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30.04.2019

„Löcher in den Tunnel“ für Lebensperspektiven schlagen: Sozialpsychiatrische Dienste der Caritas helfen suizidgefährdeten Menschen

Zwei Frauen der Caritas beim Telefondienst

Im Krisendienst Psychiatrie erhalten die Caritas-Mitarbeitenden von der Leitstelle immer wieder auch „Fälle“, in denen Suizid droht. pde-Foto: Peter Esser/Caritas

Tafeln der Ausstellung „Suizid – keine Trauer wie jede andere“

Ausstellung „Suizid – keine Trauer wie jede andere“ in der ehemaligen Johanneskirche in Eichstätt. pde-Foto: Johannes Heim

Eichstätt. (pde) – Im Vorfeld der Woche für das Leben stellen sich am Donnerstag, 2. Mai, ab 16 Uhr in der ehemaligen Johanneskirche in Eichstätt verschiedene Hilfseinrichtungen vor, darunter auch die Sozialpsychiatrischen Dienste der Caritas. Den Rahmen dafür bietet die Ausstellung „Suizid – keine Trauer wie jede andere“, die derzeit in Eichstätt zu sehen ist.

Die Hoffnung, dass das Thema Suizid weiter enttabuisiert wird, setzen die Leitungspersonen der Sozialpsychiatrischen Dienste des Caritasverbandes Eichstätt in die Woche für das Leben, die vom 4. bis 11. Mai das Thema Suizidprävention in den Blick rückt. „Viele Menschen haben ja Angst, diese Gedanken überhaupt zu äußern, aus Sorge, entweder gleich in eine Klinik eingewiesen zu werden oder vielleicht auch gar nicht ernst genommen zu werden“, erfährt Andrea Ploß immer wieder, die den Dienst der Kreisstelle Ingolstadt leitet. „Ich erhoffe mir durch die Woche, dass die Menschen in Notsituationen und deren Angehörige über unsere Angebote noch besser informiert werden und dann auch den Mut finden, sich an uns zu wenden“, erklärt ihr Kollege Frank Mronga aus Eichstätt.

Eichstätter Dienst intensiv einbezogen

Insbesondere der Sozialpsychiatrische Dienst in Eichstätt ist intensiv in die Vorbereitung und Durchführung der Woche für das Leben einbezogen. Frank Mronga ist sowohl an der Erstellung eines Handouts für Mitarbeitende der Kirche für den Umgang mit Suizid sowie an der Organisation einer Schulung für Jugendliche der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) zur Herausforderung „Cybermobbing“ und Suizid bei jungen Menschen eng beteiligt. Bei einer Podiumsdiskussion über Suizidprävention nimmt er als Expertenvertreter teil. Gemeinsam mit seinem Team wird er Besuchergruppen durch die Ausstellung „Suizid – keine Trauer wie jede andere. Gegen die Mauer des Schweigens“ führen, unter anderem 150 Polizisten der Eichstätter Bereitschaftspolizei. Der Dienst für psychische Gesundheit der Caritas Ingolstadt wird Andrea Ploß zufolge am 2. Mai mit einem Infostand in der Johanniskirche vertreten sein.

Die Problematik Suizid spielt nach Mitteilung der beiden Leitungspersonen in ihren normalen Diensten immer wieder mal eine Rolle, wenngleich es dort kein Schwerpunktthema ist. Vor allem Menschen, die an Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder an einer Schizophrenie leiden, hätten schon öfters an Suizid gedacht oder entsprechende Versuche unternommen. „Natürlich können aber auch schwere Schicksalsschläge wie Krankheit, Schulden oder Scheidung dazu führen, dass ein Mensch aus seinem bisherigen Leben herausgerissen wird und auf einmal Suizid als Lösung in Betracht zieht“, so Andrea Ploß. Im Krisendienst Psychiatrie in der Region 10, an dem beide Dienste beteiligt sind, steht die Gefahr Suizid laut den beiden Caritas-Verantwortlichen hingegen häufig im Vordergrund. „Gerade da reicht oft eine telefonische Klärung über die Leitstelle des Krisendienstes nicht aus und es ist wichtig, dass sich das Einsatzteam ein persönliches Bild von der Situation des Betroffenen macht“, so die Ingolstädter Beraterin. In mehreren Fällen konnte sie im Rahmen eines Einsatzes zum Beispiel schon einen Termin beim Psychiater vereinbaren oder auch einen stationären Aufenthalt einleiten.

