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25.08.2022

„Ich werde mich nicht wegducken:“ der neue Generalvikar Michael Alberter im Porträt

Der neue Generalvikar Michael Alberter auf dem Fahrrad.

Die meisten kürzeren Strecken legt der neue Eichstätter Generalvikar Michael Alberter mit dem Fahrrad zurück. Foto: Anika Taiber-Groh/pde

Eichstätt. (pde) – Notizbuch, Kugelschreiber, und das Handy mit dem Terminkalender: Michael Alberter ist vorbereitet. Trotzdem lässt er das Gespräch im schlichten Konferenzraum auf sich zukommen: Hört zu, antwortet präzise, achtet aufmerksam auf den Gegenüber, gespannt auf das was kommt. „Ich bin neugierig, ich bin interessiert“: Einer Herausforderung weicht Alberter auf keinen Fall aus. Ab dem 1. September ist er der neue Generalvikar im Bistum Eichstätt. Der 43-Jährige gibt zu: „Ein bisschen Abenteuer ist das auch.“

Ein Abenteuer, auf das Alberter jahrelang hingearbeitet hat, wohl größtenteils ohne es zu bemerken. Am 16. Januar 1979 in Roth geboren, wächst er in Aberzhausen in Mittelfranken auf. Ein kleines Dorf, knapp 30 Häuser, eine Kirche im Ort. Es ist ein idyllisches, behütetes Umfeld mitten im Grünen: der Vater Postbeamter, die Mutter gelernte Krankenschwester, dann Hausfrau mit Michael und seinen drei jüngeren Geschwistern. Im Nebenerwerb haben sie sich eine kleine Landwirtschaft selbst aufgebaut: eine Schafzucht mit ein paar Dutzend Tieren, Hühner, Tauben, Katzen. „Andere würden bei uns Urlaub auf dem Bauernhof machen. Für mich war das ganz normal, so ist jeder bei uns aufgewachsen“, erzählt Alberter. „Für uns Jugendliche war es damals auf dem Dorf hauptsächlich nervig, nicht wegzukommen“, sagt er und lacht. Alberter schlug nach dem Qualifizierenden Hauptschulabschluss zunächst einen klassischen Ausbildungsweg ein. Bei der Sparkasse lernte er Bürokaufmann, konnte sich dann aber nicht vorstellen, dauerhaft am Schalter oder im Vorzimmer zu arbeiten. Er wurde Sparkassenkaufmann und nahm das Angebot an, sich zum Sparkassenfachwirt weiterzubilden. Zahlen, Strukturen, effiziente Abläufe: Seine Affinität dazu hat er nie verloren.

Trotzdem schlummerte da noch etwas anderes in ihm. Etwas, dem er erst gar nicht nachging: „Ich hatte gar keinen Grund gehabt, über das Priestertum nachzudenken“, erinnert sich Alberter. Er war in der katholischen Landjugendbewegung aktiv, wurde dort Vorstand und kam als Jugendvertreter in den Pfarrgemeinderat in Laibstadt. Der Glauben gehörte eben dazu. Um die Jahrtausendwende kam ein neuer Pfarrer in den Ort, Martin Fuchs. Er erkannte in Alberter etwas, das er selbst noch nicht sah. Und so fragte er ihn, als sie bei einer Dorfveranstaltung zusammen saßen: „Michael, wäre das nicht was für dich?“ Priesterseminar, Theologie studieren – „Ich hab mich irgendwie ertappt gefühlt. Denn eigentlich war ich nicht so weit davon weg. Er hat da das Richtige getroffen.“ Aber bei der Sparkasse ist er damals fast wie verbeamtet, leichtfertig wollte Alberter seine Stelle nicht aufgeben. Eine Herausforderung, ein Sturz ins Wagnis Studium: Im Frühjahr 2003 kündigte Alberter schließlich. Von alten Sprachen hatte er keine Ahnung, aber den Willen, sich reinzuknien: „Es hat mir wirklich von Anfang an Freude gemacht. Vielleicht ist es mir auch deswegen relativ leicht gefallen – auch wenn ich viel gelernt habe, viele Abende vor den Büchern saß.“ Er erinnert sich an eine Nacht, als er einen Kommilitonen um 4 Uhr in der Bibliothek traf – nach dem Fischerfest. Wer feiern konnte, konnte eben auch arbeiten. Und Alberter mochte die Herausforderung Studium: „Mich haben die Themen interessiert, dieses Nachdenken über theologische Fragestellungen, sich das Wissen dazu anzueignen.“

