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09.11.2022

Forschungsprojekt „Zur Ehe berufen“ stellt Studienergebnisse vor

Gruppenbild mit den Bischöfe

Gruppenbild mit den Bischöfen Hanke, Oster und Voderholzer bei der Vorstellung der Studie „Zur Ehe berufen“ in Regensburg. Foto: Julia Wächter/Bistum Regensburg

Rupert Scheule, Professor für Moraltheologie an der Universität Regensburg

Rupert Scheule, Professor für Moraltheologie an der Universität Regensburg, leitete die Studie und stellte die Ergebnisse vor. Foto: Julia Wächter/Bistum Regensburg

Regensburg – Wie gut ist die kirchliche Ehevorbereitung? Dieser Frage hat sich ein Forschungsteam des Lehrstuhls für Moraltheologie der Universität Regensburg und des Zentralinstituts für Ehe und Familie in der Gesellschaft der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in den letzten drei Jahren unter der Leitung von Prof. Dr. Rupert Scheule gewidmet. Am vergangenen Freitag und Samstag fand das Abschluss-Symposium des Projekts unter dem Titel „Zur Ehe berufen. Eine empirisch-theologische Analyse kirchlicher Ehevorbereitungsangebote“ an der Universität Regensburg statt. In Vorträgen und Podiumsdiskussionen wurden die in den letzten Jahren erhobenen Befunde gemeinsam theologisch gedeutet und erste Perspektiven für die Praxis in den Diözesen entwickelt.

Durch eine Kooperation dreier Diözesen – Regensburg, Passau und Eichstätt – wurde das Projekt ermöglicht. Neben dem Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, der das überdiözesane, wissenschaftliche Projekt initiiert hatte, nahmen deshalb auch der Passauer Bischof Dr. Stefan Oster SDB und der Eichstätter Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB am Symposium teil. Als sich der Regensburger Bischof in den Anfängen des 2019 gestarteten Projekts mit seinen beiden Bischofskollegen aus Passau und Eichstätt über die Idee ausgetauscht hatte, war allen drei klar gewesen: „Es lohnt sich, sich auf dieses Projekt einzulassen.“

Bischof Rudolf Voderholzer betonte: „Nach der Familiensynode hatte der Heilige Vater die dringende Notwendigkeit einer Art ‚Ehekatechumenat‘, vergleichbar mit dem Katechumenat für die Erwachsenentaufe, in Erinnerung gerufen. Es gelte, die Vorschläge aus familiaris consortio umzusetzen. Diesen Appell wollten wir aufgreifen, und auf wissenschaftlich fundierter Basis alle verfügbaren Erfahrungen mit Ehekatechumenat, Ehebegleitung und Ehespiritualität sichten, auswerten und für ein Ehekatechumenat in den Bistümern Deutschlands fruchtbar machen.“

Ambitioniertes Forschungsprojekt – ermöglicht durch drei Diözesen

Über 1500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Ehevorbereitungskursen der Bistümer Eichstätt, Passau und Regensburg wurden seither nach ihren Erwartungen und ihren Erfahrungen mit den Kursen befragt. Dies geschah zu drei Messzeitpunkten: bei der Trauanmeldung im Pfarrbüro, am Ende des Ehevorbereitungskurses und acht Wochen nach dem Kurs. Die konkrete Forschungsfrage des Projekts war, welche Erwartungen und Befürchtungen die Brautleute angesichts kirchlicher Ehevorbereitungskurse haben, inwiefern sich diese Erwartungen und Befürchtungen bewahrheiten und welche Schlüsse daraus theologisch zu ziehen sind. Auch wurden Verantwortliche für die Ehevorbereitung in den USA, in Chile, Australien, Südkorea und Sierra Leone interviewt.

Wie Prof. Dr. Klaus Stüwe und Dr. Veronika Hecht von der KU Eichstätt-Ingolstadt darstellten, hat die Ehevorbereitung in den drei Bistümern eine hohe Qualität in den Augen der Brautleute. Obwohl viele von ihnen im Vorfeld eine geringe Motivation zeigen, geben hinterher mehr als 60 Prozent an, sie würden die Kurse wieder besuchen oder gar weiterempfehlen. „Das sind eigentlich Traumwerte“, so Prof Dr. Rupert Scheule, Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie an der Universität Regensburg, der das Projekt leitete. Sakramentalität allerdings sei ein Thema, mit dem die Menschen weniger anfangen könnten als man sich das theologisch wünsche. Die Themen „Kommunikation“ und „Beziehungsqualität“ seien ihnen wichtiger und wirkten auch noch lange nach, wie ebenfalls erhoben wurde.

Diese Ergebnisse konnten durch die Online-Erhebungen der digitalen Kurse, die von Andreas Dandorfer für das Bistum Regensburg und Christoph Kochmann für das Bistum Passau dargestellt wurden, sowie durch die vertieften Interviews mit ausgewählten Brautleuten bestätigt werden. Experten-Interviews mit Leitern von Ehevorbereitungskursen aus Nord- und Südamerika, Asien und Afrika sowie aus dem europäischen Ausland belegen freilich, dass sich die Probleme weltweit ähneln.

Ehevorbereitung: alles andere als schlecht.

