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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Namen haben Geschichte(n)

Es gibt Namen, die uns leicht und freudig über die Lippen gehen; wir denken an die Namen derer, die uns etwas bedeuten, an Menschen, die unser Leben mit uns teilen und einen wichtigen Platz in unserem Herzen einnehmen. Jeder Name weckt Erinnerungen, enthält Geschichten von Schicksalen, von Leid, Zuversicht und Hoffnung. Ein Name, der nur dem Innersten vertraut ist, den man nur mit Scheu und Zurückhaltung ausspricht, steht für das Glück eines Menschen, für das, was er nicht gerne preisgibt. Ein Name birgt ein Geheimnis, das sich nur im engsten Raum des Vertrauens öffnet.

Als Jesus auf die gemeinsame Zeit mit seinen Jüngern zurückblickt, fasst er das Geschehene in dem Satz zusammen: „Ich habe ihnen deinen Namen offenbart“ (Joh 17,6). Der Name Gottes wurde für die Jünger Iebendig, neu mit Inhalt und Kraft gefüllt. Mit dem Namen, in dem Jesus auftritt, verbinden sich für sie Ereignisse voller Aufregungen und Überraschungen.

Da ist zum Beispiel die Geschichte von den Fischern am See Genezareth. Sie sind missmutig, als sie Jesus treffen. Der See hat nichts hergegeben. Doch das Wort Jesu ist so stark, dass sie es noch einmal wagen. Das Ergebnis ist bekannt: erschüttert und beglückt lassen sie alles zurück und gehen mit ihm. Es ist ein Einbruch in ihr Leben. Und damit beginnt ein Aufbruch, der niemals enden wird. Der Name Gottes verwebt sich mit ihrem persönlichen Schicksal, in dem seine Güte erfahrbar wird. Ein weiteres Beispiel von vielen: Als Jesus vom Berg herabsteigt, begegnet ihm ein Aussätziger. Der spürt seine gütige Hand und hört Worte, die er so noch nie vernommen hat. Er weiß nach langer Zeit wieder, dass er Mensch sein darf, gesund bei seinen Angehörigen. 

Als Jesus von seinen Freunden weggeht und bei ihnen Wehmut und Angst aufsteigen, stellt er sie unter den Schutz dieser absoluten Güte. „Bewahre sie in deinem Namen!“ (Joh 17,11) heißt sein Gebet für sie. Sie sollten sich an alles erinnern, was in seiner Nähe schon geschehen war.

Einmal hatte Jesus seine Jünger darauf hingewiesen, dass ihre Namen im Himmel aufgeschrieben sind. Gott kennt ihre Namen, weil sie den seinen kennen. Das ist der eigentliche Grund zur Freude.

Diese Grundaussage wiederholt Jesus in der Stunde seines Abschieds. „Sie sollten seine Freude in Fülle in sich haben“ (Joh 17,13). Damit brauchten sie die Zukunft nicht zu fürchten vor der Frage, wie es ohne ihn weitergehen soll.Es wäre hilfreich, die Namen derer, die wir unter den Schutz Gottes stellen, zu meditieren, uns an die Geschichten mit ihnen zu erinnern  daran, wie wichtig sie für uns geworden sind. Wir werden erkennen, dass hinter jedem Namen etwas von der Schönheit und Güte Gottes verborgen ist.

Dies kann ein Schritt sein zum Wunder von Pfingsten, durch das eine neue Art zu sehen, zu hören und zu reden möglich wird. Es ist die Gelegenheit, in der wir im Geiste Jesu Worte neu aussprechen lernen, in der der Name Gottes und die Namen von geliebten Menschen zu leuchten beginnen.

P. Guido Kreppold OFMCap, Kirchenzeitung vom 17. Mai 2015

Lesungen zum 7. Sonntag der Osterzeit am 17. Mai 2015