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04.02.2010

MISEREOR: Bevölkerung muss besser informiert werden - Krisenkommunikation in Haiti nicht ausreichend

(Aachen, 01.02.2010). Fast drei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben kritisiert das katholische Hilfswerk MISEREOR die Informationslage für die betroffene Bevölkerung. Obwohl die Menschen vor Ort in den ersten Tagen und Stunden die Bergung Verschütteter und die Nothilfe selbstständig organisiert und durchgeführt hätten, würden jetzt Entscheidungen über weitere Katastrophen- und Wiederaufbauhilfe über ihren Kopf hinweg entschieden, so die Kommission Justice et Paix, MISEREOR-Partner in Haiti.

In einem offenen Brief an den Premierminister Jean Max Bellerive und den Präsidenten des Landes, René Garcia Préval bittet die Kommission eindringlich, den Kontakt mit der Bevölkerung wieder aufzunehmen und ihre Absprachen nicht allein mit der internationalen Gemeinschaft zu führen. "Die Menschen kommen mit ausländischen Nahrungsmittellieferungen in Kontakt, die sie nicht kennen. Wer erklärt ihnen in ihrer Sprache, wie sie mit den Nothilfekits richtig umgehen, welche Nährwerte in den Lebensmitteln sind und in welchen Mengen sie gegessen werden dürfen?", so die Kommission. Darüber hinaus würden jetzt schon Überlegungen angestellt, die Menschen aus der Hauptstadt Port-au-Prince in die umliegenden Gebiete umzusiedeln, um einen Wiederaufbau der Stadt zu organisieren. Doch all dies geschehe ohne die geringste Beteiligung der Bürger. "Wer informiert die Menschen über den Sinn dieser Maßnahmen, über die Regelungen und Begleitumstände und über die Garantien zur Rückkehr?", schreibt die Kommission weiter. Diese Unsicherheiten um ihre Zukunft  belaste die Menschen extrem und erwecke den Eindruck, dass sie nicht Akteure beim Wiederaufbau, sondern passive  Hilfeempfänger seien.

MISEREOR fordert die haitianische Regierung und die internationale Gemeinschaft vor Ort auf, eine bessere Kommunikation mit der Bevölkerung herzustellen, die Menschen in alle Planungen miteinzubeziehen und ihre Maßnahmen nach den Bedürfnissen der Menschen zu ergreifen. "Die Menschen vor Ort können ihre Zukunft in ihre eigenen Hände nehmen. Die Selbsthilfepotenziale der Menschen in Haiti müssen hinreichend wahrgenommen werden, kulturelle Vertrautheit, Sprach- und Ortskenntnisse genutzt werden", so MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. Andernfalls würden Desinformation und Nichtbeteiligung die Unsicherheit und den Unmut der Bevölkerung fördern.

Haitianer müssen Akteure ihrer Zukunft sein!“

Adveniat-Geschäftsführer Bernd Klaschka fordert führende Rolle der Haitianer beim Wiederaufbau ihres Landes

Essen.  Die Haitianer selbst müssen die führende Rolle beim Wiederaufbau ihres Landes spielen. Dies fordert Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka. Er habe den Eindruck, dass derzeit kaum ein Haitianer zu Wort komme, wenn es um den Wiederaufbau des Landes gehe. „Die Haitianer, die ja die Akteure ihrer Zukunft sein müssen, werden in eine Randposition gedrängt.“ Dies spiegele sich auch in der Berichterstattung über die Katastrophe: „In den großen Fernsehsendungen sitzen die Haitianer am Katzentisch, spielen also nur eine Nebenrolle“, sagte Bernd Klaschka.

Er habe den Eindruck, dass es derzeit in der Berichterstattung zwei Pole gebe: Die armen haitianischen Opfer und die guten Helfer aus den USA und Europa. „Wir bei Adveniat erfahren jedoch aus zahlreichen Mails, die uns von unseren Projektpartnern im ganzen Land erreichen, dass die Haitianer selbst längst zu Helfern geworden sind“, sagte Klaschka. Zahlreiche Pfarreien in den ländlichen Regionen hätten Flüchtlinge aufgenommen und versuchten sie mit dem Notwendigsten zu versorgen. Pfarrer und Ordensleute seien in die Hauptstadt gefahren, um Menschen aus dem Chaos der Not herauszuholen; sie böten ihnen jetzt Hilfe und Obdach an.

Adveniat hat 1,5 Millionen Euro Sondermittel für den dringend notwendigen Wiederaufbau in Haiti bereitgestellt. Die Mittel werden in einem Sonderfonds für Projekte des Hilfswerks bereitgestellt. Im letzten Jahr unterstützte Adveniat 123 Projekte  kirchlicher Partner in Haiti mit mehr als 1,8 Millionen Euro. Der bisherige Umfang der Projektförderung für Haiti bleibt bestehen; der Sonderfonds wird zusätzlich eingerichtet, so dass Adveniat in diesem Jahr mit rund drei Millionen Euro in Haiti helfen kann.