Am ersten Tag des Symposiums stand dabei die Empirie und deren theologische Deutung im Vordergrund. Prof. Dr. Rupert Scheule und das Team des ZFG (Zentralinstitut für Familien in der Gesellschaft) um Prof. Dr. Klaus Stüwe beleuchteten noch einmal schlaglichtartig die wichtigsten Ergebnisse der Studie und kamen zu dem Fazit: Es ist alles andere als schlecht bestellt in Sachen Ehevorbereitung, was die drei Bistümer angeht. Die Inhalte der Kurse deckten sich weitgehend mit den Erwartungen der Paare und auch, wenn die Anfangsmotivation nicht bei allen Paaren gleich intensiv ausgeprägt war, so ging das absolute Gros der Paare am Ende des Tages doch zufrieden mit vielen Informationen und dem Gefühl, einen sinnvollen Tag zu zweit in Vorbereitung auf den großen Tag der kirchlichen Trauung verbracht zu haben. 

Die Ergebnisse der empirischen Studie wurden am Nachmittag dann von Frau Prof. Katharina Karl (Eichstätt), Frau Prof Annemie Dillen (Leuven), Herr Prof. Lintner (Brixen) und Dr. Jaroslaw Kozak (Lublin) in Kurzreferaten im Kontext der jeweiligen Fachdisziplin beleuchtet. Den Abschluss des ersten Tages bildete eine Podiumsdiskussion, die die Ergebnisse des Tages noch einmal aufnahm.

Ergebnisse für die Praxis nutzbar machen

„Der zweite Tag des Symposiums galt der Praxis der Ehevorbereitung. Im Podium entfalteten Referentinnen und Referenten aus den Bistümern Regensburg und Passau die verschiedenen Kursformate und deren Spezifika. „Es wurde immer wieder deutlich, welch große pastorale Chance mit den Seminaren verbunden ist, bieten sie doch die Möglichkeit mit Paaren in Kontakt zu treten, die oftmals im Pfarrleben nicht mehr anzutreffen sind. Und wenn dieser Kontakt mit Kirche – und das hat das Projekt nachgewiesen – oftmals nach anfänglicher Skepsis am Ende positiv von den Paaren erfahren wird, ist dies alles andere als gering zu schätzen“, berichtet Andreas Dandorfer von der Fachstelle Ehe und Familie im Bistum Regensburg.

„Es entstand eine spannende Diskussion darüber, ob heiratswillige Paare in einer immer stärker säkularisierten Gesellschaft über einen längeren Zeitraum auf das Sakrament der Ehe vorbereitet werden sollten. Es wurde sehr intensiv über das Für und Wider diskutiert und es kam die Frage auf, ob eine intensivierte Ehevorbereitung nicht auch dazu führen könnte, dass sich Paare am Ende eher für eine freie Trauung entscheiden könnten“, berichtet Pastoralreferent Andreas Dandorfer: „Mitzudenken ist nämlich auch der Lebensabschnitt, in dem das Gros der Paare sich befindet, der als ‚Rushhour des Lebens‘ bezeichnet wird, eine Phase, in der viele Anforderungen gleichzeitig auftreten – der Beruf, der oftmals sehr viel zeitliche wie auch örtliche Flexibilität fordert, oftmals auch der Bau eines Eigenheims.“ Die engagiert geführte Diskussion führte deutlich vor Augen, dass die Ausrichtung des Projekts die wesentlichen Fragen, die im Kontext der Ehevorbereitung auftreten, getroffen hat.

Der Passauer Bischof Oster zeigte sich dankbar für die Projektergebnisse und lobte die harte Arbeit der Kursleiter. Er stellte jedoch fest, die Kirche sei „mit ihrem Anspruch immer weiter runtergegangen“, so Bischof Oster. Der Eichstätter Bischof Hanke sprach sich für vertiefende Modelle aus, wie sie als mehrmonatiges Ehekatechumenat etwa in Italien oder Polen angeboten werden. Den Menschen müsse nach den Kursen klar sein, was sakramentale Ehe bedeute. „Wir müssen Erfahrungsräume anbieten, damit diese existenzielle Entscheidung bewusst werden kann“, forderte Hanke.

„Eine heilsame Selbstkritik“ – Nachsynodales Apostolisches Schreiben Amoris Laetitia als Impulsgeber

Anlass, das Projekt zu initiieren, war für den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer nicht zuletzt das Nachsynodale Apostolische Schreiben Amoris Laetitia von Papst Franziskus, das sich der Krise der christlichen Ehe offen gestellt und der Kirche „eine heilsame Selbstkritik“ (AL 35) in Sachen Ehe geraten hat. So mahnt der Papst in Übereinstimmung mit der Familiensynode einen größeren Einsatz der gesamten christlichen Gemeinde an „im Hinblick auf die Vorbereitung der Brautleute auf die Ehe“ (AL 206). Es gehe nicht darum, den Brautleuten „den gesamten Katechismus beizubringen, noch darum, sie mit allzu vielen Themen zu übersättigen“ (AL 207). Vielmehr setzt der Papst auf „Gruppen für Verlobte und zusätzliche Gesprächsangebote über eine Vielfalt von Themen, welche junge Leute wirklich interessieren“ (AL 208).

Text: Andreas Dandorfer / Julia Wächter – Bistum Regensburg

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