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08.07.2022

„Man muss heute leben“: Ukrainerin hilft Landsleuten in Eichstätt

Dorey Mamou und Dina Umin.

Caritas-Flüchtlings- und Integrationsberater Dorey Mamou hofft die Ukrainerin Dina Umin bald als hauptamtliche Kollegin begrüßen zu können. Foto: Peter Esser/Caritas

Eichstätt – Eine hauptamtliche ukrainische Mitarbeiterin bekommt die Flüchtlings- und Integrationsberatung (FIB) der Caritas-Kreisstelle Eichstätt. Die Mitarbeitenden der Beratungsstelle hoffen jedenfalls, dass Dina Umin in Kürze dort einen Minijob starten kann. Seit einigen Monaten hilft die Ukrainerin bereits ehrenamtlich mit Übersetzungen: beim Ausfüllen von Formularen ebenso wie bei den Beratungsgesprächen. Derzeit läuft ein Antrag, ihre Mitarbeit als hauptamtliche Beschäftigte aus Spenden des Benefizkonzertes des bayerischen Polizeiorchesters zu finanzieren.

Dina Umin, die in Kiew als Bankkauffrau gearbeitet hatte, flüchtete Anfang März, wenige Tage nach Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine, nach Eichstätt. Hier kam sie zunächst bei Verwandten unter. Dank der Unterstützung der FIB fand sie schnell ein Zimmer in einem Studentenwohnheim und Zugang zu einem Sprachkurs an der Katholischen Universität in Eichstätt-Ingolstadt. Neben ihrer freiwilligen Arbeit bei der Caritas ist sie als Lehrkraft in einer Willkommensklasse für rund 20 ukrainische Flüchtlinge am Christoph-Schreiner-Gymnasium in Ingolstadt in Teilzeit angestellt.

„Ich fühle mich in Eichstätt wohl und habe hier neue Leute kennengelernt“, sagt die alleinstehende Ukrainerin. Täglich steht sie telefonisch mit ihren Eltern und ihrer Oma in Kontakt und hofft, „dass ihnen nichts Schlimmes passiert“. Grundsätzlich möchte sie so schnell wie möglich in ihr Heimatland zurückkehren. Wenn der Krieg länger andauert, kann sie sich aber auch vorstellen, hier in ihrem Beruf Bankkauffrau zu arbeiten. Ihre Ausbildung ist in Deutschland inzwischen anerkannt. Im Moment bevorzugt sie es, „so gut es geht für meine Landsleute da zu sein“. In der Ungewissheit, was die Zukunft bringt, hält sie sich an das Motto, an das sich ihren Worten zufolge viele ihrer Landsleute derzeit halten: „Man muss heute leben.“

Damit sich ukrainische Flüchtlinge in Eichstätt gegenseitig helfen können, hat Dina Umin auf dem Kurznachrichtendienst Telegram eine Chatgruppe ins Leben gerufen. Dort können sich Leute in ukrainischer Sprache zum Beispiel darüber austauschen, wo es Möbel gibt oder welche Behörden wo zu finden sind. Die Gruppe heißt „Eichstaett_UA“.

Den ersten Mitarbeitenden der Caritas, den Dina Umin in Eichstätt kennenlernte, war der aus Syrien stammende Dorey Mamou – auch wenn sie von ihm dann nicht selbst beraten wurde. Mamou arbeitet zum Wohl geflüchteter Menschen in Altmannstein, Kipfenberg und Schernfeld. In diesen Orten hat er mittlerweile auch bereits „zu 50 bis 60 Menschen aus der Ukraine persönlichen, telefonischen oder Mail-Kontakt gehabt“. Die ersten Fragen, mit denen er sowie seine Kolleginnen und Kollegen der Caritas konfrontiert werden, lauten zum Beispiel: „Wann bekomme ich einen Aufenthaltstitel?“, „Wo ist der Kindergarten?“. Studierende fragen zum Beispiel: „Wie kriege ich einen Studienplatz?“ oder „Wo bekomme ich Kleidung?“ Bei letzterer Frage verweist Mamou die Geflüchteten auf die Kleiderkammer der Caritas-Kreisstelle. „Dort habe auch ich sowohl für mich selbst als auch für andere schon Kleidung bekommen“, berichtet Dina Umin.

Dorey Mamou freut sich, „dass die Hilfe für die ukrainischen Flüchtlinge allgemein sehr gut läuft“. Er kritisiert lediglich, „dass die Fiktionsbescheinigung, der vorläufige Aufenthaltstitel, oft erst nach sechs bis acht Wochen von der Ausländerbehörde ausgestellt ist. Das könnte noch etwas schneller gehen, denn in der Zwischenzeit können die Geflüchteten noch nichts machen, zum Beispiel noch keinen Sprachkurs beginnen.“ Der Caritasberater bedauert auch, „dass in Kipfenberg mehrere Kinder ukrainischer sowie anderer Flüchtlinge keinen Kindergartenplatz bekommen haben“.

Anderen Geflüchteten genauso helfen

Mamou zufolge hat inzwischen einer der von ihm betreuten ukrainischen „Klienten“ einen Arbeitsplatz in Deutschland bekommen. Ein Großteil sei gut ausgebildet, aber es gebe auch einen Anteil, der nicht in die Schule in der Ukraine gegangen ist. „Diese Menschen brauchen vor allem Unterstützung, während die gut ausgebildeten oft schnell selbst zurechtkommen.“. Der Caritasberater bittet die zuständigen Behörden aber darum, „Abschlüsse aus dem Heimatland schnell und großzügig zu prüfen, damit sie hier schnell arbeiten können“. Sein größter Wunsch ist jedoch, „dass die Hilfe für andere geflüchtete Menschen genauso gut läuft wie die für die Ukrainer“. Er verweist darauf, „dass wir Klienten haben, die schon seit 2013 hier sind, aber immer noch keinen Aufenthaltstitel haben“. Auch Arbeitsgenehmigungen müssten schneller erteilt werden, fordert Mamou. Dies dauere oft mehrere Monate, „und danach ist dann der gewünschte Arbeitsplatz oft schon weg“.