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07.07.2004

„Feier des Glaubens ohne Hintergedanken an einen bestimmten Nutzen“ - Bischof Koch wendet sich beim Willibaldsfest in Eichstätt gegen eindimensionale Sicht des Gottesdienstes

Eichstätt, 07.07.04. (pde) – Vor dem verbreiteten Trend, kirchliches Leben ausschließlich und vorrangig unter Gesichtspunkten des Nutzens und der Machbarkeit zu bewerten, hat der Bischof von Basel, Prof. Kurt Koch, gewarnt. Als er in seiner Zeit als Vikar einmal im Religionsunterricht über das Tischgebet gesprochen habe, sei ihm von einem Viertklässler erklärt worden: „Nein, das brauchen wir nicht, unsere Mutter kann gut kochen“. Dieser Schüler habe treffend zum Ausdruck gebracht, worin die Not und die Unmöglichkeit des Gottesdienstes heute bestehe: in der durchgehenden Konzentration auf das Machen und den Nutzen. Gebet und Gottesdienst, vor allem aber die Eucharistie seien jedoch nicht bloße Vorbereitung auf das Handeln und Machen, gleichsam zur „moralischen Aufrüstung der Christen und Christinnen“, sondern zuallererst „Feier des Glaubens, in der Gott ohne Hintergedanken an einen bestimmten Nutzen gelobt wird“. Beim Tag der pastoralen Dienste anlässlich des Willibaldsfestes in Eichstätt rief Bischof Koch dazu auf, das „Geschenk des richtig verstandenen Gottesdienstes“ den Menschen zu bringen, die gehetzt stets auf dem Laufenden sein wollen und alles nach den Kriterien Funktionalität und Effizienz beurteilen.

Die Eucharistie sei die Mitte der Kirche und des kirchlichen Lebens. Deshalb treffe die beinahe dramatische Verringerung der Teilnahme am Sonntagsgottesdienst in den vergangenen Jahrzehnten die Kirche in ihrem Kern. Erfahrungen und auch wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass die Teilnahme am gemeindlichen Sonntagsgottesdienst ein Gradmesser für die sonstige Teilnahme am kirchlichen Leben sei.

Die heutige Krise des Gottesdienstes sei in erster Linie eine Krise der Zeit und des modernen Zeitgefühls, stellte der Bischof von Basel in seinem Referat fest. „Die Menschen lebten früher 40 Jahre plus ewig. Heute leben sie jedoch nur 90 Jahre. Dies ist ungemein viel kürzer“. Für die Menschen in früheren Zeiten gehörte die Ewigkeit selbstverständlich zum Leben hinzu. Heute jedoch konzentrierten sich viele sosehr auf das irdische Leben, dass man beinahe den Eindruck gewinne, ihr Leben sei die letzte Gelegenheit. Sie seien dazu verurteilt, „vor allem auf ihr eigenes Wohlbefinden zu schauen, das Meiste und Beste aus dem Leben herauszupowern – natürlich für sich selbst – und dabei immer schneller zu leben“. In diesem „Klima der gehetzten Eile“ hätten Gottesdienst und Gebet keinen Raum und keine Chance. Die Zeit des Gebetes sei eine Zeit des Wartens und Wachens, die als befristete Zeit die Gegenwart erst richtig erfahrbar mache. Damit würden Gebet und Gottesdienst zu einem Heilmittel gegen den Zeitverlust.

Die Not des Gebetes hängt nach den Worten von Bischof Koch auch mit einer modernen Weltsicht zusammen, die „von den Stichwörtern der Effizienz und der Funktionalität imprägniert“ sei. „Wie macht man das?“ sei die alles entscheidende Frage geworden und habe weithin auch Einzug in die Kirche gehalten. Dem entgegen stehe der eigentliche Sinn von Gebet und Gottesdienst, in denen etwas geschehe, was dem Handeln Gottes entspringe und die menschliche Bereitschaft erfordere, sich helfen zu lassen. Es falle heute allerdings vielen schwer, Gebet und Gottesdienst zumindest so viel zuzutrauen wie der eigenen Leistung.

„Religion ja – ein persönlicher Gott nein“, auf diese Kurzformel könnte man das religiöse Empfinden vieler in der heutigen Zeit bringen, so Koch. Zu einem so verstandenen Gott könne man allerdings nicht beten. Denn Gebet und Gottesdienst setzen eine persönliche Beziehung zu Gott und seinem Jesus von Nazareth offenbar gewordenen Sohn voraus. Gerade Jesus Christus sei oft allerdings allenfalls noch eine Offenbarungsgestalt unter vielen, der Christusglaube werde selbst unter Christen klein geschrieben. Dabei stehe allerdings die Identität des Christentums und der christlichen Kirche auf dem Spiel. „Wie wir uns angewöhnt haben, gegenüber den Mitmenschen tolerant zu sein und ihre Eigenarten zu respektieren, so müssen wir auch Gott erlauben, sich uns so zu zeigen und zu offenbaren, wie er es will. Wenn er uns so nahe kommen will wie er es in seinem Sohn getan hat, dann sollten wir dies zumindest tolerieren, sodann aber dankbar annehmen und daraus leben“.

Die Unfähigkeit vieler Menschen zum Beten wurzelt nach den Worten von Bischof Koch auch in der Unfähigkeit zur Dankbarkeit. „Wo alles für selbstverständlich gehalten wird, da muss letztlich auch das Gebet verstummen“. Der Gottesdienst bringe es an den Tag, dass bei allem Engagement, das die Menschen investieren, das Entscheidende von Gott gewirkt wird und dass ihm der erste Dank gebühre. Wie selbstverständlich münde dann die Feier des Gottesdienstes in die Sendung und den Auftrag. Das alte „Ite missa est“ in der Liturgie der Kirche habe letztlich so viel bedeutet wie „Jetzt ist genug gebetet, nun geht es an die Arbeit“. Je tiefer man Gottesdienst feiere, desto mehr werde man bereit sein, das in den Alltag umzusetzen.

In seinem Referat warb Bischof Koch dafür, zu einem Verständnis von Eucharistie zurückzufinden, das Abstand nehme von der eindimensionalen Sicht, es gehe nur um ein „einfaches Mahl der alltäglichen Geschwisterlichkeit“. Die Eucharistie verbinde Himmel und Erde, wie es Papst Johannes Paul II. beschreibe, selbst wenn sie nur auf dem kleinen Altar einer Dorfkirche gefeiert wird.

 

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