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09.08.2005

Mut zum Aufbruch und zur Unterscheidung der Geister - 55. Lehrertagung befasste sich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Eichstätt/Beilngries. (pde) - Lehrerinnen und Lehrer aus neun Diözesen konnte Dr. Bertram Blum, der Direktor des Diözesanbildungswerkes Eichstätt, zur Studientagung in Schloss Hirschberg begrüßen. Die Lehrerwoche wurde in diesem Jahr zum 55. Mal durchgeführt und ist damit die „Ur-Tagung“ der Eichstätter Erwachsenenbildung. „Ein Konzept für die Zukunft der Kirche – 40 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil“, so lautete das diesjährige Thema.

Die einleitende Frage, ob das Konzil heute ein vergessenes Ereignis der Kirchengeschichte sei, beantwortete Dr. Blum eher ambivalent. Einerseits sei das Zweite Vaticanum in der Kirche heute praktisch allgegenwärtig: Liturgische Feiern, vielfältige Formen der Zusammenarbeit nach innen und außen, lehramtliche Verlautbarungen sind vom Konzil geprägt und geben dessen Leitlinien wieder. Auch das Kirchliche Gesetzbuch von 1983 fuße weitgehend auf Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und doch bestehe in der Kirche wenig Konsens darüber, welche Konsequenzen aus den Konzilsaussagen letztlich zu ziehen sind, was Treue zum Konzil heute bedeutet. Oft sei der Eindruck entstanden, die Räder würden wieder zurückgedreht. Berücksichtigt werden müsse in diesem Zusammenhang aber die Tatsache, dass die Welt sich in den vergangenen 40 Jahren rasant weiterentwickelt habe und mit ihr die Rahmenbedingungen der Kirche. Deshalb sei es heute notwendig, wiederum an das Konzil und seine bahnbrechenden Aussagen zu erinnern, es neu kennen zu lernen als ein „dynamisches Ereignis, das einer statisch gewordenen Kirche die Weichen für den Weg in die Zukunft stellte“.

Auf die Zeichen der Zeit achten

Von weiteren Referenten wurde der „rote Faden“ dieses Kirchenereignisses herausgearbeitet. Prof. Dr. Bernhard Mayer machte anhand der Konstitution über die göttliche Offenbarung „Dei Verbum“ die Neuorientierung der Kirche an der Bibel deutlich. Das Konzil habe den Stellenwert des Wortes Gottes im Leben der Kirche wieder zurechtgerückt als heilsbedeutsam für die Menschen. Mit einem klaren Ja zu den Erkenntnissen der Bibelwissenschaft habe das Vaticanum geholfen, die Übersetzung der heiligen Schriften ins Leben zu bewerkstelligen.

Der Eichstätter Fundamentaltheologe Prof. Dr. Christoph Böttigheimer schloss den Teilnehmern zentrale Dokumente des Konzils zum Selbstverständnis der Kirche nach innen und außen auf. So sei die Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“ eine „kopernikanische Wende“ gewesen: Die Konzilsväter fanden zu einer sakramentalen Sichtweise der Kirche zurück, die für die gesamte Kirchenkonstitution grundlegend ist. Danach ist die Kirche Zeichen und Werkzeug des Heiles in der Welt und sie ist in dieser Welt bis zu ihrer Vollendung immer vorläufig, unvollkommen und deshalb reformbedürftig. Zur Verdeutlichung schlüsselte der Referent die Zentralbegriffe der Konstitution „Leib Christi“, „Volk Gottes“ und „Communio“ auf. Dabei wurde die laikale Grundstruktur der Kirche deutlich, die allen Berufungen und Ämtern vorausgeht. Das Verständnis des kirchlichen Amtes als Dienst am Volk Gottes schiebe einer klerikalistischen Sicht der Kirche endgültig einen Riegel vor. Die offen gebliebenen Fragen zeigen, dass das Konzil nicht zu Ende ist, sagte Böttigheimer. Wesen, Ort und Gestalt der Kirche müssen also weiter theologisch diskutiert werden. Eine zweite Kirchenkonstitution sei die pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et Spes“, mit der sich die negative Einschätzung der Welt grundlegend geändert habe. Danach ist die Kirche Teil dieser Welt und darf sich nicht distanzieren. Wie sie das Evangelium zu verkünden hat, ergibt sich erst aus der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, wobei im Mittelpunkt der Mensch steht. „Sehen – urteilen – handeln“ ist nun die Methode der Evangelisierung, und Glaubenswahrheiten müssen immer wieder neu aktualisiert werden. „Eine Kirche, die sich von den Menschen entfremdet, darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen von ihr entfremden“, sagte der Referent. Insofern müsse die Kirche bei dem, was sie der Gesellschaft zu sagen hat, auf die Zeichen der Zeit achten und die Unterscheidung der Geister einüben. Dabei sei die angemessene Methode, das Evangelium zu verkünden, der Dialog, der angesichts der rasanten Veränderungen eine entsprechende Streitkultur voraussetzt.

In einem dritten Teil behandelte Böttigheimer das neue Verhältnis der Kirche zu den Weltreligionen und den christlichen Konfessionen. Entscheidend für den interreligiösen Dialog sei die Christozentrik des Konzils gewesen. Das Heil aller Menschen habe seinen Grund in der Erlösung durch Jesus Christus. Das Konzil sehe primär, was den Menschen gemeinsam ist und erkenne an, dass auch die nichtchristlichen Religionen Wahres und Heiliges enthalten. Dennoch bleibt der Anspruch des Christentums auf Einzigartigkeit bestehen. Wie im Verhältnis zu den anderen Religionen habe das Konzil die einstige exclusivistische Haltung auch im Blick auf die christlichen Konfessionen überwunden. Das II. Vaticanum öffnete sich der ökumenischen Bewegung und sprach von einer gestuften Kirchengliedschaft. So konnten kirchliche Elemente auch außerhalb der katholischen Kirche gewürdigt werden.

Den Menschen in Freiheit leben helfen

Über „das Wagnis der Freiheit – Moraltheologie nach dem II. Vaticanum“ sprach im Anschluss daran Prof. Dr. Leo Zirker aus München. Er legte zunächst Grundzüge dieser Moraltheologie dar, deren Leitbilder der Dekalog und die Bergpredigt sind. Wie es dem biblischen Ethos um gelingendes Leben gehe, so gehe es einer Moraltheologie mit solch befreienden Grundzügen darum, den Menschen leben zu helfen. Das Gewissen sei dabei oberste Richtschnur sittlichen Handelns, brauche aber das Korrektiv der Norm. Moraltheologie sei heute auf die Zusammenarbeit mit den Humanwissenschaften angewiesen. Nur durch diesen Dialog sei in der kirchlichen Verkündigung Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Letztlich gehe es um Freiheit in Verantwortung.

Zusammenfassend stellte Dr. Bertram Blum aufgrund der Akzente dieser Tagung das Zweite Vatikanische Konzil als ein Konzept für die Zukunft der Kirche dar. Was anstehe, sei ein neues Ja zu diesen grundlegenden Weichenstellungen und ein neues Achten auf die Zeichen der Zeit, die immer wieder neu in den jeweiligen Rahmenbedingungen erkannt werden müssten. Sich dabei des mutigen Aufbruchs des Konzils zu erinnern, sei dafür wichtige Voraussetzung.

 

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