Meistens erwägen Betroffene nach Erfahrung von Ploß und Mronga einen Suizid, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr sehen. „Sie haben dann eine Art Tunnelblick und sind nicht mehr offen für andere Lösungen“, so die Ingolstädter Beraterin. Für Frank Mronga ist es konkret ein Alarmzeichen, die Polizei zu rufen, wenn jemand zu ihm zum Beispiel sagt: „Wir hören jetzt hier auf“. Hellhörig würden ihn auch andere Signale machen, die als „Abschied“ bei lebensmüden Menschen gedeutet werden könnten: „Zum Beispiel, wenn jemand das gerade erworbene Auto wieder verkaufen will“. Die ersten Anzeichen zeigten sich, wenn sich Menschen zurückziehen, isolieren und vom Freundeskreis verabschieden. Doch Mronga versucht bei suizidgefährdeten Menschen immer wieder, „Löcher in den Tunnel zu schlagen“, um neue Lebensperspektiven zu eröffnen. „Das ist natürlich bei verschiedenen Menschen mit verschiedenen Schicksalen ganz unterschiedlich.“ Die Caritas-Beraterinnen und Berater nutzen auch die Chance, Zeit für bessere Perspektiven zum Schutz des Lebens zu gewinnen, indem sie mit den Klienten eine Art Vertrag schließen: In diesem wird vereinbart, dass sich der Klient bis zum nächsten Termin oder für die Dauer der Behandlung nichts antut.

Beratung hat offensichtlich Erfolg

Die Beratung hat offensichtlich Erfolg. Bei einer Befragung von Klienten des Dienstes in Eichstätt vor einigen Jahren haben Frank Mronga zufolge mehrere Betroffene mitgeteilt, sie wären ohne die Hilfe des Caritasdienstes vermutlich nicht mehr am Leben. Die Ingolstädter Beraterinnen und Berater haben laut Andrea Ploß auch das Glück, „dass es uns bisher noch nicht passiert ist, dass sich ein Klient das Leben genommen hat“. Frank Mronga hat nach eigenem Bekunden hingegen schon einige Suizidfälle in seiner 22-jährigen Arbeit für den Sozialpsychiatrischen Dienst in Eichstätt erlebt: „Es sind Gott sei Dank nicht so viele, aber natürlich ist jeder Mensch, der sich das Leben nimmt, einer zu viel.“

In beiden Diensten werden auch Angehörige suizidgefährdeter Personen beraten. „Angehörige trauen sich oft nicht, das Thema anzusprechen, da sie dann befürchten, den Betroffenen erst auf diese Gedanken zu bringen“, erfährt Andrea Ploß und meint: „Doch diese Angst sollte ihnen genommen werden, da die Gefährdeten oft eher froh und erleichtert sind, wenn sie mit jemandem darüber sprechen können.“ Bei Bedarf werden Angehörige an spezielle Angebote vermittelt: Der Ingolstädter Dienst tut dies etwa an den Verband „Angehörige um Suizid“ oder an niedergelassene Psychotherapeuten, der Eichstätter an den Hospizdienst des Malteser Hilfsdienstes, so die beiden Leitungspersonen.

Informationen über die Sozialpsychiatrischen Dienste der Caritas im Bistum mit Ansprechpartnern, Kontaktdaten sowie Telefonnummer des Krisendienstes Psychiatrie gibt es im Internet unter www.spdi-eichstaett.de und www.spdi-ingolstadt.de. Das Programm der Woche für das Leben ist unter www.bistum-eichstaett.de/woche-fuer-das-leben abrufbar.

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