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16.03.2023

"Wir müssen Sorge tragen, dass unsere Pastoral zukunftsfähig ist" - Generalvikar und Amtschef im Gespräch

Generalvikar Michael Alberter, Amtschef Thomas Schäfers und Redakteurin Anika Taiber-Groh im Gespräch

Generalvikar Michael Alberter, Amtschef Thomas Schäfers und Redakteurin Anika Taiber-Groh im Gespräch. Foto: Johannes Heim/pde

Amtschef Thomas Schäfers spricht über den Zukunftsplan.

Amtschef Thomas Schäfers spricht über den Zukunftsplan. Foto: Johannes Heim/pde

Generalvikar Michael Alberter will das Bistum zukunftsfähig aufstellen.

Generalvikar Michael Alberter will das Bistum zukunftsfähig aufstellen. Foto: Johannes Heim/pde

Der „Zukunftsplan: Neu aufbrechen mit dem Bistum Eichstätt“ soll die Kirche in Eichstätt bereit machen für die Zukunft. Sie will sich auf Kernbereiche konzentrieren und andere aufgeben oder verschlanken. Die Struktur des Bistums verändert sich damit grundlegend – Generalvikar Michael Alberter und Amtschef Thomas Schäfers berichten über die Planungen.

Der Zukunftsplan enthält ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Was ist das Ziel?

Generalvikar Michael Alberter: Der Strategieprozess, der vor zwei Jahren gestartet ist, hat uns eine Bistumsvision vorgegeben, dass wir als Gemeinschaft mit Christus auf dem Weg sind, um den Kernauftrag der Kirche zu leben und ihn auszuführen. Der Zukunftsplan entfaltet jetzt diese Vision. Er legt dar, was unsere Kernaufgaben sind, worauf wir uns fokussieren wollen und in welche Richtung es gehen soll.

Das ist der positive Blick auf die Dinge – aber andererseits wird vermutlich mit solch einer Fokussierung auch Geld eingespart.

Alberter: Genau. Wenn ich mich auf Kernbereiche festlege, dann lege ich mich auch gleichzeitig darauf fest, von was ich mich trennen muss. Das heißt, mit dem Zukunftsplan sind auch Einsparungen verbunden.

Amtschef Thomas Schäfers: Wichtig ist uns: Es geht nicht darum, sich kaputt zu sparen. Es geht darum, finanzielle Mittel aber auch personelle Ressourcen so einzusetzen, dass wir zukunftsgewandt die Chancen ergreifen, die wir in der Diözese sehen – und die Menschen dabei mitnehmen. Wenn uns das nicht gelingt, haben wir schlechte Karten. Sparen alleine ist auch nicht unser Auftrag. Jesus hat nicht gesagt, geht hinaus in die Welt und spart, sondern verkündet das Evangelium.

Alberter: Wir müssen diesem Auftrag versuchen nachzukommen, also das Evangelium zu verkünden. Das heißt, wir müssen Sorge tragen, dass unsere Pastoral zukunftsfähig ist.

Die Entwicklung der Kirchensteuerzahlen ist schon eine Weile absehbar. Warum kommt der Zukunftsplan jetzt, sind die Maßnahmen noch rechtzeitig?

Schäfers: Es gab schon lange unterschiedliche Ansätze, sparsamer mit den Ausgaben umzugehen. Was aber noch gefehlt hat, ist die Frage der inhaltlichen Ausrichtung und Perspektive. Außerdem hat die Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren noch einmal viele Entwicklungen dramatisch verschärft. So wie in anderen Diözesen auch gibt es bei uns verhältnismäßig viele Austritte. Da müssen wir jetzt gegensteuern.

Herr Generalvikar, Sie sind erst rund ein halbes Jahr im Amt – wie konnte es jetzt von außen betrachtet so schnell gehen?