Auch das Gemeinschaftsleben im Priesterseminar – damals noch mit 40 bis 50 Personen – war das richtige für ihn. „Von der Struktur profitiere ich bis heute. Das Gebetsleben in den Arbeitsalltag zu integrieren ordnet den Tag für mich.“ Nach einem Jahr in Rom kehrte er zurück und kam schließlich in den Pastoralkurs nach Neuendettelsau. Im Landkreis Ansbach ist das mitten in der Diaspora – die Katholikinnen und Katholiken sind also in der Minderheit. „Ich war erst erschrocken, es war eine ungewohnte Situation, dann war es aber eine schöne, sehr prägende Zeit“, sagt Alberter. Die ökumenische Zusammenarbeit lief gut, und was ihm besonders gefiel, war das lebendige Gemeindeleben: Nach dem Sonntagsgottesdienst blieb man zusammen, junge Familien holten, was sie daheim fürs Mittagessen vorbereitet hatten, und aßen gemeinsam im Pfarrheim. „Das war schön, das habe ich vorher so nicht gekannt“, erinnert sich Alberter. Von dem dortigen Pfarrer Stephan Müller nahm er vieles mit – zum Beispiel das kollegiale Miteinander und das Arbeiten an einem Strang im Pastoralteam. Müller, heute Klinikseelsorger in Nürnberg, erinnert sich an einen offenen, interessierten Menschen: „Er war sehr umsichtig, hat viel in den Blick genommen.“ Gemeinsam hätten die beiden regelmäßig reflektiert und zum Teil stundenlang beim Essen über Entwicklungen und Beobachtungen gesprochen. Außerdem sei er achtsam den Menschen gegenüber gewesen: „Es sind Kontakte entstanden, die bis heute halten.“

2010 war es dann so weit: Bischof Gregor Maria Hanke weihte Alberter zum Priester. Der hatte keine Zweifel: „Es hat sich alles richtig angefühlt.“ Aber zurückzuschauen, mit Entscheidungen zu hadern, das ist sowieso nicht sein Ding. „Wenn ich mich für etwas entschieden habe, dann stehe ich dazu. Dann gehe ich diesen Weg.“ Und das, so stellt er fest und schmunzelt dabei, „ging bisher immer gut.“ Als Priester keine eigene Familie gründen zu können, sei für ihn daher auch nie zum Problem geworden: „Das gehörte für mich dazu und ist nur die logische Folge meiner Entscheidung für die Priesterweihe.“ Heute sei er außerdem dankbar, für den Dienst als Priester frei zu sein. „Ich kann meine ganze Zeit und meine ganze Kraft investieren.“

Alberter verbrachte seine Kaplansjahre in Hilpoltstein und später in Neumarkt, wo er auch Dekanatsjugendseelsorger wurde. 2013 wurde er Pfarrer von Schelldorf und blieb auch dort Jugendseelsorger. Er strukturierte die Pfarrverwaltung um, betreute die Renovierung von vier Kirchen und stabilisierte die Finanzen von vier Kirchenstiftungen. Nach fünf Jahren bewarb er sich im Pfarrverband Nürnberg Südwest/Stein – Alberter suchte eine neue Herausforderung. Bei seiner Verabschiedung in Schelldorf waren Landrat, Bürgermeister, Vereinsvertreterinnen und -vertreter und alle, die in irgendeiner Weise mit ihm zusammen gearbeitet hatten, dabei. Ein Zeichen für eine funktionierende Gemeinschaft. In Nürnberg erwartete ihn eine ganz andere Situation als in der kleinen Pfarrei: „Das waren andere Dimensionen: In Schelldorf hatte ich rund 900 Katholikinnen und Katholiken, in Nürnberg waren es dann 13.000“, erzählt Alberter. Und er kam zu einer schwierigen Zeit: Drei vormals selbstständige Pfarreien waren zu einem Pfarrverband zusammengefasst worden. Ein Prozess, der in vielen Orten nicht reibungslos abläuft – Ängste und Streitereien sind fast vorprogrammiert, wenn alte Gewohnheiten aufgegeben werden müssen. Der Mangel an Priesternachwuchs und die sinkenden Zahlen der Katholikinnen und Katholiken lassen aber kaum eine andere Wahl. Alberter sah selbst das als Chance. „Ich wusste, das geht nur als Team.“ Und so trat er dort mit Pfarrvikar, Kaplan, Diakon, den beiden Gemeindereferentinnen, einer Religionslehrerin und den Ruhestandspfarrern im Pfarrverband immer gemeinsam auf. Ein Schlüssel war, die Gemeindemitglieder auf dem Weg mitzunehmen: „Es gab keine örtlichen Schwerpunkte. Die einzelnen Personen hatten Zuständigkeiten, aber immer für den ganzen Pfarrverband.“ Alberter band das komplette Team mit ein, so fühlten sich auch alle mitverantwortlich. Gleichzeitig hörte Alberter in den Pfarreien aufmerksam zu: Welche Traditionen gibt es dort, was ist den Menschen wichtig?

