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07.07.2004

„Wer einmal am Jakobsweg war, ist vom Fieber gepackt“ - Am 25. Juli wird in Eichstätt eine neue Variante des Pilgerweges eröffnet - Historiker rekonstruierte mittelalterliche Wegführung

Eichstätt. (pde) – Der Bildhauer Wieland Graf (60) hat einen Traum: „Einmal von Eichstätt nach Santiago de Compostela laufen.“ Und zwar am Stück. Genau 2608 Kilometer sind es ab der Frauenbergkapelle, wo Wieland Graf wohnt und als Mesner arbeitet. „Vom Dom aus sind es noch zwei Kilometer mehr.“ Dass er das so genau weiß, hat einen besonderen Grund: Am Sonntag, 25. Juli, wird am Frauenberg in Eichstätt eine neue Variante des Jakobsweges eröffnet. Und Wieland Graf arbeitet derzeit gemeinsam mit seinem Sohn Raphael (34) an einer Stele, die dort oben als Wegmarke aufgestellt wird.

Die Route beginnt an der tschechischen Grenze und führt über Regensburg und Kelheim nach Eichstätt. Am Frauenberg teilt sich der Weg: Eine Strecke folgt der Linie Bergen - Augsburg, die andere führt über Wemding nach Nördlingen. In beiden Fällen stoßen die Routen auf bestehende Pilgerpfade, die dann weiter nach Compostela führen.

„Wir machen dabei nicht einfach einen Trend mit, sondern folgen historischen Grundlagen“, betont Reinhard Kürzinger, der Leiter des Eichstätter Diözesan-Pilgerbüros. Gemeinsam mit dem Naturpark Altmühltal und der Stadt Eichstätt hat sich die Diözese Eichstätt daran gemacht, das mittelalterliche Wegenetz zu rekonstruieren. Die wissenschaftliche Federführung hatte dabei die Fränkische St. Jakobus-Gesellschaft, allen voran ihr Mitarbeiter Hans J. Kolbinger.

Dass Eichstätt schon im Mittelalter eine wichtige Station für die Jakobspilger war, erkennt man auf alten Pilgerkarten: Dort ist Eichstätt deutlich eingezeichnet. Auch die weitere Wegführung konnte Hans J. Kolbinger gut nachvollziehen. Historisch folgt der Weg zunächst alten Verbindungswegen zwischen Böhmen und Bayern. Er durchquert den nördlichen Teil des Bayerischen Waldes und erreicht die Donau bei Regensburg. Die Steinerne Brücke garantierte eine sichere Überquerung des Flusses. Über den Donaudurchbruch erreichten die Pilger das Kloster Weltenburg. Anschließend verläuft die Route schnurgerade am Limes entlang oder folgt den Trassen der ehemaligen Römerstraßen. Eichstätt als religiöses Zentrum war eine wichtige Zwischenstation, hier fanden die Pilger in den Klöstern Übernachtungsmöglichkeiten.

 

Für Jakobspilger hat Eichstätt bis heute einen besonderen Reiz: Seit undenklichen Zeiten gehört ein Reliquar mit dem Finger des Apostels Jakobus zum Bestand des Eichstätter Domschatzes. „Das ist eine echte Rarität“, sagt Kürzinger. Wenn das Reliquar nicht gerade - wie jetzt - auf einer bedeutenden Kunstausstellung unterwegs ist, ist es im Eichstätter Domschatz- und Diözesanmuseum zu bestaunen. Die Reliquie, die in einer kostbaren Hülle aus Gold, Perlen und Edelsteinen steckt, könnte aus den Kreuzzügen stammen. Der Leiter des Museums, Emanuel Braun, hat dazu folgendes herausgefunden: „Es wurde darüber spekuliert, dass eine Eichstätter Persönlichkeit am zweiten Kreuzzug des Jahres 1147 teilgenommen haben könnte, nämlich Dompropst Walbrun, der Gründer des Schottenklosters und Erbauer der großartigen Nachbildung des Heiligen Grabes in Eichstätt.“ Allerdings gebe es dafür keine Belege. Das Reliquar befindet sich derzeit auf einer Ausstellung über Kreuzzüge in Mainz, soll aber rechtzeitig zur Einweihung des Jakobswegs wieder in Eichstätt sein.

Das Programm für den Festtag sieht so aus: Um 17 Uhr ist im Dom eine Pontifikalvesper mit Bischof Dr. Walter Mixa im Eichstätter Dom. Danach gibt es Gelegenheit, ein Stück des Weges zu gehen. Am Frauenberg, unterhalb der Kapelle, wird um 18.30 Uhr die Stele enthüllt und eingeweiht. Die Musikgruppe „Camerata Werdae“ aus Donauwörth wird mittelalterliche Pilgerlieder singen, es gibt ein gemütliches Zusammensein mit Bewirtung und verschiedene Informationsstände über den Jakobsweg.

Derzeit wird die komplette Route mit dem europaweit verwendeten Symbol – stilisierte gelbe Jakobsmuschel mit blauem Grund – markiert und ausgeschildert. Der neue Weg hat eine Gesamtlänge von 261 Kilometern. An verschiedenen Stationen werden Stempelstellen eingerichtet – unter anderem wird ein Stempel in der Frauenbergkapelle hinterlegt. Parallel zu der Route für Fußpilger wird eine Strecke für Radfahrer ausgeschildert.

Wieland Graf wird gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth im November die neue Route von der tschechischen Grenze bis Eichstätt ablaufen – das war ein Geschenk seiner Frau zum 60. Geburtstag. Beide sind erfahrene und begeistere Jakobspilger: In Spanien sind sie schon 800 Kilometer gelaufen, erst im März waren sie 350 Kilometer „bei Schneetreiben und winterlichen Temperaturen“ durch Frankreich unterwegs. „Wer einmal am Jakobsweg war, der ist vom Fieber gepackt.“ Auch Raphael Graf hat einen engen persönlichen Bezug zum Jakobsweg. Vor sechs Jahren war er in Spanien mit dem Fahrrad unterwegs. Zwar musste er die Reise abbrechen, weil er sich das Schlüsselbein gebrochen hatte, dennoch ist auch er nicht zu bremsen: „Ich würde gerne noch einmal anfangen.“ Und das ist ja nun auch ab Eichstätt möglich ....

 

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