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04.11.2022

Kathedrale in Beirut eingeweiht: Bischof Hanke zu Besuch im Libanon

Bischof Gregor Maria Hanke auf seiner Reise in den Libanon. Foto: privat

Bischof Gregor Maria Hanke (links) zusammen mit dem syrisch-katholischen Patriarchen Ignatius Joseph III. Younan (Mitte) bei seinem Besuch im Mönchskloster St. Ephräm nahe Damaskus. Foto: privat

Die neu eingeweihte Kathedrale St. Georg in Beirut. Foto: Bischof Gregor Maria Hanke

Die neu eingeweihte Kathedrale St. Georg in Beirut. Foto: Bischof Gregor Maria Hanke

Grab des heiligen Charbel im Kloster oberhalb der Stadt Byblos. Foto: Bischof Gregor Maria Hanke

Grab des heiligen Charbel im Kloster oberhalb der Stadt Byblos. Foto: Bischof Gregor Maria Hanke

Eichstätt/Libanon – Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke war zu einem Solidaritätsbesuch im Libanon. Er ist damit einer Einladung von Ignatius Joseph III. Younan gefolgt, dem Oberhaupt der mit Rom unierten syrisch-katholischen Kirche. Auf seiner Reise besuchte er unter anderem das dortige Priesterseminar, das syrisch-katholische Mönchskloster St. Ephräm sowie das Grab des heiligen Charbel. Außerdem weihte er gemeinsam mit den syrischen Kirchenvorstehern die neue Kathedrale St. Georg in der Hauptstadt Beirut ein. In Interview schildert der Bischof seine Eindrücke und die schwierige Situation im Libanon.

Herr Bischof, Sie waren eine knappe Woche im Libanon. Wie ist dieser Besuch zustande gekommen?

Bischof Hanke: Patriarch Younan hat schon seit längerem Beziehungen nach Eichstätt. Unser Collegium Orientale (das Seminar für Priesteramtskandidaten der Ostkirchen in Eichstätt. Anm. der Redaktion) ist eine Schaltstelle, die immer wieder Gäste aus dem Osten einlädt. Ich durfte ihn schon mehrfach bei mir im Bischofshaus beherbergen. Der Gegenbesuch war jetzt schon längst fällig und ich habe mich relativ kurzfristig entschlossen, aus Anlass der Einweihung der Kathedrale in Beirut seine Einladung anzunehmen und bin nach Beirut geflogen.

Warum war ihnen dieser Besuch so wichtig?

Bischof Hanke: Der Libanon ist einer sehr schwierigen Situation. Die wirtschaftliche Problematik und auch die gesellschaftliche Zerrissenheit betreffen alle, gerade auch die Christen. Ich wollte mit dem Besuch ein Zeichen der Solidarität und der Verbundenheit setzen. Vielen Menschen im Libanon, davon wurde ich auch Zeuge, leiden entsetzlich an der Wirtschaftskrise. Gerade auch unter Christen ist es nicht leicht. Die Flüchtlingsproblematik, die Auswanderung in den Westen, all das sind Faktoren, die auch die christlichen Gemeinschaften sehr stark belasten und da tut Solidarität, meine ich, gut.

Welche Orte haben Sie besucht und welchen Menschen sind Sie dort begegnet?

Bischof Hanke: Ich war in Beirut und konnte dort mit vielen Menschen in Kontakt treten und Gespräche führen. Ich war auch noch in den Bergen, oberhalb von der Stadt Byblos im Heiligtum des heiligen Charbel. Das liegt etwa auf 1200 Metern Höhe, ist also klimatisch schon ganz anders als unten an der Küste. Dort im Kloster, am Grab des heiligen Charbel, konnte ich mich auch überzeugen von dieser lebendigen Frömmigkeit, die im Libanon unter den christlichen Gemeinschaften herrscht. Es war eine unglaubliche Menge an Menschen die am Grab gebetet haben, die diesen Ort aufgesucht haben. Darunter befanden sich auch Muslime, das war für mich beeindruckend. Vor allem fand ich auch beeindruckend die große Anzahl an jungen Menschen, die ich dort gesehen habe. Dann war ich noch im Wallfahrtsort „Unserer lieben Frau vom Libanon“. Ich habe auch noch andere Stätten besucht, zum Beispiel das Priesterseminar der syrisch-katholischen Kirche und darüber hinaus ein Kloster der Ephraimiten, das ist ein Orden der syrisch-katholischen Kirche. Dieses Kloster liegt etwas abgelegen in den Bergen zwischen Beirut und Damaskus. Es war eine tiefe Erfahrung, die Schönheit der Natur, die Lage des Klosters, den Baustil und das ganze Ambiente erleben zu dürfen.

Der Libanon gilt als ein Zufluchtsland für Christen aus anderen, überwiegend muslimisch geprägten Staaten des Nahen Ostens. Dennoch gibt es immer wieder Konflikte und Bürgerkriege. Wie haben sie die Situation der Christen dort erlebt?

