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06.09.2013

Pflegenotstand: Caritas fordert umfassende Verbesserungen nach den Wahlen

Eichstätt. (pde) – Wegkommen von der Minutenpflege durch einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und eine Umlage für Einrichtungen, die nicht ausbilden: Das sind zwei Kernforderungen des Caritasverbandes für die Diözese Eichstätt an die Politiker nach den bevorstehenden Wahlen. „Wir brauchen ganz andere Anstrengungen als bisher, um dem Pflegenotstand, sprich Fachkräftemangel in der Altenpflege, zu begegnen“, erklärt die für die Caritas-Altenhilfe im Bistum Eichstätt verantwortliche Abteilungsleiterin Hedwig Kenkel.

Nach Kenkels Überzeugung müssen neben der eigentlichen Pflege viel stärker Betreuung, Zu-wendung und Unterstützung im Sinne einer Hilfestellung zur eigenen Versorgung von der Pflegeversicherung berücksichtigt werden – insbesondere für die zunehmenden demenzkranken Menschen. Und eine solche „Pflege lässt sich nicht einfach in Minuten abrechnen“. Konkret müsse die schwierige Arbeit honoriert werden, „einen demenzkranken Menschen dazu zu bringen, sich selbst das Gesicht zu waschen“, nennt Kenkel ein Beispiel aus der Alltagspraxis. Sie macht keinen Hehl daraus, dass zur Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes „mehr Geld nötig und dafür der Beitrag zur Pflegeversicherung erhöht werden muss. Wenn dies jetzt nicht schrittweise passiert, stehen wir in Zukunft vor viel größeren Problemen“, mahnt die Caritasverantwortliche „angesichts immer mehr pflegebedürftiger Menschen, für die aber nicht genügend Pfleger da sind“. Da die gesetzliche Fachkraftquote nicht erfüllt werden konnte, gab es nach ihrer Information Anfang des Jahres zunächst einen Aufnahmestopp im Caritas-Seniorenheim St. Pius Ingolstadt und im Frühjahr einen in der Gerolfinger Caritaseinrichtung für jeweils fünf neue Bewohner. „Im Moment haben wir Gott sei Dank in keinem unserer 19 Seniorenheime einen Aufnahmestopp, aber das kann wieder passieren, und wir möchten alte Menschen, die Hilfe suchen, nicht abweisen“, so Kenkel.

Auch im ambulanten Bereich sei der Pflegenotstand immer mehr zu spüren: „Derzeit suchen die Caritas-Sozialstationen in Ingolstadt und Neumarkt händeringend nach Fachkräften“, informiert die Leiterin der Abteilung für stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen beim Caritasverband. Für dringlich und gerecht hält sie es, auch in Bayern wie in einigen anderen Bundesländern ein Umlageverfahren einzuführen. Dieses sieht vor, dass Pflegeeinrichtungen, die nicht ausbilden, mit einer Abgabe jene fördern, die ausbilden. „Leider hat es hierfür von den Politikern bisher nur Absichtserklärungen in Gremien gegeben“, bedauert Kenkel. Ferner müsse es aus der Pflegeversicherung Vergütungen für die Ausbildung von Pflegefachkräften für gesetzlich geforderte Zusatzausgaben geben: zum Beispiel zu Hygiene- oder Arbeitsschutzbeauftragten. Die Abschaffung des Schulgeldes für Auszubildende in der Pflege sei ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung gewesen. Doch hätten Schülerinnen und Schüler nach wie vor finanzielle Belastungen, „indem sie durchschnittlich 20 Euro im Monat für Materialkosten und zusätzlich Prüfungsgebühren entrichten müssen“. Um die jungen Menschen, die in der Pflege arbeiten wollen, davon zu entlasten, übernimmt der Caritasverband Eichstätt nach Mitteilung Kenkels für sie in seinen 19 Häusern ab sofort diese Kosten. Sorge macht ihr, dass an den Berufsfachschulen „die Teilzeitausbildungen für lebenspraktisch erfahrene Frauen und Männer noch stocken, da sich hierfür bisher zu wenige Bewerber gemeldet haben“. Hier gelte es, zum einen mehr Motivationsarbeit zu leisten und zum anderen bürokratische Hürden abzubauen, um solche besonderen Teilzeitausbildungen zu ermöglichen.

Fast doppelt so viele Auszubildende wie letztes Jahr

Nach Information des Caritas-Personalreferatsleiters Michael Zierer hat der Caritasverband in diesem September 34 neue Auszubildende zur Altenpflegefachkraft in den Caritas-Seniorenheimen eingestellt, sodass im Moment 82 dort eine solche Ausbildung absolvieren. „Letztes Jahr waren es 19, also in jedem Haus ein Azubi. Dieses Jahr fangen in verschiedenen Häusern gleich mehrere junge Leute an“, so Zierer. Möglich gemacht habe dies unter anderem, dass der Caritasverband verstärkt auf Ausbildungsmessen vertreten sei und Einrichtungsleiter vor allem in Mittel- und Realschulen zur Arbeit in der Altenpflege motivieren. Darüber hinaus ermöglicht der Verband nach seiner Auskunft ab diesem Herbst erstmals zwölf Pflegerhelfern, sich im Rahmen der von Politik, Behörden und Verbänden gestarteten Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive innerhalb ihrer Arbeitszeit zu Pflegefachkräften ausbilden zu lassen. „Sie bekommen bei uns das volle Gehalt, obwohl sie zu einem Großteil wegen ihrer Ausbildung nicht in der Einrichtung sind. Wir sehen in den Mehrkosten für uns eine Investition in die Zukunft, da uns diese Menschen dann in zwei bis drei Jahren hoffentlich als Fachkräfte zur Verfügung stehen“, begründet der Personalreferatsleiter.

Um Pflegerinnen und Pflegern die körperlich schwere Tätigkeit zu erleichtern, hat der Caritasverband nach eigenen Angaben für seine 19 Seniorenheime 150 in der Höhe verstellbare „Niederflurbetten“ angeschafft, ferner ausreichende Aufstehhilfen für pflegebedürftige Menschen und weitere Hilfsmittel, die den Pflegern ein rückenschonenderes Arbeiten ermöglichen. Nötig ist es laut Zierer, dass die Politik mehr für die Pflegenden tut. „Wir stellen immer wieder einmal fest, dass sich ältere Mitarbeitende, insbesondere Pflegerinnen, bis zur Rente schleppen. In einem körperlich so schweren Beruf sollte es möglich sein, früher ohne Abschläge aufhören zu können. Auch dies würde schon bei den jüngeren Menschen zur Motivation beitragen, in die Altenpflege zu gehen.“

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