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14.10.2013

Menschen, Kraft getankt für schwierige, aber erfüllende Arbeit: Erziehungsstellen aus Bayern tagten in Eichstätt

Gut 50 Erziehungsstellen und Fachberater für diese besondere Betreuungsform nahmen an einer Tagung „Selbstfürsorge – Kraft tanken im Alltag“ im Caritas-Kinderdorf Marienstein teil. Foto: Esser/Caritas

Gut 50 Erziehungsstellen und Fachberater für diese besondere Betreuungsform nahmen an einer Tagung „Selbstfürsorge – Kraft tanken im Alltag“ im Caritas-Kinderdorf Marienstein teil. Foto: Esser/Caritas

Eichstätt. (pde) – „Selbstfürsorge – Kraft tanken im Alltag“: Unter diesem Motto hat am Samstag, 12. Oktober, eine Tagung für Erziehungsstellen im Caritas-Kinderdorf Marienstein in Eichstätt gestanden. Sie wurde gemeinsam von dieser Caritaseinrichtung mit dem Netzwerk Erziehungsstellen Bayern veranstaltet. Gut 50 Erziehungsstellen und Fachberater für diese spezielle Kinderbetreuungsform aus ganz Bayern nahmen daran teil. Erziehungsstellen sind pädagogische Fachkräfte wie Sozialpädagogen oder Erzieher, die Kinder mit besonders schwierigen Problemen in ihrer eigenen Familie betreuen und dafür bei einer Sozialeinrichtung mit einer halben Stelle angestellt sind. Neben „Kraft tanken“ und gegenseitigem Austausch bei der Veranstaltung informierten einige auch über ihre Tätigkeiten und Motivationen für diese Arbeit.

Dr. Kerstin Thönnessen, Arbeitswissenschaftlerin beim Verein „Arbeit und Zukunft“ in Hamburg, führte mit den Beteiligten einen „Arbeitsbewältigungstest“ durch. Dabei konnten diese sich anhand von Kriterien wie „Derzeitige Arbeitsfähigkeit im Vergleich zur besten je erreichten“, Derzeitige Bewältigung körperlicher sowie geistiger Anforderungen“, „Diagnostizierte Krankheiten“ oder „Psychische Leistungsreserven“ selbst beurteilen. Die Auswertung ergab bei den meisten gute Ergebnisse, bei einigen aber auch durchaus kritische. Praktische Tipps gab die Familientherapeutin und Supervisorin Gisela Storz aus Eckernförde. Wer vor einem Berg von Arbeit stehe und Zweifel habe, solle sich sagen: „Ich kann viel, fange mit dem ersten Schritt an und ich muss nicht perfekt sein.“ Letzteres gilt laut Storz insbesondere für Frauen. Ganz wichtig sei es, Pausen einzulegen, „um Muster zu unterbrechen“. Zudem helfe Humor, „gerade wenn man feststeckt“. Daher empfahl sie, regelmäßig lustige Filme auszuleihen oder sich eine Cartoonsammlung anzulegen. Die Informationen aus den Vorträgen vertieften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Workshops, unter anderen in einem über Gesundheitsvorsorge nach Kneipp.

Über Erfahrungen und Motivationen informiert

Kinderdorfleiter Bernardin Porstner informierte, dass seine Einrichtung immer wieder Anzeigen schalte, um weitere „Sozialprofis“ als Erziehungsstellen zu gewinnen. „Doch es ist schwierig. Schließlich nehmen Familien ein belastetes Kind auf. Aller Respekt vor denen, die dies tun“, so Porstner. Vier Erziehungsstellen teilten bei der Tagung ihre Erfahrungen mit.

 

Die 45-jährige Erzieherin Angelika Knorr aus Dittenheim bei Treuchtlingen ist eine von derzeit zwei Erziehungsstellen des Caritas-Kinderdorfes Marienstein. Sie nahm vor gut zwei Jahren ein Mädchen in ihre Familie auf, das nach ihrer Mitteilung eine psychisch kranke Mutter und dadurch selbst eine traumatische Vergangenheit hat. Motiviert fühlte sich Angelika Knorr für diese Arbeit zum einen durch ihren christlichen Glauben. Doch auch praktische Gründe spielten eine Rolle: „Da die Arbeit zu Hause stattfindet, komme ich auch mit der Betreuung meiner eigenen Kinder besser zurecht, da ich ja zur Arbeit keine Anfahrten habe.“ Dass das Mädchen sich nun besser entwickelt, zeige sich am offensichtlichsten im schulischen Bereich: „Es war früher in einer Förderschule und geht mittlerweile in die dritte Klasse einer Regelschule und ist weiterhin sehr gut motiviert“, freut sich Angelika Knorr.

Ähnliche Motivationen und Erfahrungen hat die Sozialpädagogin Sabine Köninger aus Altmünster bei Augsburg, die bei der dortigen St. Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhilfe angestellt ist: „Ich habe selbst drei Kinder, wollte diese nicht allein lassen, aber auch nicht aus meinem Beruf aussteigen. Da dachte ich mir, es ist eine gute Möglichkeit, ein Kind bei uns in der Familie aufzunehmen.“ Der von ihr aufgenommene Junge war zuvor in einer stationären Einrichtung untergebracht. Seine Eltern hatten sich getrennt, womit er nicht fertig wurde. In der Einrichtung störte er massiv und nahm auch mehrere Medikamente. „Durch die Struktur in der Familie und die individuelle Betreuung ist er schnell ruhiger geworden“, so Sabine Köninger. „Inzwischen macht er eine Ausbildung zum Landwirt.“ Wichtig ist es auch ihrer Erfahrung, dass die „Ersatzfamilie“ möglichst einen guten Kontakt zur Herkunftsfamilie hält. Man solle dem Kind zwar deutlich machen, warum es nicht mehr in dieser ist, aber ebenso, dass man selbst nicht die Mutter ist. Natürlich sei die Arbeit als Erziehungsstelle oft auch belastend, „denn man kann ja nie sagen: So, jetzt mache ich die Tür zu und habe Feierabend“. Die schöne Erfahrung sei aber, dass „man eine Beziehung aufbaut, die man an seiner Arbeitsstelle so nicht aufbauen kann. Und aus dem Jungen wird ja auch etwas, und das ist schön mitzuerleben“, so Sabine Köninger.

Eine besonders schwierige Arbeit leistet Sigrid Heider aus Gessertshausen, die Erziehungsstelle beim Evangelischen Kinder- und Jugendhilfezentrum in Augsburg ist. Sie nahm in ihre Familie Zwillinge auf, „die eine schwere Bindungsunfähigkeit haben und ein großes Problem, sich selbst zu steuern“. In dem bei der Tagung des Caritas-Kinderdorfes durchgeführten Test zur eigenen Arbeitsbewältigung, rutschte sie schon „in einen etwas problematischen Bereich“, wie sie zugibt. Doch sie sieht kleinere Fortschritte und sagt: „Es ist noch mehr möglich, als bisher geschafft ist. Rückhalt finde ich in meinem Glauben“, fühlt sie sich weiterhin motiviert für ihre Arbeit.

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