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14.04.2004

Giovanni Domenico Barbieri - Die Autobiographie des Barockbaumeisters neu übersetzt

Eichstätt. (pde) - Fast ein halbes Jahrhundert lang wirkte der aus Graubünden stammende Giovanni Domenico Barbieri (1704-1764) als Maurermeister und später als Baumeister im Dienst des Fürstbischofs von Eichstätt. Im Februar 1720 kam der gerade 16-Jährige hier an, um sich als Gehilfe des Baumeisters Gabriel de Gabrieli zu verdingen. Unverhofft tauchte vor wenigen Jahren seine handschriftliche Autobiographie auf: Im Jahr 1992 schenkte die Familie Roy-Sala dem Staatsarchiv Chur den italienisch-sprachigen Text mit dem Titel „Brevi Nottate di mia vita andante“. Soeben wurde dieser Text nun in einer zweisprachigen Ausgabe auf deutsch und italienisch im Regensburger Verlag Schnell & Steiner ediert.

Damit liegt jetzt eine faszinierende authentische Quelle über ein Leben im 18. Jahrhundert vor, das aus erster Hand interessante Einblicke in die Entstehungsgeschichte vieler Bauten im Bistum Eichstätt gewährt. Doch erfährt man auch viel über das harte Leben am Bau in der damaligen Zeit. Das Buch ist zugleich eine wichtige neue Quelle für die bayerische Denkmalpflege, weil es zahlreiche Hinweise und Datierungen bietet, durch die Zuschreibungen von Bauten korrigiert oder präzisiert werden können.

Der Verfasser zählt zu der Reihe der Graubündner Baumeister, die in dem kleinen abseits gelegenen Misox-Tal geboren wurden, welches vom San Bernardino-Pass in das Tessin hinabführt. Zwar ging Giovanni Domenico Barbieri, der im Januar 1704 in Roveredo geboren wurde und mit 60 Jahren in Eichstätt starb, nicht als großer Baumeister in die Kunstgeschichte ein – „seine Rolle lag mehr in der zweiten Reihe, er war der praktisch ausführende Baumeister“, charakterisiert ihn Emanuel Braun in seinem Vorwort. Doch seine Lebensbeschreibung entpuppt sich bei der Lektüre als ebenso lehrreich wie oft spannend und stets unterhaltsam.

Denn die „Nottatte“ handeln nicht nur von Bauwerken und ihrer Entstehung, sondern auch von Gefühlen, von familiären Ereignissen, Begegnungen, von Schicksalsschlägen, Betrügereien, von Frömmigkeit und Gewitztheit: So wusste Barbieri mit List eine Heirat in Bayern zu verhindern, die man ihm aufzwingen wollte; er zog es vor, sich seine Frau aus der Heimat zu holen.

Barbieri schrieb seine „Notizen“, um sich in der Fremde die Erinnerung an Familie und Vaterland zu bewahren, ebenso will er moralisch und spirituell belehren - etwa, dass man Unrecht verzeihen und geduldig ertragen müsse. Außerdem will er als praktische Lehre vermitteln, wie man sich in der Fremde verhalten soll.

In seinen Einträgen beschreibt der Verfasser zunächst seine Jugend im Misox-Tal, das nur wenigen Familien eine bescheidene Existenz sichern konnte - weshalb viele der Jungen auswanderten. Barbieri kam bereits mit 16 als Maurerlehrling nach Eichstätt, wo sein Vorbild Gabriel de Gabrieli, auch er ein Graubündner, als Architekt des Fürstbischofs wirkte. Meister Giovanni Rigaglia der Ältere, einer von Gabrielis Mitarbeitern, war beim Besuch in der Heimat auf den fleißigen Jüngling aufmerksam geworden und bot an, ihn nach Eichstätt mitzunehmen; der Vater war einverstanden. Zehn Tage lang dauerte der Marsch zu Fuß, und Barbieri kam am 6. Februar 1720 in Eichstätt an, „ohne Deutsch sprechen oder Bier trinken zu können“.

Man erfährt, dass Barbieri von Gabrieli wie ein Sohn behandelt und gefördert wurde - während dessen Nachfolger Maurizio Pedetti (1719-1799) zu seinem Rivalen wurde. Überhaupt lebte Barbieri gefährlich: Nur knapp verfehlte ihn einmal bei einem Bau ein schwerer Stein, den ein ihm nicht wohl gesonnener Maurer von oben auf ihn fallen ließ. Barbieris Aufzeichnungen erweisen sich so nicht nur als lehrreich, sondern aufgrund ihrer Authentizität unterhaltsamer und spannender als ein Roman.

Giovanni Domenico Barbieri (1704-1764). Ein Graubündner als Hofmaurermeister des Fürstbischofs von Eichstätt. Autobiographie und Ausgabenjournal, hg. von Silvio Margadant und Emanuel Braun, mit einer Einleitung von Massimo Lardi und Anmerkungen von Cesare Santi und Brun Appel. Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2004, 264 Seiten, Preis 16,90 Euro.

 

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