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Exerzitienreferat

Impulse zur Osterzeit: "Österlich leben"

Teil 7: Mit neuen Augen sehen

aus: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, Nr. 20, 19. Mai 2007, Seite 13.

Ein leerer Bilderrahmen? Vielleicht fragen Sie sich: Was hat ein leerer Bilderrahmen mit Ostern zu tun? Warum ist zum Abschluss dieser Serie ausgerechnet ein Bilderrahmen fotografiert? Sechs Wochen lang konnten Sie an dieser Stelle einen Vorschlag lesen, der ein Stück mehr zu einem österlichen Leben einladen wollte. Autobahnschilder, Würfel, ein Straßenname, ein Brief, ein Ortsschild und ein Terminkalender waren abgebildet. Die Fotos zeigten Gegenstände, die so oder so ähnlich im Alltag vorkommen können. Gemeinsam war diesen Abbildungen die Einladung, hinter die Dinge zu blicken. Wer wollte, konnte sich fragen: Was bedeutet dieser Gegenstand für mich? Worauf macht er mich aufmerksam? Was sagt er mir für mich, für mein Leben, für meinen Glauben? Vielleicht durften Sie dabei die Erfahrung machen: Bisweilen sagen die Dinge mehr. Manchmal entdecke ich mehr, als vordergründig zu sehen ist. Das kann dann eine echte Ostererfahrung sein. So ging es auch den beiden Jüngern in Emmaus. In dem Mann, der da mit ihnen an einem Tisch saß und das Brot brach, erkannten sie plötzlich den auferstandenen Jesus. Für den Evangelisten Lukas ist das eine ganz neue Weise des Sehens gewesen. Er schreibt: „Da gingen ihnen die Augen auf“ (Lk 24,31).

Die Abbildungen der vergangenen Wochen waren konkrete Vorschläge, was Sie neu sehen könnten. In dieser Woche geht es darum, dass Sie für sich selbst auf die Suche gehen. Sie könnten versuchen, mit österlichen Augen wahrzunehmen. Die vertrauten, alltäglichen Dinge noch einmal anders anzuschauen. Wo gehen Ihnen die Augen auf? Wo entdecken Sie plötzlich mehr? Wo spüren Sie die Einladung zu einem bewussteren Leben?

Der Bilderrahmen ist nur ein Platzhalter für Ihr ganz persönliches Symbol. Noch ist seine Mitte leer. Sie können sich fragen: Was möchte ich mir „einrahmen“, weil ich es plötzlich mit neuen Augen sehe? Möglichkeiten gibt es viele. Es könnte zum Beispiel sein, dass Sie bei einem Spaziergang auf einmal die Blüten und das Grün wahrnehmen. Beim Betrachten wird Ihnen bewusst: Wo zuvor alles kahl und dürr war, entsteht neues Leben. Und vielleicht nehmen Sie sich dann einen blühenden Zweig mit nach Hause, der Sie daran erinnert. Oder Sie stehen an der Fußgängerampel, sehen das grüne Licht und ahnen: Ich muss nicht stehen bleiben. Mein Leben darf neu in Bewegung kommen. Es könnte aber beispielsweise auch die Tankstelle sein, an der Sie begreifen, dass nicht nur Ihr Auto einen Ort benötigt, um immer wieder aufzutanken. Unter Umständen beflügelt Sie dieser Gedanke ja so sehr, dass Sie nach einer passenden Möglichkeit Ausschau halten.

Die drei Szenen sind nur Beispiele. Sie wollen Sie anregen, mit neuen Augen auf Ihren Alltag zu blicken. Noch ist der Bilderrahmen leer. Aber das muss nicht so bleiben. Die Apostel durften damals erleben, dass der Auferstandene ihr Leben teilte. Er war da. Auf ganz überraschende Weise. Deshalb dürfen auch Sie mit dem Auferstandenen immer da rechnen, wo Ihnen die Augen aufgehen. Wer österlich lebt, sieht mehr vom Leben. Viele österliche Augen-Blicke wünscht

Ihr Michael Kleinert, Pfarrer im Exerzitienreferat

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