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11.06.2008

Im Wortlaut: Schreiben des Bischofs von Eichstätt Dr. Gregor Maria Hanke, Vorsitzender des Stiftungsrates der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, an die Lehrenden und Studierenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Universität

Seit Wochen nun ist die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt in den Schlagzeilen. Kritik wurde geübt und immer wieder nach Gründen bzw. Ursachen für die gegenwärtige Situation gefragt. Es hat mich geschmerzt und ich bedauere es, dass trotz zahlreicher Gespräche um die ich mich bemüht und die ich geführt habe, auch manches Gespräch nicht zustande gekommen ist oder im Gespräch kein Konsens erzielt werden konnte. Ich kann gut verstehen, dass manchen von Ihnen die notwendigen Prozesse zu langsam abliefen und immer wieder die Forderung nach größerer Transparenz gestellt wurde. Das ist berechtigt und dies sehe ich als zukünftige Aufgabe für alle Beteiligten an. Ich bitte aber auch um Verständnis dafür, dass es die sehr komplexe rechtliche Materie, die Anforderungen an einen angemessenen Persönlichkeitsschutz der Beteiligten, die sensiblen Abstimmungsverfahren und anderes nicht zuließen, im großen Umfang eine breitere Öffentlichkeit sofort mit einzubeziehen.

Dieser Brief, den Sie nun in Händen halten, soll mein großes Anliegen und Bemühen deutlich machen, den unbestritten notwendigen und verbesserungswürdigen Kommunikationsprozess zwischen Hochschule und Träger weiter zu intensivieren. In diesem Zusammenhang wende ich mich heute auch mit einem Brief an den Senat unserer Hochschule, der über einige wichtige rechtliche Überlegungen informiert.

Seit ihrer Erhebung zur Katholischen Universität im Jahr 1980 ist unsere Hochschule zu einer Einrichtung von unschätzbarem Wert geworden. Viele Dozentinnen und Dozenten, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, aber auch viele Studentinnen und Studenten haben daran mitgewirkt. Wir können durchaus mit Dankbarkeit und Stolz auf unsere Katholische Universität und auf Ihre Leistungen blicken. Ich möchte das mir Mögliche dazu beitragen, um diese Universität weiter personell und finanziell zu stärken und auszubauen und zu einer exzellenten akademischen Einrichtung in der deutschen Hochschullandschaft zu machen. Ich weiß mich darin einig mit unserem Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI. Und ich schätze mich glücklich, dass wir uns bei dieser Aufgabe auch auf die volle und tatkräftige Unterstützung aller bayerischen Bischöfe stützen können.

Genauso wie die anderen Universitäten in diesem Land steht auch unsere Hochschule in der von Humboldt geprägten Universitätstradition. Da will und wird die Kirche nicht ausbrechen. Ganz im Gegenteil! Es geht darum, das universitäre Ideal, das sich in Deutschland entwickelt hat, zu verteidigen. In einer Zeit, in der sich Hochschulen zu reinen Ausbildungsstätten entwickeln, die auf bestimmte Berufe hinführen, oder zu gewaltigen Laboratorien, wo große Konzerne gegen Geld Produkte entwickeln lassen, ohne zu hinterfragen, was damit geschieht, in dieser Zeit ist es dringend notwendig, über das nicht ökonomisch zu reduzierende Wesen der Universität zu sprechen. Ich hoffe, die gegenwärtige Situation ist Anstoß und Verpflichtung, das Gespräch über die eigentliche Aufgabe der Universität und ihre Verantwortung für den Einzelnen und die Gesellschaft intensiv, offen, ehrlich und im gegenseitigen Respekt zu führen. In diesem Sinne legt es sich auch nahe, nicht in scheinbaren Widersprüchen zu denken: Katholizität oder Freiheit von Forschung und Lehre; Glaube oder Vernunft; Träger oder Hochschule. Als Trägervertreter stehe ich für diese Hochschule ein, fühle mich ihr und ihrem Gedeihen verpflichtet genauso wie Sie immer wieder gezeigt haben, dass Ihnen der Träger und seine Anliegen nicht fremd sind.

Bei all den damit sich ergebenden Fragen und notwendigen Suchbewegungen gilt: die Katholische Universität ist genauso konstruiert wie andere Universitäten in Bayern: Die gleichen Gremien, die gleichen Qualitätsstandards, die gleichen Abschlüsse und keinesfalls weniger Studieninhalte. Und an der Universität Eichstätt-Ingolstadt gilt dieselbe Freiheit von Forschung und Lehre, wie sie auch an den staatlichen Hochschulen gewährleistet sein sollte. Ebenso gilt in Eichstätt das akademische Selbstverwaltungsrecht.

