Nairobi im Oktober 2022 in Eichstätt hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. So nachhaltig, dass sich eine zehnköpfige Reisegruppe rund um die Eichstätter Domkantorin und Leiterin des Chores "Chorisma", Deborah Hödtke, zu einer zweiwöchigen Reise nach Kenia aufgemacht hat, um den damaligen Gästen einen Gegenbesuch abzustatten.

Jedes Jahr im Oktober werden zur Kampagne des Monats der Weltmission vom päpstlichen Missionswerk missio einige Gäste nach Deutschland eingeladen, die vom kirchlichen Leben in Bistümern Afrikas und Asiens berichten sollen. Im Oktober kam deshalb auf Einladung von missio und dem Bistum Eichstätt eine kleine Abordnung von Sängerinnen und Sängern aus der Pfarrei St. Benedikt in Nairobi nach Eichstätt. Der Kirchenchor wurde 1984, also vor fast 40 Jahren, gegründet und hat sich inzwischen in ganz Ostafrika einen Namen gemacht. Seine Mitglieder vereint nicht nur die gemeinsame Liebe zur Musik. Sie überwinden auch gesellschaftliche Grenzen zwischen  Arm und Reich, Jung und Alt. „Bei uns singen Doktoren und Ingenieure, genauso wie alleinerziehende Mütter und einfache Arbeiter“, sagt der Leiter des Chores, Akwa Odhiambo John. Gleich gegenüber der Pfarrkirche beginnt das Mathare Valley - eines der größten Slumgebiete von Nairobi. Manche Chorsängerinnen und -sänger sind dort aufgewachsen, und auch wenn sie heute nicht mehr dort leben, halten sie ihrem Chor die Treue. Andere wohnen weiterhin in Mathare, oder sie arbeiten zum Beispiel in den Sozialprojekten der Pfarrei, die sich dort unter anderem um Kindergarten- und Schulkinder sowie um junge Menschen mit Behinderung kümmert.

Impressionen aus Kenia

In dieses Spannungsfeld der kenianischen Hauptstadt reiste nun die Gruppe aus Eichstätt, um die im Herbst 2022 geknüpften freundschaftlichen Kontakte zu pflegen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichten von Einblicken in eine faszinierende Kultur und Lebenseinstellung. „Karibu Kenya“ - „Willkommen in Kenia“ sind zwei Worte in der Landessprache Kiswaheli, die für die Mitreisenden lebendig wurden. Denn Gastfreundschaft wird in Kenia großgeschrieben. Aber auch für die Spontaneität und die Leichtigkeit in der Lösung von Problemen gibt es ein geflügeltes Wort in Kenia: "Hakuna Matata" - "Kein Problem". Der unter anderem von der Popgruppe Boney M. in Deutschland vertonte Satz "Jambo Bwana - Hakuna Matata" wurde zum Ohrwurm jeder und jedes Kenia-Reisenden.

So war es für keinen der Beteiligten ein Problem, dass die Eichstätter Sängerinnen und Sänger nach 16 Stunden Anreise gegen 5.30 Uhr am Morgen ankamen und bereits um 11 Uhr die Sonntagsmesse in der Pfarrkirche zusammen mit dem kenianischen Chor gestalteten. Die Probezeit von 20 Minuten war trotz Schlafmangel und Erschöpfung "ausreichend", die kenianischen Chormitglieder meinten: Hakuna Matata eben - alles kein Problem.

In den folgenden Tagen in Nairobi standen zwar auch einige etwas touristischer angehauchte Punkte auf dem Programm, jedoch bot die Reise auch einen ungeschönten Einblick in die Lebensweise, Kultur und Mentalität der dort lebenden Menschen. Etwa beim Besuch des Slums Mathare. Natürlich erregten die "Musungus", wie Männer und Frauen mit weißer Hautfarbe bezeichnet werden, Aufmerksamkeit. Kinder bildeten Trauben um die Gäste, aber es ergeben sich auch kurze Begegnungen, die meist mit einem fröhlichen "Jambo" (Hallo) beginnen und mindestens die Frage nach der Befindlichkeit ("habari gani") folgen lassen.

Im weiteren Verlauf wurden die Eichstätter Gäste dann bei fünf verschiedenen Chormitgliedern nacheinander zu Tee, Kaffee, heißer Milch und auch kleinen süßen Mehlbällchen namens "Mandazi" eingeladen. Bei den Gastgebenden überwog die Freude, wenn man der ausgesprochenen Einladung auch folgte – das Wenige, das zur Verfügung steht, wurde gern geteilt.

Die Gruppe besuchte im Slum Mathare außerdem das "Roots Institute Centre", eine Schule, die von der Lehrerin und jetzigen Schulleiterin Mary Asikai Bakira im Jahr 2014 zunächst mit einer Handvoll Kinder ins Leben gerufen wurde. Zwischenzeitlich betreuen die ehrenamtlich dort tätigen Lehrerinnen und Lehrer 351 Kinder ab drei Jahren in verschiedenen Klassen. Denn Bildung ist ein wichtiger Baustein um Zukunftsperspektiven entwickeln zu können. Noch dazu erhalten die Kinder hier regelmäßige Mahlzeiten, welche sich allerdings überwiegend auf den etwas gesüßten und sättigenden Porridge (Haferbrei) konzentrieren. Die Klassenräume und Büros sind überwiegend Konstruktionen aus Holz und Blechverkleidungen. Wichtige Arbeitsmittel sind vor allem Bücher. An den Wänden finden sich große Papiere oder auch ehemalige (Plastik-)Säcke, auf welchen zum Beispiel das ABC oder Einmaleins dargestellt ist. Die Reisegruppe ist hier mit Elend und bittere Armut konfrontiert, bewundert aber andererseits auch mit welchem Eifer die Schülerinnen und Schüler bemüht sind, unter diesen Umständen ein wenig Regelmäßigkeit und Wissen in ihren Alltag und ihr Leben zu bringen. Anfang dieses Jahres hatte die Maria-Ward-Realschule Eichstätt einen Teil ihrer Einnahmen des Adventsmarkts an das Roots Institute Centre gespendet. Die Spenden wurden für Mietzahlungen der Räume und für das Ernährungsprogramm verwendet, wie die Schulleiterin in einem halbstündigen Gespräch über die Entstehung und Führung der Schule erzählte.

Als weiteres soziales Projekt besuchte die Gruppe ein Kinderheim in Limuru, welches unter dem Programm „The Nest“ geführt wird. Obdachlose Kinder, deren Mütter in Haft sind, finden hier vorübergehend ein Zuhause. Neben dem Erfüllen ihrer Grundbedürfnisse, wie Ernährung, Kleidung und medizinischer Versorgung, wird durch liebevolle Zuwendung versucht, diesen Kindern über die Trennung von ihren Müttern hinwegzuhelfen.

Glaube und Kirche spielen in Kenia eine wichtige Rolle. Der Kirchenchor und die Pfarrei dienen nicht nur als Treffpunkt für Wochenenden und Feierabende, sondern als Ort des sozialen Lebens und zumindest zeitweiser Ausweg aus der Armut. Auch wenn die Mittel sich größtenteils auf ehrenamtliche Arbeit beschränken, pflegt der St. Benedict‘s Choir mit kräftigen Stimmen ein riesiges Repertoire. In gemeinsamen Proben durften die Eichstätter Gäste die kenianischen Gesänge, Rhythmen und Tänze besser kennenlernen. Aber auch der kenianische Chor ließ sich mit viel Freude und Energie auf die deutschen Kanons und Volkstänze ein.