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Blütenblätter im Kühlschrank

Vorbereitungen für die Eichstätter Fronleichnamsprozession / Weniger Birken als sonst

Der Blumenteppich bei der Fronleichnamsprozession in Eichstätt ist Männersache. Zumindest was das Motiv vor der Schutzengelkirche angeht. Hier sind seit Jahren die Seminaristen gefragt. Der erste Kurs eines jeden Jahrgangs muss dann ran, muss sich ein Motiv aussuchen, Skizzen entwerfen, für ausreichend Material sorgen, sprich Blütenblätter und Holzspäne, und dann natürlich auch den Blumenteppich legen. In diesem Jahr laufen die Fäden bei Michael Jokiel zusammen.

Vor einem Monat gab es das erste Treffen mit insgesamt sieben Seminaristen, begannen die ersten Vorarbeiten. Für das gut zwei mal drei Meter große Bild entstand eine farbige Planskizze. Jokiel holte sich Tipps bei den Seminaristen, die im vergangen Jahr den Teppich legten, sprach mit dem Hausmeister des Seminars und dem Seminargärtner. Zwei Tage vor der Prozession will Jokiel mit seinen Helfern die ersten Blütenblätter rupfen gehen. „Die werden dann bei uns im Seminar in einem Kühlschrank frisch gehalten“, verrät er.

Haarspray und Gras

Neben den Blüten sollen auch Gras, Kaffeesatz und auch Eierschalen zum Einsatz kommen. Und Haarspray zum Fixieren: „Das hat sich als zuverlässig erwiesen“, berichtet Jokiel. Anders als beim Blumenteppich vor St. Walburg liegt an der Schutzengelkirche das Motiv auf einer Holzplatte, die erst kurz vor der Prozession vor den Altar getragen wird. Für den ist Mesner Josef Tratz zuständig. An Fronleichnam beginnt sein Dienst um halb sechs, holt er aus der Sakristei die bereits vorbereiteten Kerzen, Vasen und Altartücher. Schon am Vortag werden Fahnen aufgehängt  und Birkenbäume aufgestellt.

Früher, erzählt Ernst Geyer, habe alleine die Dompfarrei mit bis zu 400 Bäumen den Prozessionsweg geschmückt. „Die stammten alle von den großen Kahlflächen, die der Sturm Wiebke 1990 hinterlassen hat“, berichtet Geyer, der bei den Bayerischen Staatsforsten arbeitet und in der Dompfarrei aktiv ist. Da die Bestände zurückgehen, werden heuer nur noch rund 60 Bäume von den Förstern geschlagen.

Keine Probleme mit Nachschub an Material haben die Damen der ehemaligen Pfarrei St. Walburg: „Unsere Blütenblätter stammen alle aus heimischen Gärten“, erzählt Christiane Eichhorn. Im Hof vor der Benediktinerabtei wird der Teppich auf plattgewalztem Sand ausgelegt. „An jeder Ecke sitzen dann Helferinnen und legen ohne große Absprache das Motiv.“ Zur Belohnung gibt es nach getaner Arbeit für alle acht Helferinnen übrigens ein Eis, verrät Eichhorn.

Den Teppich am Marktplatz legen Mitglieder des Helferkreises der Dompfarrei und den Altar baut Dommesner Stefan Gebhard zusammen mit Ministranten auf. Mitarbeiter des Bischöflichen Bautrupps fahren die Einzelteile des großen Altars zum Marktplatz, und der Mesner holt noch Blumengestecke und den Altarschmuck aus dem Dom. Rund anderthalb Stunden sei er mit den Vorbereitungen am Tag der Prozession beschäftigt, sagt Gebhard.

Im Dom ist bereits jetzt an der Orgel ein erster Vorbote auf Fronleichnam zu sehen. Domorganist Martin Bernreuther nennt das große Mikrofon „eine Hochseeangel“. Damit wird die Orgelmusik aufgezeichnet und nach außen übertragen.

An allen drei Altären und entlang des Weges werden Lautsprecher installiert. Martin Koller vom Diözesanbauamt koordiniert die Arbeiten an der sogenannten Beschallungsanlage: 30 Boxen, anderthalb Kilometer Kabel und gut ein Dutzend Mikrofone müssen Kollers Kollegen in Position bringen. Im Bauamt gibt es dazu eigens eine Art Handbuch mit Fotos, wo die Lautsprecher im Vorjahr hingen und wo sich die Kabel am besten befestigen lassen.

Tontechniker im Turm

Nur einmal im Jahr, eben zu Fronleichnam, komme das umfangreiche Equipment zum Einsatz, sagt Koller. In einem kleinen Kämmerlein im Domturm ist ein kleines Tonstudio mit einem großen Mischpult. Von hier aus wird die Übertragung geregelt. Per Funk bekommt der Techniker Anweisungen von den einzelnen Altären und von einem Kollegen, der den Prozessionszug begleitet. Da kann es dann schon mal heißen: „Den Bass in der Luitpoldstraße leiser drehen.“ An den drei Altären, erläutert Koller, seien eigene Unterstationen, um den Ton vor Ort zu regeln. Hier stünden im Bedarfsfall Techniker bereit.
Bereit ist auch Mesner Josef Tratz.

Während die Prozession vor der Schutzengelkirche Halt macht, steht er im Hintergrund: „Wenn der Wind geht, muss ich aufpassen, dass die Kerzen nicht ausgehen oder irgendwas umfällt.“ Im Dom kümmert sich Kapitelsmesner Ludwig Escher um alles. Aus dem sogenannten Behältnis, einem Lagerraum neben dem Mortuarium, werden Teppiche und der Altar hervorgeholt und in der Sakristei muss er die Messgewänder für bis zu zehn Konzelebranten herrichten.

Um 7.45 Uhr beginnt das Pontifikalamt im Dom und im Anschluss wird das Allerheiligste durch die Straßen der Stadt getragen. Die Monstranz holt Escher aus einer Vitrine in der Schatzkammer des Diözesanmuseums. Zum Einsatz kommt die gut 300 Jahre alte Sonnen- und Kronenmonstranz. Wenn die zusammen mit den Gläubigen und Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB an der Spitze den Dom verlassen hat, muss Escher noch die Türen absperren. Während der Prozession darf keiner das Gotteshaus betreten: „Die würden sonst die Übertragung stören.“

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 23 vom 3. Juni 2012