Jesus beim Tempelweihfest
29. Sonntag im Jahreskreis, 20. Oktober 2013
Beim Weihefest des Tempels weilt Jesus in Jerusalem. Er hat wohl auf dem Weg dorthin mit den Jüngern den Wallfahrtspsalm 122 gebetet: „Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.“Den ersten Tempel, den König Salamo erbauen ließ, gab es nicht mehr. Er war 587/586 v. Chr. von den Babyloniern zerstört worden. Nach der Heimkehr aus dem babylonischen Exil begann der Wiederaufbau des Tempels, der 515 v. Chr. eingeweiht wurde. Es war ein einfacher Bau. Prachtvoll ausgebaut und erweitert wurde er erst unter Herodes dem Großen, der 37 v. Chr. König von Judäa wurde.
Das Tempelweihfest, von dem im Johannesevangelium die Rede ist, erinnert an jene Epoche, in der unter der Herrschaft Alexanders des Großen (356-323 v. Chr.) und der Seleukiden der Hellenismus die größte Bedrohung für die jüdische Religion war.
Der Hellenismus überschwemmte Judäa sowie alle Länder, in denen Juden lebten, namentlich auch Ägypten, wie eine Sturmflut. Der Seleukidenkönig Antiochus IV. Epiphanes (175-164 v. Chr.) verfolgte alle Juden, die sich dem Gesetz und dem Tempel verpflichtet wussten und treu am Glauben der Väter festhielten. Antiochus IV. schändete den Tempel, dessen Heiligkeit für die Juden als unantastbar galt. Er ließ den Tempel plündern, die Beschneidung und die Einhaltung des Sabbats unter Todesstrafe verbieten und auch viele Juden umbringen. Im Tempel ließ er schließlich einen Altar für Zeus, die höchste griechische Gottheit, errichten.
Deshalb kam es zum offenen Aufstand. Führer des Befreiungskampfes wurde Judas Makkabäus. Es gelang ihm, Jerusalem einzunehmen. Er ließ den entweihten Tempel säubern und einen neuen Brandopferaltar errichten. Im Dezember 164 v. Chr. (25. Kislew) wurde die Neueinweihung des Tempels gefeiert. Der Glaube an Jahwe, den einen und einzigen Gott, und an das Gesetz hatte gesiegt. Noch heute gedenken dieJuden beim Chanukka-Fest der Weihe des Tempels.
Für Jesus ist der Tempel ein heilige Stätte, das Haus des Vaters. Beim Paschafest sagt der zwölfjährige Jesus zu seinen Eltern, die ihn im Tempel suchen: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört“ (Lk 2,49). Die Händler vertreibt er aus dem Tempel mit den Worten: „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle“ (Joh 2,13-22).
In der Halle Salamons umringen die Juden Jesus und fragen ihn: Wie lange lässt du uns noch im Ungewissen? Wenn du der Messias bist, dann sag es uns ganz offen. Jesus verweist auf seine Taten und Werke, die er im Auftrag des Vaters vollbringt. Sie sind der Beweis dafür, dass er der Messias und Gottes Sohn ist. Jesus ist Gottes Sohn, weil er eins ist mit dem Vater.
Allen, auch denen, die ihm feindselig begegnen, sagt er: „Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben“ (Joh 10,27). Bei der Vielzahl der Stimmen, die tagtäglich an unser Ohr dringen, ist es oft schwer, die Stimme des guten Hirten zu erkennen. Wer auf die Stimme Jesu hört und sein Wort befolgt, der gehört zu ihm.
Es ist die Stimme Jesu, die sagt: Ich kenne dich! Wenn du mir vertraust und mir nachfolgst, wirst du nicht in die Irre gehen. Ich werde dir ewiges, bleibendes Leben geben und nichts und niemand kann es dir wieder wegnehmen. Mehr noch: Wir sind und bleiben geborgen in der Hand des Vaters und des guten Hirten. Das ist das größte Geschenk, das uns der gute Hirte gemacht hat.
Msgr. Herbert Lang, Kirchenzeitung vom 20. Oktober 2013