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11.03.2023

Blog: "Quo vadis, Kirche?": Dritter und letzter Tag der fünften Synodalversammlung

Dritter Tag der fünften Synodalversammlung in Frankfurt. Foto: Max von Lachner/Synodaler Weg

Dritter Tag der fünften Synodalversammlung in Frankfurt. Foto: Max von Lachner/Synodaler Weg

Am dritten und letzten Tag der Synodalversammlung geht es unter anderem um die Handlungstexte "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" sowie "Frauen in sakramentalen Ämtern - Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch". Außerdem steht die Wahl des Synodalen Ausschusses auf der Tagesordnung sowie die zweite Lesung des Präambeltextes "Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland". Der Handlungstext zum Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt wurde mit 95 Prozent der Stimmen von den Synodalen angenommen.

Anschließend wählten die Mitglieder der Synodalversammlung aus 62 Kandidatinnen und Kandidaten einen Synodaler Ausschuss. Dieser besteht aus 20 Mitgliedern und soll die EInrichtung eines Synodalen Rates für die katholische Kirche in Deutschland vorbereiten. Der Synodale Rat soll seine Arbeit gemeinsam mit den Deutschen Bischöfen und Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz sowie 27 Vertreterinnen und Vertretern des  Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) aufnehmen. Ziel der Synodalversammlung ist es, mit dem Synodalen Rat ein dauerhaftes  Gremium zu etablieren, das bistumsübergreifend gemeinsam berät und Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung trifft, etwa zur pastoralen Planung, zu Zukunftsfragen oder Haushaltsangelegenheit der Kirche. Allerdings gab es zur Einrichtung eines Synodalen Rates bereits ein Veto aus dem Vatikan. Weitere Informationen unter www.katholisch.de: Synodaler Rat und Synodaler Ausschuss: Was mit den Gremien gemeint ist.

Dem Handlungstext "Frauen in sakramentalen Ämtern - Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch", in dem es unter anderem auch um den Diakonat für Frauen geht, hat die Synodalversammlung mit fast 94 Prozent zugestimmt. Die nötige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe wurde mit rund 80 Prozent erreicht. Dazwischen gabe es noch Grußworte internationaler Gäste.

Mit einem feierlichen Gottesdienst im Kaiserdom St. Bartholomäus in Frankfurt ist die fünfte Synodalversammlung des Synodalen Weges zu Ende gegangen. Nach langem Ringen mit zahlreichen Diskussionen und Änderungsanträgen wurden alle von den Laienvertretern und Bischöfen erarbeiteten Texte mit großer Mehrheit verabschiedet. Lediglich der Text "Gemeinsam beraten und entscheiden" wurde zur weiteren Bearbeitung in den neu gewählten Synodalen Ausschuss weiter gegeben.

Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner knüpfte beim Gottesdienst in seiner Ansprache an das Gleichnis des verlorenen Sohnes an: Das Gleichnis für die bedingungslose Barmherzigkeit gehöre für ihn zu den zentralen Texten der frohen Botschaft, die ihn motivieren, sich für den Glauben an diesen Gott der Liebe in der Kirche zu engagieren. Aber gleichzeitig sei all das, was er in den letzten drei Jahren gelernt und erfahren habe über sexuellen und geistlichen Missbrauch durch Kleriker in dieser Kirche und seiner Vertuschung der Grund dafür, dass er selbst diese wunderschöne Erzählung nicht mehr uneingeschränkt genießen könne.

"Mir geht es damit so, wie es in einem russischen Sprichwort heißt: "Dass ein Löffelchen Teer ein ganzes Fass Honig verdirbt", sagte Gärtner. Er sei sich sicher, dass auch dieser biblische Text eine Folie sei, vor deren Hintergrund Bischöfe gemeint hätten, sogar Priestern, die schmlimmste Verbrechen begangen haben, gegenüber so barmherzig sein zu müssen, wie der Vater in diesem Gleichnis.

