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10.06.2024

„Für die Menschen da sein“: Notfallseelsorger im Einsatz in Hochwassergebieten

Diakon Thomas Rieger (links) hat die psychosoziale Notfallversorgung beim Hochwasser im Landkreis Donau-Ries koordiniert. Foto: Michael Dinkelmeier

Eichstätt. (pde) – Sie sind bereits seit über einer Woche Tag und Nacht im Einsatz – die Hilfskräfte in den Hochwassergebieten in Bayern. Da sitzt jeder Handgriff, die Rollen sind klar verteilt. Eine davon ist, den Menschen in ihrer Not auch zuzuhören, wenn ihre Welt aus den Fugen gerät – die Menschen in den schwersten Stunden nicht alleine lassen: Das ist die Aufgabe von Notfallseelsorgern.

Thomas Rieger, Diakon und Leiter der Notfallseelsorge im Bistum Eichstätt, war und ist in den vergangenen Tagen im Landkreis Donau Ries tätig gewesen und hat dort die psychosoziale Notfallversorgung koordiniert. Im Interview erklärt er, worum es bei diesem Dienst geht.

Herr Rieger, inwiefern können Sie in diesen Tagen die Menschen, die so viel verloren haben, auffangen?

Thomas Rieger – Wir gehen zu den Menschen raus. Wir zeigen, dass wir für sie da sind, schenken ihnen ein Ohr, hören ihnen zu, dass sie ihre Sorgen, ihre Furcht los bekommen und vielleicht auch mal schimpfen über das eine oder andere, was sie belastet.

Mit welchen Belastungen haben die Einsatzkräfte zu kämpfen?

Die Einsatzkräfte insbesondere die Feuerwehr, aber auch vom Technischen Hilfswerk oder der Polizei, von der Wasserwacht, von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft sind mittlerweile seit Tagen im Einsatz. Manche von ihnen sind wirklich schon seit Tagen aktiv, andere warten darauf, ob sie gebraucht werden. Das alles macht etwas mit den Einsatzkräften. Zu bedenken ist auch, dass viele Feuerwehrkameradinnen und -kameraden aus Orten, die überschwemmt worden sind, auch selbst Betroffene sind und oder deren Eltern und Angehörige zu Betroffenen geworden sind.

Gibt es etwas, was Ihnen persönlich nahe gegangen ist?

Für mich und den Feuerwehrseelsorger Oliver Stutzky aus der Diözese Augsburg, mit dem ich zusammenarbeite, ist es natürlich so, dass es auch Heimat ist. Wir kennen die Orte, wir kennen Menschen aus diesen Orten. Uns wird bewusst, sie haben Hab und Gut verloren. Wenn man mal draußen ist in den Einsatzgebieten und von Menschen dann ins Haus geführt wird und sie einem zeigen, wie der ganze Keller unter Wasser steht und das ganze Erdgeschoss voll steht mit dem, was wir aus dem Keller alles raus geräumt haben, wenn man in ein Überschwemmungsgebiet reinfährt und alles so auf dem Wasser schwimmen sieht, das ist nicht so, dass das einem überhaupt nicht nahe geht. Aber wir haben auch gelernt, das Ganze wieder auf Distanz zu bringen, damit wir mit solchen Situationen umgehen können.

Haben Sie den Eindruck, dass wahrgenommen wird, wie hier Kirche bei den Menschen ist?

Es ist schwer zu sagen, ob die Menschen unsere Arbeit mit Kirche in Verbindung bringen. Wir haben auf der Einsatzjacke auf dem Rücken schon das Wort Notfallseelsorge drauf stehen und sicherlich lesen das die Menschen auch. Vielleicht wird ihnen im Nachgang bewusst: Mensch, da war ein Seelsorger da, der hat sich um mich gekümmert, der war für mich da. Und damit haben wir, glaube ich, den größten Dienst erreicht: Für die Menschen da zu sein.

Die Fragen stellte Bernhard Löhlein

 

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