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17.10.2023

Bahnhofsmission Ingolstadt feierte 75-jähriges Jubiläum

Einige freiwillig Engagierte der Bahnhofsmission präsentierten ihre Hilfen während des Gottesdienstes auf Plakaten. Foto: Caritas/Esser

Alle Ehrenamtlichen wurden am Ende der Jubiläumsveranstaltung für ihre Arbeit geehrt. Foto: Caritas/Esser

Ingolstadt - „Unbürokratisch, ehrenamtlich und ökumenisch“: Mit diesen drei Schlagworten hat der Vorstand der Diakonie Ingolstadt, Jürgen Simon Müller, beim 75-jährigen Jubiläum der Ingolstädter Bahnhofsmission die Arbeit dieser Einrichtung auf den Punkt gebracht. Die Bahnhofsmission feierte diesen Anlass mit rund 80 Gästen aus Politik, Kirche und Wohlfahrtspflege sowie mit ihren Ehrenamtlichen am Montagnachmittag mit einem Gottesdienst in der St. Anton-Kirche und einem Festakt im Pfarrsaal St. Anton. Unter den Gästen war auch der Vorsitzende des Vereins Bahnhofsmission Deutschland, Professor Dr. Bruno Nikles.

Unbürokratisch, ehrenamtlich und ökumenisch

Unbürokratisch helfe die Einrichtung zum einen Reisenden mit Umsteigehilfen. „Vor allem in ihrer Mobilität eingeschränkte, ältere Personen sowie allein reisende Mütter mit Kindern sind froh, wenn sie eine helfende Hand erhalten oder jemand für sie anpackt“, sagte Müller und ergänzte: „Neben Reisenden kümmern Sie sich um die ‚Gestrandeten“ und manchmal auch ‚Gescheiterten‘, die sich am Bahnhof aufhalten.“ Hierfür zählte Müller zahlreiche Dienste auf: von materiellen Hilfen wie einer kleinen Brotzeit oder mit Bekleidung bis zur Vermittlung Betroffener an Fachberatungsstellen. Ehrenamtlich sei die Bahnhofsmission Ingolstadt, weil sie ohne ihre freiwilligen Helferinnen und Helfer nicht existieren könnte, so Müller. „Wie in kaum einer andren Einrichtung offenbart sich hier bürgerschaftliches Engagement.“ Dabei arbeiteten die Ehrenamtlichen Hand in Hand mit den „zwei unverzichtbaren hauptamtlichen Mitarbeitenden“ Heike Bergmann und Kurt Göttling. Getragen von der Caritas und der Diakonie widme sich die Bahnhofsmission in christliche Ökumene Menschen am Rande der Gesellschaft „und erfüllt insofern in besonders beeindruckender Weise die uns im Evangelium aufgetragene Nächstenliebe“. Gerade, weil zunehmend weniger Menschen einer der beiden Kirchen angehören, werde es immer wichtiger, dass Christen mit einer Stimme sprechen, so Müller.

„Ich möchte mir keinen großen Bahnhof ohne Bahnhofsmission vorstellen“, sagte Isfried Fischer, Referent für Soziales, Jugend und Gesundheit der Stadt Ingolstadt, in seiner Ansprache. Darin blickte er unter anderem zurück auf Zeiten der Unterstützung der Einrichtung für die ankommenden Gastarbeiter, später Aussiedler bis zu Asylsuchenden und Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Für Letztere hatte sich die Ingolstädter Bahnhofsmission im vergangenen Jahr bereits wenige Tage nach dem Angriff Russlands auf das Land engagiert. „Wir müssen alles daransetzen, dass die Arbeit der Bahnhofsmission dauerhaft geleistet werden kann“, sagte der Leiter des Bahnhofmanagements Oberbayern, Helmut Zöpfel. Er sicherte den Ingolstädter Mitarbeitenden zu, dass diese auch nach dem Neubau des Bahnhofes der Stadt „ihren bewährten Platz bekommen werden“.

