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Der Fußball und die Erinnerung

Reliquien von Johanna Franziska von Chantal und Franz von Sales in Eichstätt

Sie habe schon immer in ihrem Herzen die Sehnsucht gespürt, „einmal mit Franz von Sales in Berührung zu kommen“, erzählt Andrea Engel nach der Laudes im Eichstätter Rosental. Drei Tage lang war sie dort bei den Salesianern zu Gast, konnte sich ihren Wunsch erfüllen. Ein Wunsch, den sie vor zwei Jahren versuchte wahr werden zu lassen: Bei einem Besuch im französischen Kloster Paray-le-Monial lernte sie eine Ordensschwester kennen, der sie von ihrem Anliegen berichtete: Andrea Engel wollte eine Reliquie des heiligen Franz von Sales, um diese an verschiedenen Orten zur Anbetung auszustellen, um ihm wirklich nahe zu sein, und auch um anderen diese Nähe zu ermöglichen. Die Schwester ermutigte sie, im Kloster Annecy anzufragen, ob dies möglich sei. Und sie schlug ihr vor, nach einer Doppelreliquie zu fragen, mit Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal. Gesagt, getan.

Hausieren im Kloster

Mit ihrem Mann fuhr Engel nach Annecy. „Ich stand vor dem Kloster wie eine Hausiererin“, erinnert sich Engel heute. Sie hatte  ihr Kommen nicht angekündigt und musste so erst einmal an der Pforte warten. „Mit diesem Anliegen ist noch nie jemand gekommen“, erzählte ihr eine junge Schwester, die sie nach einiger Zeit empfing. Engel, die aus Mauer bei Heidelberg stammt, erklärte der Schwester, dass sie bereits Erfahrungen im Umgang mit Reliquien habe. Sie berichtete von einer Reliquie der heiligen Faustina, die sie neun Monate lang begleitete und in Deutschland an vielen Orten ausgestellt habe. Die Ordensschwester erbat sich Bedenkzeit. „Ich war während dieser zwei Stunden in der Basilika und habe am Grab der Heiligen gebetet, dass es klappt“, blickt Engel zurück. Dann die erlösende Nachricht: Das Kloster der Heimsuchungsschwestern stellt ihr eine Doppelreliquie zur Verfügung. Engel war glücklich und vereinbarte gleich Termine für 2013.

Danach begann die eigentliche Arbeit. „Ich habe ein halbes Jahr nur am Telefon gesessen“, sagt Engel im Gespräch mit der Kirchenzeitung. Sie fragte bei Klöstern, Pfarreien und Gebetsgemeinschaften an, legte eine Route fest und organisierte die Reise der Reliquien durch Deutschland. Ein Pfarrer aus Markt Indersdorf, der zweimal im Jahr zu Exerzitien nach Annecy fährt, übernahm den Transport von Frankreich nach Deutschland. Am Pfingstmontag startete Andrea Engel mit der Doppelreliquie ihre Reise. Noch bis zum 11. August wird sie dabei an unzähligen Orten Station machen, mal nur für einen Tag, mal gleich drei Tage, so wie in Eichstätt. „Ich bin die ganze Zeit mit dabei und lebe jetzt aus dem Koffer.“ Eigens für das kleine Reliquiar hat Engel eine gepolsterte Kiste gekauft, die sie zusätzlich mit Decken ausgelegt hat. „Ich mache das alles freiwillig und bekomme vor Ort Spenden“, erklärt sie.

Den Verantwortlichen in den Orten die sie besucht „überlasse ich selber, wie sie die Reliquie ausstellen und was sie sonst machen wollen“. Bei den bisherigen Stationen gab es meist Gottesdienste mit Auflegung und „eine italienische Gemeinde wollte die Reliquie küssen“, blickt Engel zurück.

In Eichstätt organisierten die Salesianer ein Programm und druckten ein Infoblatt mit allen Terminen, überschrieben mit „Herzliche Einladung zum Besuch der Reliquien“. Neben öffentlichen Stundengebeten in der Kapelle im Rosental stand auch eine Eucharistiefeier zum Fest Mariä Heimsuchung auf dem Programm. Bei der Abendmesse trat der Franz von Sales-Kinderchor aus Böhmfeld zum ersten Mal in neuen T-Shirts auf. Jeder der jungen Sänger durfte sich im Vorfeld einen Spruch des heiligen Franz von Sales aussuchen, der dann auf Textil gedruckt wurde.

Autogramme der Minis

Der Chor unter der Leitung von Andrea Lindner sang Lieder aus dem Musical „Die Baronin“, das vom Leben der heiligen Johanna Franziska erzählt und aus der Feder des Eichstätter Salesianer-Paters Herbert Winklehner stammt.

Bei seiner Predigt hielt Pater Herbert einen Fußball in der Hand, „ein Erinnerungsstück an meine damalige Ministrantengruppe in Landershofen“. Er erklärte, dass auf dem Ball alle Ministranten unterschrieben hätten, und er somit für ihn „eine Art Reliquie“ sei. Das Wertvolle daran sei nicht der Ball selber „sondern das, was ich als Erinnerung damit verbinde“. Bei der im Salesianum ausgestellten Reliquie seien nicht „diese winzigen Knochenstückchen, sondern das, woran sie uns erinnern wollen“ entscheidend. Und das sei die Art und Weise, wie die beiden Heiligen ihren Glauben lebten. Im Altar in der Kapelle im Salesianum seien immer Reliquien der beiden Heiligen, lässt Pater Herbert wissen. Das Doppelreliquiar, das Engel nun mitgebracht habe, bot aber „die Möglichkeit wieder in die Öffentlichkeit zu gehen“, fügt Pater Herbert hinzu. So seien beim Gottesdienst zum Fest Maria Heimsuchung viele Leute da gewesen, die das Salesianum bisher noch nicht kannten.

Rektor Pater Josef Lienhard weiß, dass diese Art der Zurschaustellung von Reliquien nicht jedermanns Sache sei. Doch für seinen Orden sei es wichtig, „sich bewusst zu machen, wovon wir leben“. Daher habe er Andrea Engel auch nach Eichstätt eingeladen. In der letzten Laudes, bevor die Reliquien mit Engel Eichstätt Richtung Gunzenheim verließen, zeigte er sich zufrieden: „Wir durften drei Tage lang vom Geist der Heiligen kosten“            

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 28 vom 14. Juli 2013