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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Und führe uns nicht in Versuchung

Erster Fastensonntag, 17. Februar 2013

Am ersten Sonntag der österlichen Bußzeit trifft das Evangelium von der Versuchung Jesu. Nach seiner Taufe führt der Heilige Geist Jesus 40 Tage lang in der Wüste umher, dabei wird er vom Teufel in Versuchung geführt.

Im Vaterunser hat Jesus uns gelehrt, den Vater im Himmel zu bitten, er möge uns nicht in Versuchung führen (Lk 11,4). Romano Guardini hat einmal von einem gewissen Unbehagen gesprochen, das man beim Beten der sechsten Vaterunser-Bitte empfinde. Kann das sein: Führt Gott in Versuchung? Werden wir von Gott in Versuchung geführt? Im Jakobusbrief befindet sich eine Klarstellung, die ein mögliches Missverständnis ausräumt: „Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung“ (Jak 1,13).

Wenn wir beten, Gott möge uns nicht in Versuchung führen, dann kann dies nur in dem Sinne gemeint sein, dass Gott die Versuchung zulässt. Wenn wir beten „Führe uns nicht in Versuchung“ kann das nur heißen: Vater, lass nicht zu, dass wir über unsere Kräfte auf die Probe gestellt werden! Aus eigener Kraft haben wir dem Bösen wenig entgegenzusetzen. Hilf uns, dass wir nicht versagen.

Wenn die Bibel von Versuchung spricht, dann geht es nicht um belanglose Dinge, sondern immer um Glaube oder Unglaube, um Stehen oder Fallen, um Leben oder Tod. Der Evangelist Lukas beschreibt in drei Bildern die Versuchungen, denen Jesus ausgesetzt war und denen auch wir ausgesetzt sind. Als Mensch spürt er genauso wie wir die elementarsten menschlichen Grundbedürfnisse, wie etwa die Stillung des Hungers. Ist dieser gestillt, dann kann er sich, wenn wir nicht aufpassen, wandeln in ein ständiges Haben-Wollen, in ein krankhaftes Streben nach Reichtum, nach materiellen Gütern und Besitz. Ebenso kann unser natürliches Bedürfnis nach Anerkennung und Ruhm umschlagen in das Streben nach Macht. Die Versuchung zur Macht ist immer auch Versuchung zum Missbrauch der Macht. Warum nicht nach Besitz, Macht, Anerkennung, Ehre und Erfolg greifen, wenn sie sich anbieten, meint der Versucher, der Widersacher Gottes.

In der Versuchungserzählung geht es dem Teufel darum, Jesus von seiner wahren Sendung abzubringen, von seinem Weg, in allem den Willen des Vaters zu tun. Seine Sendung ist es ja, das Reich Gottes zu verkünden und aufzurichten. Versuchung ereignet sich in unserem Leben nicht so dramatisch, wie es im Evangelium erzählt wird, sondern oft nur in kleinen Schritten. Wir suchen gern viele kleine Ausreden. Trotzdem gibt es im Leben auch Momente, in denen wir hart auf die Probe gestellt werden, wenn wir etwa von einem Schicksalsschlag heimgesucht werden oder wenn uns der Glaube an Gott sinnlos und leer erscheint; wenn wir leiden müssen wie Hiob und von der Frage nicht loskommen: Warum gerade ich? Womit habe ich das verdient? Solange wir auf dieser Welt leben, kann kein Mensch verbindlich erklären, warum Gott die Versuchung zulässt. Was wir aber verbindlich wissen, ist die Zusage, dass Gott uns in solchen Situationen nicht allein lässt.

Wie Jesus sollen wir uns vom Heiligen Geist und vom Wort Gottes leiten lassen und beten, damit wir nicht in Versuchung geraten (Lk 22,40).

Monsignore Herbert Lang, Kirchenzeitung vom 17. Februar 2013

Lesungen zum ersten Fastensonntag am 17. Februar 2013