Bischof Hanke: Die Christenheit dort ist sehr vielschichtig, wir haben die verschiedenen christlichen Kirchen des orientalischen Ritus. Es gibt in der Tat auch viele Christen, die aus dem Irak oder auch aus Syrien in den Libanon gekommen sind. Überhaupt hat der Libanon eine enorme Anzahl an Flüchtlingen zu bewältigen. Zu den ,Altflüchtlingen‘, den Palästinensern, die wegen der israelisch-palästinensischen Kriege im Libanon Aufnahme fanden, sind jetzt eben noch die Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak dazu gekommen. Das ist eine unglaubliche Herausforderung für dieses kleine Land. Viele christliche Flüchtlinge, die in den Libanon gekommen sind, sehen im Libanon eigentlich eher eine Plattform, von der aus man sich dann um ein Visum für die Ausreise in den Westen bemüht. Auf Dauer schwächt das natürlich die christlichen Gemeinschaften vor Ort. Das Christentum im Nahen und Mittleren Osten nimmt ab. Die Bischöfe bedauern sehr, dass diese Abwanderung so stark ist, aber sie lässt sich wohl nicht aufhalten – erst recht jetzt nicht, angesichts der extrem schwierigen wirtschaftlichen und politischen Lage im Libanon. Es ist eine riesige Spannung in der Gesellschaft und es sind unglaubliche Gegensätze, die man auch optisch wahrnehmen kann: Auf der einen Seite ein enormer Reichtum. Diejenigen, die früher Geschäfte gemacht haben mit den Golfstaaten, mit Saudi-Arabien, die leben auf einem hohen Standard, wie man es sich auch im Westen gar nicht vorstellen kann. Das Bürgertum, die bürgerliche Mitte, ist mehr oder weniger abgebrochen durch diese ökonomische Krise – es ist nun ein Land voller ökonomischer Gegensätze.

Sie haben in Beirut eine neue Kirche mit eingeweiht, die zerstört wurde. Wie wichtig sind solche Orte des Glaubens für die Christen dort und können sie dort sicher ihren Glauben leben?

Bischof Hanke: Es war die Kathedrale der syrisch-katholischen Kirche in Beirut, die vor über 40 Jahren, als die großen Kämpfe während des Krieges im Libanon waren, völlig zerstört wurde. Übrig blieben nur Ruinen der Außenmauern. Sie wurde nun wieder aufgebaut und eingeweiht. Die Kirche stand einst in einem Stadtviertel, das christlich war. Die Christen haben dieses Stadtviertel komplett verlassen, es ist also keine christliche Umgebung mehr. Dennoch ist die Widererrichtung dieser, für die syrisch-katholische Kirche so wichtigen Kathedrale, ein Zeichen des Lebenswillens und ein Zeichen, dass man den christlichen Glauben in dieser Stadt und diesem Land weiter praktizieren will und aus dem Glauben für den schwierigen Alltag Kraft schöpft.

Sie haben auch das Grab des heiligen Charbel, einem christlichen Mönch und Einsiedler besucht. Sie sind selbst Mönch, was können wir vom Mönchstum und Menschen wie dem heiligen Charbel lernen?

Bischof Hanke: Der heilige Charbel ist ein großes Vorbild und auch ein großer Heiliger, nicht nur im Libanon. Er wird auch bei uns von vielen verehrt. Das Interessante ist, dass dieser große Heilige überreligiös und überkonfessionell ist. Also auch Muslime kommen an sein Grab. Es waren sogar Muslime, die am Anfang seine Verehrung mit angeschoben haben. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass jemand, wie Charbel, der seinen Glauben aus tiefstem Herzen praktiziert hat, auch für die Gesellschaft heute noch ein Friedensbringer ist. Das ist wichtig, weil die Religion oft im Verdacht steht, Gewaltpotentiale freizusetzen. Charbel lehrt uns durch sein Leben und die Verehrung bis heute genau das Gegenteil: Religion muss dem Frieden dienen und ist Friedensdienst, wenn sie richtig praktiziert wird.

Welches Fazit ziehen Sie, mit welchen Eindrücken sind Sie von ihrer Reise zurück?

Bischof Hanke: Ich bin mit einer gewissen Traurigkeit aus dem Libanon zurückgekehrt, weil ich den Eindruck habe, dass angesichts der vielen aktuellen weltweiten Krisen dieses Land etwas aus dem Blick geraten ist. Ich denke, dass gerade auch unsere Schwestern und Brüder dort unsere Solidarität verdienen. Wir sollten sie nicht vergessen, ohne dass wir deswegen die anderen Konfliktherde vernachlässigen. Gerade der Libanon ist eines jener Länder, das auch biblische Relevanz hat und in diesen Ländern sollten wir unsere Schwestern und Brüder auch unterstützen, damit dort das christliche Leben nicht eines Tages erlischt.

Vielen Dank für das Gespräch!

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