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13.04.2022

Was für ein Ärgernis! - Gedanken zum Karfreitag

Foto: pixabay

„Ja seid ihr denn verrückt? Jetzt, wo tagtäglich so viele Menschen sterben müssen und die Nachrichten aus der Ukraine immer noch grausamer werden, da feiert ihr Christen den Tod eines Menschen, als wär das der Schlüssel zum Leben!?“ So oder so ähnlich hat mich dieser Tage jemand angesprochen. Und diese Botschaft vom gekreuzigten Gottessohn Jesus Christus, ist so leicht nicht zu begreifen, für manche ist sie sogar ein Ärgernis. Dass ausgerechnet durch ein grausames Todesopfer am Kreuz Gott die Menschen erlösen will, wer soll das verstehen?

Den Jüngern Jesu ging es damals nicht anders. Vor allem Petrus will das nicht einsehen. Einmal fährt ihn Jesus sogar scharf an: „Weg von mir, du Satan, du willst nicht, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ Aber ist es denn wirklich so schlimm, wenn wir von einem Leben ohne Leiden und Tod träumen? Jeder von uns möchte doch in Gesundheit und Frieden leben können.

An eine alte Kreuzwegandacht aus meiner Kindheit erinnere ich mich noch. Dort hieß es: „Schneide, brenne, kreuzige soviel du willst, aber schone meiner in der Ewigkeit!“ Schon als Kind dachte ich mir damals: Kann denn ein Mensch ehrlichen Herzens so beten? Eigentlich nicht. Auch ein gläubiger Mensch nicht. Und dennoch kommen wir um das Kreuz Jesu nicht herum.

Auf dem Hügel Golgota will Gott die Menschen erlösen – und nicht auf dem Berg Tabor, wo Jesus eine kurze Zeit in strahlend weißen Gewändern zu sehen war. Doch nicht jeder von uns hat soviel Glaubenskraft, um Jesus auch auf dieser Wegstrecke, auf dem Weg des Leidens nachzufolgen. Die Gefahr, dass wir hier an unserem Gott verzweifeln und uns enttäuscht abwenden, ist groß.

Denn auch das zeigt uns die Passionsgeschichte: Wie schnell nämlich die Begeisterung der Hosianna-Rufe umschlagen kann in das hasserfüllte „Kreuzige ihn!“ – eben dann, wenn dieser Jesus anders ist, als wir das möchten. Und dennoch: Er, gerade er, der zerschunden und gequält am Kreuz hängt, ist der Kyrios, der Herr. Er ist das neue Pascha-Lamm, das sich hergibt für die Menschen, auf dem Altar, bei jeder heiligen Messe. Dieser zerbrochene Leib des Herrn kann uns Kraft geben für unser Leben hier auf Erden, auch angesichts allen Leidens und Sterbens um uns herum, jeden Tag.

Stadtpfarrer Norbert Winner, Neumarkt-St. Johannes