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21.11.2005

„Advent ist die Zeit, in der Sehnsucht aufkommen darf“ - Experten geben Tipps für eine „entschleunigte“ Adventszeit

Eichstätt. (pde) - Advent - dieser Zeit sehen viele Menschen mit gemischten Gefühlen entgegen. Statt Vorfreude und Lichterzauber bestimmen Stress und überhöhte Erwartungen den Alltag. Mit dem Entzünden der ersten Adventskerze beginnt der Wettlauf gegen die Zeit: Welche Plätzchen müssen noch gebacken, welche Karten geschrieben, welche Geschenke besorgt werden? Dass es auch anders geht, sagen zwei „Experten“ in Sachen Vorweihnachtszeit: Dr. Peter Ulrich, Leiter des Referats „Ehe und Familie“ der Diözese Eichstätt, und Dr. Michael Kleinert, Leiter des Exerzitienreferats auf Schloss Hirschberg.

„Lieber wenig machen, das jedoch gut und konsequent“, so lautet ein Tipp von Ulrich. „Entschleunigung“ heißt hier das Zauberwort. Das bedeutet: Nicht jeden Tag voll stopfen mit Aktivitäten, sondern zum Beispiel nur am Adventssonntag in der Familie ein Ritual einführen. Das kann darin bestehen, die Kerzen am Adventskranz anzuzünden, einen Text zu lesen, ein Lied zu singen und eine Kleinigkeit zu basteln. Jugendliche, die mit solchem „Familienkram“ nichts mehr am Hut haben, brauchen Freiräume für eigene Aktionen. Ulrich weiß, dass junge Leute durchaus aufgeschlossen sind für die Stimmungen, die die Adventszeit zu bieten hat. „Gerüche und Lichtsymbolik sind Dinge, die Jugendliche faszinieren.“ Einige Pfarreien bieten in den Morgenstunden „Frühschichten“ oder Roratefeiern für junge Leute an. „Manche Jugendliche entwickeln gerade in der Vorweihnachtszeit soziales Engagement“, berichtet Ulrich. Sie tun sich zusammen, musizieren im Altersheim oder betreuen einen Rollstuhlfahrer. Für all diese Aktivitäten gilt: Die Jugendlichen müssen die Ideen alleine entwickeln. „Es darf auf keinen Fall von den Eltern kommen.“ Nur dann haben die Jugendlichen Spaß an der Sache und sind empfänglich für die Dankbarkeit, die ihnen von den „beschenkten“ Menschen entgegengebracht wird.

Überhaupt, das Thema Geschenke: Hier gilt es, das eigene Verhalten zu hinterfragen. „Man kann auch anders schenken als im Kaufrausch“, meint Ulrich. „Es kommt nicht auf die Größe und die Wertigkeit an, sondern auf den Ausdruck - nämlich, wie ich Dankbarkeit ausdrücke.“ Der Sinn des Schenkens bestehe nicht im Konsum und im „sich gegenseitig übertrumpfen“: „Das größte Geschenk ist Christus an die Welt. Wir als Christen können nichts zurückschenken - wir können das Geschenk nur annehmen.“ Aus Dankbarkeit dafür sei Weihnachten zum Fest der Geschenke geworden. Doch Dankbarkeit oder Wertschätzung könne man auch durch ganz andere Gesten ausdrücken, meint Ulrich: Etwa durch ein Gespräch, in dem man seinem Gegenüber erzählt, worüber man sich in letzter Zeit besonders gefreut hat. Ganz falsch ist es, wenn innerhalb der Familie ein Wettbewerb um das schönste, teuerste oder originellste Geschenk entsteht. „Zeit“ zu schenken, ist hier eine gute Alternative, meint Ulrich: „Ein Taufpate kann zum Beispiel statt des obligatorischen Computerspiels einen Gutschein für einen gemeinsamen Schwimmbadbesuch überreichen.“ Erwachsenen empfiehlt Ulrich, sich ab und zu eine „Auszeit“ vom Weihnachtsstress zu nehmen. „Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, kann ich mich zum Beispiel zehn Minuten in eine Kirche setzen, um zur Ruhe zu kommen.“

Die drei Ratschläge von Dr. Michael Kleinert vom Exerzitienreferat der Diözese Eichstätt zielen in eine ähnliche Richtung. „Die Langsamkeit entdecken lernen“, lautet sein erster Tipp für die Adventszeit. „Das könnte konkret heißen, sich für alles, was ich tue, in der Adventszeit ein bisschen mehr Zeit zu nehmen, um es bewusst tun zu können.“ Also für den Weg zur Arbeit drei Minuten mehr einzuplanen, um nicht hetzen zu müssen. „Das kann auch bedeuten, beim Frühstück nur zu frühstücken und nicht auch noch Zeitung zu lesen, Radio zu hören und mit der Familie zu besprechen, was besorgt werden muss.“ Ziel ist es auch hier, mehr Ruhe in den Alltag zu bringen. Kleinerts zweiter Ratschlag lautet: „Den Tag anschauen wie einen Film.“ Advent bedeute Ankunft und die Tage der Vorweihnachtszeit könnte man nutzen, um zu überlegen: „Wo ist heute Gott bei mir angekommen?“ Wie in einem Heimkino sollte man abends den Tag noch einmal vor dem inneren Auge ablaufen lassen, meint Kleinert. „Dabei kann ich auf meine Begegnungen und Gefühle schauen und auf das, was ich getan habe.“ So könne man auf Dinge stoßen, die man tagsüber gar nicht wahrgenommen habe. Manches werde transparenter. „Es kann sein, dass mir abends noch ein Licht aufgeht.“

Der Advent ist für viele Menschen die Zeit, in der man gerne eine Kerze anzündet und Tee trinkt. Der Theologe sieht es so: „Es ist die Zeit, in der Sehnsucht aufkommen darf.“ Für Kleinert kann diese Sehnsucht zu einem Ort werden, „wo mir Gott begegnen will“. Die zauberhafte Stimmung der Adventszeit sollte man nutzen, so sein dritter Ratschlag, um sich Gedanken zu machen: Wonach sehne ich mich in meinem Leben? Was wünsche ich mir? „Man kann die Adventszeit als Gelegenheit sehen, wo Gott etwas in mir wachsen lassen möchte.“ Und wer sich darüber Gedanken macht, ist plötzlich ganz weit weg vom Weihnachtsstress...

 

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