Hedwig Gappa Langer, Referentin für die katholischen Bahnhofsmissionen bei IN VIA Bayern, bezeichnete Bahnhofsmissionen als „wichtigen Ort der Hoffnung in einer Zeit der Krisen“ und als „perfekt gelebte Kirche am Bahnhof“. Die Pandemie, der Ukrainekrieg, Inflation und Energiekrise hätten zuletzt bei zahlreichen Menschen Spuren hinterlassen. Die Armut habe zugenommen und viele seien psychisch belastet, so die Referentin. Die Bahnhofmissionen bemerkten dies, da sie nun mehr Notversorgung leiten müssten und einen gestiegenen Gesprächsbedarf feststellten. Bezüglich der Ingolstädter Einrichtung freute sie sich insbesondere darüber, dass diese nach der Pandemie wieder ein engagiertes Ehrenamtlichen-Team habe aufbauen können.

Der Moderator der Veranstaltung, Bernhard Löhlein von der Stabsstelle Medien und Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Eichstätt, führte mehrere Kurzinterviews mit sowohl Ehrenamtlichen als auch Hilfesuchenden bei der Ingolstädter Bahnhofsmission. „Ich wollte etwas Sinnvolles tun, und es ist schön, wenn man im Ehrenamt sehen kann, wie eigene Hilfe ankommt“, sagte ihm eine engagierte Frau. Ein Mann berichtete Löhlein darüber, wie er einen wochenlang als vermisst gemeldeten Mann, der psychisch sehr belastet war und im Wald geschlafen hatte, der Polizei vermitteln konnte. Eine blinde Frau erklärte, die Ingolstädter Bahnhofsmission „trägt sehr viel dazu bei, dass ich als blinder Mensch ein selbstbestimmtes Leben führen kann“. Ein blinder Mann erzählte, wie ihm der Dienst „Mobile Reisehilfen“ der Bahnhofmission durch Begleitung Ehrenamtlicher auf Zugfahrten hilft. Ein Mann schenkte der Bahnhofsmission mehrere Steine, auf denen ein Herz abgebildet ist. Der Trägervertreter der Caritas, Bernhard Gruber, bedankte sich mit Geschenken bei den beiden Hauptamtlichen Heike Bergmann und Kurt Göttling für deren Arbeit.

Dienst gemäß dem Evangelium

Den Gottesdienst in der St. Anton-Kirche hielt Pfarrerin Maren Michaelis, Mitglied des Verwaltungsrates des Diakonischen Werkes Ingolstadt und Beauftragte des Pfarrkapitels des Dekanates für die Diakonie Ingolstadt, gemeinsam mit dem ständigen Diakon der Diözese Eichstätt Daniel Heinle. Im Gottesdienst präsentierten mehrere Ehrenamtliche mit Plakaten deren verschiedene Hilfen. Auf diesen standen zum Beispiel „Versorgung mit Essen und Trinken“, „Notbekleidung für Gäste“, „Ohne Termin = Niederschwellig“ oder „Offenes Ohr“. Pfarrerin Maren Michaelis sagte in ihrer Predigt, die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission gäben gemäß des Matthäus-Evangeliums Hungrigen Essen und Durstigen zu Trinken. In ihrem Engagement „blitzt schon jetzt Gottes neue Welt auf“, so die Pfarrerin. Diakon Heinle meinte in Bezug auf die 75 Jahre Bahnhofsmission Ingolstadt: „Wir wollen Gott danken für diese Zeit und bitten, dass er weiter diese wichtige Arbeit begleitet.“

Festakt und Gottesdienst wurden musikalisch vom Ensemble Ascolta mit Ulrike Glawion an der Querflöte, Adele Schnattinger an der Geige und Karl-Heinz Werner an der Gitarre gestaltet.

Quelle: Caritas