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21.02.2023

Kriegsangst und Existenznöte: mehr Anrufe bei der Telefonseelsorge

Mann am Telefon. Foto: M. Gloger/TelefonSeelsorge Deutschland e.V.

Der Krieg in der Ukraine und steigende Lebenshaltungskosten beunruhigen viele Menschen, wie Zahlen der Telefonseelsorge belegen. Foto: M. Gloger/TelefonSeelsorge Deutschland e.V.

Eichstätt/Ingolstadt. (pde) – 11.158 Seelsorge- und Beratungsgespräche hat die Telefonseelsorge Ingolstadt im vergangenen Jahr geführt – rund 300 mehr als noch 2021. Das geht aus dem Jahresbericht der gemeinsamen Einrichtung der Diözese Eichstätt und der Diakonie hervor. Kriegsangst und Existenznöte sind zunehmend Gründe für Sorgen.

„Der Krieg in der Ukraine beschäftigt viele Anruferinnen und Anrufer. Im März 2022 ging es in mehr als zehn Prozent der Gespräche um dieses Thema, oft verbunden mit Gefühlen der Einsamkeit und Angst“, berichtet Hans Iberl, Leiter der Telefonseelsorge Ingolstadt. Bei den ältesten Anruferinnen und Anrufern würden Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg wach: „Einige von ihnen, die damals traumatische Erlebnisse hatten, erzählen, dass sie unter Schlafstörungen und Panikanfälle leiden.“ Bei jüngeren Ratsuchenden gehe es vor allem um die Angst, dass sich der Krieg in der Ukraine zu einem Weltkrieg ausweiten könne und es zum Einsatz von Atombomben kommen könnte. „Das Reden am Telefon hilft ihnen, wieder ruhiger zu werden, sie können sich durch das Gespräch entlasten“, sagt Iberl.

Neu auf der Sorgenliste sind im Jahresbericht „Existenznöte durch Kostenexplosion“, die im vergangenen Oktober in fünf Prozent der Gespräche genannt wurden. „Wie bereits in den Jahren 2020 und 2021 haben sich bei Menschen in Krisen und Nöten die Sorgen durch Corona weiter verschärft. Sie sind dankbar, anonym und kostenfrei mit jemanden reden zu können, ihre Sorgen zu teilen und manchmal gemeinsam zu beten“, erzählt Iberl. Die durchschnittliche Dauer eines Gesprächs liegt bei 25 Minuten. Die fünf wichtigsten Themenbereiche bei den Anrufen im vergangenen Jahr waren körperliches Befinden (Beschwerden, Erkrankungen, Behinderungen), Einsamkeit und Isolation, familiäre Beziehungen, depressive Stimmung und Ängste. Um Suizidalität, ein sehr häufiges Symptom von Depression, ging es bei etwa 800 Telefongesprächen.

Die ehrenamtlichen Telefonseelsorgerinnen und Telefonseelsorger beraten auch in Chatrooms. Im vergangen Jahr führten sie 541 Chats mit einer durchschnittlichen Dauer von 40 Minuten je Unterhaltung. „Mit diesem Medium sprechen wir jüngere Menschen an. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden in den Chats sind zwischen 15 und 29 Jahre alt“, erklärt Iberl. Auch in den Chats geht es häufig um Ängste, depressive Stimmung, Probleme in familiären Beziehungen, Selbstbild (Selbstwertgefühl, Scham, Schuld) und Einsamkeit beziehungsweise Isolation. In knapp 30 Prozent der Chats war Suizidalität, also Suizidgedanken und -impulse, ein Thema.

Zurzeit arbeiten 65 Ehrenamtliche bei der Telefonseelsorge Ingolstadt, acht von ihnen betreuen zusätzlich die Chat-Seelsorge mit. Neun Mitarbeitende haben ihren Dienst am Telefon im April 2022 nach einer einjährigen Ausbildung begonnen. Im September startete ein neuer Ausbildungskurs mit 13 Personen. Für das Personal der Telefonseelsorge gibt es eine monatliche Supervision in Gruppen sowie regelmäßige Fortbildungen.

Die Telefonseelsorge Ingolstadt feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. 1993 wurde sie von der Diözese Eichstätt zusammen mit dem Diakonischen Werk im evangelischen Dekanat Ingolstadt gegründet. Die Einrichtung gehört zum Netzwerk der Telefonseelsorge Deutschland, bei dem etwa 7.700 Ehrenamtliche an 104 Stellen am Telefon, per E-Mail- und in Chatrooms Seelsorge leisten. Bundesweit wurden 2022 etwa 1,2 Millionen Seelsorge- und Beratungsgespräche am Telefon geführt, rund 43.000 E-Mails bearbeitet und rund 37.000 Beratungen in Chats durchgeführt.

Um das Angebot aufrechtzuhalten, sucht die Telefonseelsorge laufend ehrenamtliche Mitarbeitende. „Menschen, die sich sozial engagieren und zu ihrer Lebenserfahrung Neues dazu lernen möchten, sind herzlich willkommen“, sagt Hans Iberl. Im Frühjahr 2024 beginnt voraussichtlich ein neuer Ausbildungskurs. Interessierte können sich auf der Website www.telefonseelsorge-ingolstadt.de informieren und sich im Sekretariat melden: Tel. (0841) 910001, E-Mail: ts.ingolstadt(at)bistum-eichstaett(dot)de.

Wer den Dienst finanziell unterstützen möchte, kann dies mit Spenden tun. Das Spendenkonto lautet: TelefonSeelsorge Ingolstadt, LIGA-Bank Regensburg, IBAN: DE04 7509 0300 0007 6168 80, GENODEF1M05.

Ratsuchende erreichen die Telefonseelsorge rund um die Uhr unter den kostenfreien Telefonnummern (0800) 111 0 111 und (0800) 111 0 222.

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