Was dabei übersehen werde, sei, dass der verlorene Sohn mit seiner Gier und Verschwendungssucht niemand anderem schade, als sich selbst. "Texte, wie die heutige Lesung und das Evangelium, die uns so eindeutig Gottes Erbarmen zusagen, bergen in sich die Gefahr, dass wir uns als Institution Kirche und als Einzelne, die in und für diese Institution tätig sind, vorschnell und leichtfertig exculpieren von der institutionellen Schuld und der strukturellen Sündhaftigkeit, in die wir mitverstrickt sind und dabei das Leid der Geschädigten ausblenden und ignorieren", verdeutlichte Gärtner.

Bischof Gregor Maria Hanke und Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner berichten in unserem Blog von ihren Highlights der Synodalversammlung und was sie bewegt hat.

 

Bischof Gregor Maria Hanke: Gedanken zum dritten Tag der fünften Synodalversammlung

Mein Highlight des Tages

"Gestern ging ich nach Ende des Sitzungstages am Abend frustriert aus der Sitzungsaula. Abweichler von der Mehrheitsmeinung wurden wieder einmal verbal geohrfeigt. Offensichtlich glauben einige Kritiker, mich besser interpretieren zu können, als ich mich selbst. Warum geben sie sonst Statements ab, wonach ich und einige andere offensichtlich keinen Wandel und keine Erneuerung der Kirche wollen? Ein seltsames Verständnis von Synodalität, denn keine dieser Stimmen hat je mit mir gesprochen und erfahren wollen, wo ich stehe und wofür ich stehe.

Was tun in dieser Atmosphäre? Ich hatte mir ja gestern bereits vorgenommen, menschlich über Gräben zu springen und einfach mit Vertretern anderer Positionen ins Gespräch zu kommen. Das hat funktioniert und war eine schöne Erfahrung. Ich will aus den heutigen Highlights nur zwei erwähnen: Mit Prof. Gregor Maria Hoff, Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie an der Paris-Lodron-Universität Salzburg, der theologisch ganz anders tickt als ich, kam es zu einer regelrecht geschwisterlichen Begegnung. Wir tauschten uns auch über theologische Differenzen aus, und darüber, dass wir uns dennoch aushalten, ja wertschätzen können.

Und Gregor Potschun, Bundesvorsitzender des Bunds Deutscher Katholischer Jugend, der sich diametral entgegengesetzt zu mir, zur Minderheit positioniert und einer der Stimmführer ist, über dessen Beiträge und die oft scharfe Tonlage ich mich oft geärgert hatte. Er kam während der Sitzung an meinen Platz und fragte mich, ob ich bereit wäre zu einem gemeinsamen Foto, auch mit Gregor Hoff. Na klar war ich das! Wir, zwei Antipoden, gingen als Tandem zum allgemeinen Erstaunen vieler Synodalen durch den Sitzungssaal zur Tür, um das Foto zu machen. Ich hatte ja bereits am ersten Sitzungstag mit Herrn Potschun auf dem Flur eine erfrischende Begegnung gehabt."

Das hat mich bewegt

"Heute wurde die Sitzung bereits um 8 Uhr eröffnet. Wir starteten mit dem Papier zur geschlechtlichen Vielfalt. Ein heißes und wichtiges Thema, mit dem ich mich im Rahmen der Familienkommission der Bischofskonferenz in einer kleinen Arbeitsgruppe unter Beiziehung externer psychologischer und sexualmedizinischer Expertise seit längerem befasse. Den Personen, die sich nicht als binär erfahren, gebührt Achtung und Respekt, wir Christen haben uns dafür einzusetzen, dass sie nicht diskriminiert werden. Und sie sollen sich in der Kirche willkommen fühlen. Gerade das ist auch die Botschaft in diesem Papier des Synodalen Weges, die mich bewegt und die ich unterstütze.