Unbeschadet dessen braucht jede Universität aber Leitungsgremien, die planen, steuern, entwickeln und die strategischen Entscheidungen treffen. Nach den Maßgaben des bayerischen Hochschulrechts sind das vor allem die Hochschulleitung und der Hochschulrat. Bei der Besetzung dieser Gremien müssen immer Träger und Hochschule zusammen kommen. Bei den staatlichen Universitäten repräsentiert der Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst den Träger, in unserem Falle tut das der Vorsitzende des Stiftungsrats, also ich. Die Fachleute für Hochschulrecht sprechen in diesem Zusammenhang bei bestimmten Angelegenheiten von den sog. „res mixtae“, deren Erfüllung der Hochschule und dem Träger im gemeinsamen Zusammenwirken aufgegeben ist. So wirken beide, Träger und Hochschule, durch ihre Organe gemeinsam an der Bestellung etwa des Präsidenten der Universität mit; es gilt das Prinzip der doppelten Legitimation. Beide, Träger und Hochschule, müssen ihre Zustimmung geben.

Im jüngsten Falle der Besetzung des Präsidentenamts sah das in der neuen Grundordnung niedergelegte Wahlverfahren eine Beteiligung des Trägers erst nach der Wahl vor; auch die entsprechenden Personalunterlagen kamen viel zu spät und dazu noch unvollständig auf meinen Schreibtisch und überzeugten mich nicht. In diesen Prüfzusammenhängen kamen nach und nach weitere erhebliche Mängel der jetzigen Grundordnung zum Vorschein, die wesentlich ein Grund dafür sind, dass es jetzt zu solch großen Verzögerungen hinsichtlich der Nachfolge im Präsidentenamt kommt. Die Transparenz des gesamten Verfahrens muss hier verbessert werden.

Es muss daher eine Kommission eingesetzt werden, in der Träger und Hochschule gemeinsam diese Mängel beheben und die Grundordnung zügig nach entsprechenden Anforderungen modifiziert wird.

Deshalb wird die Stiftung in den nächsten Tagen in ihrer Verantwortung als Träger der Universität für die Zeit ab dem 1. Juli 2008 zwei Personen, die über ein ausgewiesenes wissenschaftliches Profil und hochschulpolitische Erfahrungen verfügen, als kommissarische Hochschulleitung benennen. Sie werden für den begrenzten Zeitraum bis zur Wahl der endgültigen Kandidatin bzw. des endgültigen Kandidaten Anfang 2009 für das Präsidentenamt die Amtsgeschäfte der Hochschulleitung führen. Nach Abschluss der vorbereitenden Gespräche mit beiden Persönlichkeiten werden wir Ihnen unverzüglich näheres bekannt geben. Ich bin überaus froh, dass damit an der Universität wieder normale Rahmenbedingungen für die eigentliche Aufgabenerfüllung garantiert sind.

Mit Ihnen gemeinsam möchte ich alles dafür tun, dass die endgültige Neubesetzung der Ämter des Präsidenten und Vizepräsidenten in einem geregelten Verfahren abläuft. Es wird also eine Übergangszeit geben, in der nun der neue Präsident oder die neue Präsidentin gesucht, gewählt und ernannt werden – diesmal unter rechtzeitiger Einbeziehung des Trägers –, und anschließend wird dieser Persönlichkeit auf ihren Vorschlag hin ein Vizepräsident oder eine Vizepräsidentin an die Seite gestellt.

Die Hochschule ist auch gegenwärtig keinesfalls führungslos. Prof. Schieren als Vorsitzender der Hochschulleitung hat um Entpflichtung erst zum 30. Juni 2008 gebeten. An dieser Stelle möchte ich ihm und auch Herrn Senatsvorsitzenden Prof. Fuchs, dessen Amtszeit mit dem heutigen Tag endet, nochmals ausdrücklich für ihren wertvollen Dienst danken.

Sehr geehrte Damen und Herren in Forschung, Lehre und Verwaltung, liebe Studentinnen und Studenten: Ich bitte Sie um Ihr Vertrauen und bin gewiss, dass wir gemeinsam die richtigen Schritte gehen können, wenn es jetzt darum geht, unserer Hochschule eine hervorragende Zukunft und auf Dauer einen besonderen Platz in der Wissenschaftslandschaft zu geben.

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