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Exerzitienreferat

"Adventlich leben" - Impulse zur Adventszeit

Teil 3: Josef - Dem Leben dienen

aus: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, Nr. 50, 14. Dezember 2008

„Der Mann am Rande, im Schatten“ nannte der Jesuit Alfred Delp den heiligen Josef. Von Josef ist kein einziges Wort in der Bibel überliefert. Wie sein Leben ausgegangen ist, wissen wir nicht. Nach der Geburt Jesu (vgl. Mt 1,18-25) und der Wallfahrt zum Tempel (vgl. Lk 2,41-52) tritt Josef schweigend ab. Er wird in den Evangelien nicht mehr erwähnt. Und trotzdem ist Josef ein Paradebeispiel dafür, dass man als „Mann am Rande“, vom Schatten aus, eine ganze Menge bewegen kann. Auf einige Möglichkeiten möchte ich Sie aufmerksam machen.

  • In einem Stuhlkreis hätte Josef sich vermutlich nicht besonders wohl gefühlt. Große Worte waren seine Sache nicht. Er sprach nicht über seine Gefühle. Aber wenn es darum ging zu handeln, dann war Josef stark. Dann setzte er alles in Bewegung. Wenn es sein muss, geht er auch bis nach Ägypten (vgl. Mt 2,13-18). Das praktische Tun kann also richtiger Gottes-Dienst sein. Das dürfen Sie sich bewusst machen, wenn Sie in dieser Woche irgendwo mit anpacken oder sich zur Verfügung stellen. Wenn Sie sich einsetzen für eine gute Sache oder still und leise einem Menschen beistehen – vielleicht schon seit ganz langer Zeit. Gott lässt sich in der Stille und im Gebet finden. Aber auch im alltäglichen Tun.
  • Was veranlasst Josef eigentlich, sich auf Gott zu verlassen? Was macht ihn so sicher, seine Träume zu beachten? Ich stelle mir vor: Josef muss in seinem Leben etwas von Gott erfahren haben. Sonst hätte er die Träume als Hirngespinste abgetan. So aber konnte er diesem Gott trauen. Nach allem, was er mit ihm erlebt hatte, war Gott für ihn glaubwürdig. Wenn Sie bei sich die Sehnsucht wahrnehmen, Gott mehr trauen zu können, dann blicken Sie doch einmal auf Ihr Leben. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Was war mehr als nur ein Zufall? Wo gab es Ereignisse oder Menschen, die Sie sagen lassen: Das war nicht ich allein, vielleicht hat Gott da seine Hand im Spiel gehabt? Möglicherweise dürfen Sie bei solch einem Lebensblick vor einer brennenden Adventskerze ahnen: Gott war eigentlich immer dabei. Diese Erfahrungen können Sie bestärken, auch heute und morgen mit diesem Gott zu rechnen.
  • Auch wenn es anders kommt als gedacht – Josef ist keiner, der schnell davon läuft. Er stellt sich dem Leben mit seinen Herausforderungen und ungeplanten Überraschungen. Seiner Maria bleibt er treu, er läuft nicht weg. Aber er weiß auch, wann es besser ist zu gehen. Als die Gefahr übermächtig wird, geht er mit seiner Familie der Bedrohung aus dem Weg. Auf den ersten Blick mag das unmännlich sein. Und trotzdem ist Josef hier ganz groß. Er kann unterscheiden: Was dient mehr dem Leben? Diese Gabe der Unterscheidung war für das neugeborene Jesuskind lebensrettend. Vielleicht macht Ihnen das Mut, auch Ihr Leben einmal aus dieser Perspektive zu betrachten: Was verhilft Ihnen zu mehr Leben? Wo ist es angesagt zu bleiben oder gar auszuharren? Und wo leben Sie mehr, wenn Sie nicht dabei sind oder einen anderen Weg einschlagen? Der bedächtige Josef könnte ein guter Zuhörer sein…

Josef mag ein „Mann im Schatten“ gewesen sein. Aber er trug dazu bei, dass Licht in diese Welt gekommen ist. Manchmal geht das still und leise wie bei Josef und dient doch ganz dem Leben. Gute adventliche Entdeckungen wünscht

Ihr Michael Kleinert, Pfarrer im Exerzitienreferat

Impulse zur Adventszeit