Dennoch kann ich dem Papier nicht zustimmen, denn der Synodaltext verwässert das Frausein und Mannsein des Schöpfungsberichtes. Es ist grundsätzlich fluide, bildet gleichsam zwei Eckpunkte des Menschseins, zwischen denen die eigentliche Realität einer Vielfalt von geschlechtlichen Identitäten liegt. Und bei der häufigen Rede von Identität wird nicht erwähnt, dass Identität für Getaufte und solche, die in der Kirche Heimat finden sollen, doch weit mehr bedeutet als Geschlecht, sexuelle Orientierung. Christus gibt uns eine neue Identität, die Neuschöpfung, wer immer und wie immer ich bin. Dennoch, das Grundanliegen des Papiers bewegt mich. Ich hatte dann am Vormittag mit einer nicht-binären Person der Synodalversammlung eine sehr offene und für mich fruchtbare Begegnung."

Mein Fazit

"Ich nehme viele Fragen aus Frankfurt mit, die mich nachdenklich und auch ratlos sein lassen. Die übergroße Euphorie nach der Verabschiedung verschiedener Papiere, etwa zum Diakonat der Frau, wirkte auf mich so, als ob die Synodalversammlung diese Änderungen in der Kirche einzuführen könne (wobei das Diakonat sowieso nur der erste Schritt zur Öffnung aller Ämter sein könne, wie formuliert wurde). Und was ist mit den theologischen Fragen? Dann wurden weitere Vertreter für den Synodalausschuss gewählt. Meines Erachtens sind die römisch-weltkirchlichen Einwände nicht hinreichend berücksichtigt, geschweige denn geklärt. Das wirkt so, als spiele Rom keine Rolle. Mir ist nach wie vor nicht bekannt, welches konkrete Partizipationsmodell, welche Kompetenzen denn mit diesem Weg verbunden sein sollen. Ich bin gespannt, wie alles in den weltsynodalen Weg eingebracht werden wird."

Bischof Gregor Maria Hanke

 

Christian Gärtner: Gedanken zum dritten Tag der fünften Synodalversammlung

Mein Highlight des Tages

"Ein Highlight dieses Tages waren drei Grußworte aus der Weltkirche, von einem australischen Bischof, einem tansanischen Priester und einer Ordensfrau aus Peru, die gezeigt haben, dass es dieselben Themen sind, mit denen wir uns auf dem Synodalen Weg in Deutschland befassen, die auch in anderen Teilen der Welt die Kirche beschäftigen. Wir stehen überall, natürlich mit unterschiedlichen Akzenten und in unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, als katholische Kirche vor denselben Herausforderungen, was zum Beispiel die Rolle der Frauen angeht oder das Problem des Missbrauchs klerikaler Macht in der Kirche, nicht nur im Kontext von sexuellem Missbrauch."

Das hat mich bewegt

"Die Ernsthaftigkeit der Debatte über den Text zur geschlechtlichen Vielfalt und seine Verabschiedung mit großer Mehrheit. Ein sehr wichtiges Zeichen, das zeigt, dass wir als Kirche niemanden aufgrund seiner geschlechtlichen Identität diskriminieren wollen."

Mein Fazit

"Der Synodale Weg hat mit seiner offenen und ehrlichen Auseinandersetzung mit den Themen und Problemen, mit denen wir als Kirche angesichts des Missbrauchsskandals konfrontiert sind, einen Standard gesetzt und eine Dynamik entfaltet, hinter die wir auf unserem weiteren synodalen Miteinander weltweit und in Deutschland nicht mehr zurückfallen dürfen."

Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner

Blog Teil 1: „Quo vadis, Kirche?“ – Erwartungen und Eindrücke zur Synodalversammlung

Blog Teil 2: "Quo vadis, Kirche?": Fünfte Synodalversammlung des Synodalen Weges eröffnet

Blog Teil 3: "Quo vadis, Kirche?": Zweiter Tag der fünften Synodalversammlung