Strukturen schaffen, Verwaltungen verschlanken, dabei nah bei den Menschen sein: Dass diese Fähigkeiten nicht nur in Nürnberg wichtig sind, merkte auch der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke. Obwohl die beiden nur zu den üblichen Gegebenheiten zusammen kamen – Bischofsabend im Priesterseminar, Bischofsbesuche in der Pfarrei in Schelldorf, Tag der pastoralen Mitarbeitenden in der Willibaldswoche – wurde der Bischof auf ihn aufmerksam. Ausschlaggebend sei Alberters Zeit in Nürnberg gewesen. „Dort hat er eine sehr gute Arbeit geleistet“, sagt Hanke. „Mich beeindruckt, dass er ein so begeisterter Seelsorger ist. Die Verbindung zwischen seiner Nähe zum Menschen und seiner strukturierten Arbeit zeichnet ihn aus.“ Für die Zukunft erhofft er sich, dass sich Alberter stark der Seelsorge widmet: „Die notwendigen strukturellen Veränderungen im Bistum sollen der Verlebendigung der Pastoral dienen“, so Hanke. Als Generalvikar wird Alberter eng mit dem Bischof zusammen arbeiten. „Persönlich befreundet sind wir bisher nicht, dazu gab es noch keine Gelegenheit“, sagt Alberter.

Wer das Leben so mit Arbeit ausfüllt, braucht der nicht auch einen Ausgleich? Ein richtiges Hobby habe er nicht, erklärt Alberter. Klassische und moderne Musik, Spazierengehen oder Walken und Radfahren machen ihm trotzdem Spaß. Für kürzere Wege greift er fast immer zum Fahrrad. Und wenn er dann doch mal Zeit hat, nimmt er die Tageszeitung oder aktuelle theologische Literatur zur Hand, auch ein klassischer Krimifilm darf sein. So richtig brauchen tut er das aber nicht. Seine Arbeit „schaffe“ ihn nicht, erklärt Alberter: „Mir wird es selten zu viel. Und wenn, dann treffe ich die Entscheidung: Jetzt höre ich auf.“ Eine klare Abgrenzung, klare Struktur: Beste Voraussetzungen für seine Zukunft als Generalvikar.

Die Aufgaben werden ihm in seiner neuen Position nicht ausgehen. Er ist damit Stellvertreter des Bischofs, er leitet die Verwaltung der Diözese und das Bischöfliche Ordinariat Eichstätt. Letzteres steht vor finanziellen Einsparungen, denn die abnehmende Anzahl an Kirchensteuerzahlerinnen und -zahlern fordert ihre Konsequenzen. Die Mittel für den Erhalt von sanierungsbedürftigen Kirchen und anderen kirchlichen Gebäuden schwinden, die Zahl der Ehrenamtlichen nimmt ab, der sonntägliche Gottesdienstbesuch ist für immer weniger Menschen selbstverständlich. Alberter weiß, dass das schwierig wird. Aber eines ist für ihn klar: „Ich werde mich nicht wegducken.“ Er werde sich bei jedem Problem informieren, mit den entsprechenden Fachleuten beraten und gemeinsam nach der besten Lösung suchen. „Ich bin ja nicht alleine, ich will immer diejenigen hinzuziehen, die sich mit dem Thema gut auskennen.“ Wichtig ist ihm vor allem, die pastorale Arbeit in den Pfarreien und Pfarrverbänden auch in Zukunft zu ermöglichen. „Dafür setze ich mich ein: Das Evangelium in der Fläche zu verkünden.“

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