Alberter: Die Überlegungen, die in den Zukunftsplan eingeflossen sind, sind nicht alle neu – Grundlagen sind die Überlegungen aus dem Strategieprozess, der bereits seit 2021 läuft. Die Handlungsfelder, auf die wir uns fokussieren wollen und die, von denen wir uns trennen müssen, habe ich nicht alleine entschieden, sondern haben wir im gemeinsamen Ringen festgelegt – natürlich mit dem Bischof, dem Amtschef, verschiedenen Mitarbeitenden des Bistums und den Mitgliedern der Ordinariatskonferenz.

Es heißt, das Bistum will den Fokus auf die Bereiche legen, in denen die Menschen wirklich erreicht werden. Das wären aber doch auch die Schulen des Bistums?

Alberter: Wir wollen natürlich dort sein und bleiben, wo die Menschen sind. Und das tun wir auch im schulischen Religionsunterricht. Wir haben kirchliche Religionslehrkräfte in allen Schulen, sowohl in den bisher von uns getragenen Schulen wie auch in den staatlichen. Mit der Schulpastoral sind wir ebenfalls an vielen Schulen präsent. Dort bleiben wir weiterhin, auch wenn wir die Trägerschaft unserer Schulen abgeben.

Was hat denn der Rückzug für Konsequenzen – für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte?

Schäfers: Erst einmal ist es uns wichtig, alle Beteiligten frühzeitig zu informieren, obwohl wir am Anfang des Prozesses stehen. Es geht jetzt um die Frage, wie geht es konkret weiter? Dazu laufen gerade die Gespräche. Wir bemühen uns und können uns vorstellen, dass ein anderer Träger die Schulen übernimmt. Wir wollen auf keinen Fall die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler gefährden und bemühen uns, einen guten Übergang für die Schulgemeinschaften zu schaffen. Zu den nächsten Schritten gehören auch Kontakte mit dem Kultusministerium.

In der Vergangenheit hatten wir an einem Standort schon einen beachtlichen Investitionsbedarf und bei einem anderen steht dieser nun bevor.  Das ist für einen privaten Träger eine sehr herausfordernde Situation. Wir müssen uns in Anbetracht unserer finanziellen Lage die Frage stellen, wie weit wir in diesem Modell mitarbeiten können – und das ist für uns unter den gegebenen Umständen perspektivisch nicht möglich.

Was ist für die neue Schulpastoral angedacht?

Alberter: Sie soll verstärkt werden. Das betrifft liturgische Angebote, kulturelle Projekte, Eine-Welt-Engagement, seelsorgliche Begleitung von Schülerinnen und Schülern, aber auch von Lehrkräften, Krisenpastoral, Ganztagsschulen und den Bereich Inklusion. Außerdem bieten wir ein umfangreiches Fortbildungsprogramm an – sowohl für kirchliche als auch für staatliche Religionslehrkräfte. Da wollen wir einen Fokus drauf legen und schauen, dass wir mit einer qualitativ hochwertigen Arbeit im Religionsunterricht in den Schulen präsent sind.

Was bleibt, ist die Maria-Ward-Fachakademie für Sozialpädagogik – was ist da der Hintergrund?

Alberter: Wir erleben bayernweit einen Mangel an pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen (Kita). Auch unsere eigenen Einrichtungen suchen zum Teil händeringend. Daher wollen wir in Anbetracht auch dieser politischen Lage die Ausbildung von pädagogischen Fachkräften weiter unterstützen, intensivieren und vorantreiben.

Schäfers: Im Strategieprozess haben wir außerdem ein Ziel festgelegt: die Stärkung der Kita-Pastoral. Das sehen wir als gute Möglichkeit, Familien und junge Menschen wieder neu zu erreichen.

Das katholische Profil der eigenen Kitas soll gestärkt werden. Was bedeutet das für die Mitarbeitenden und für die Familien, die dort ihre Kinder betreuen lassen?

Alberter: Da sind mehrere Aspekte wichtig. Zum einen sollen die pastoralen Teams vor Ort stärker in den Kitas präsent sein. Zum anderen soll professionell ein Profil für unsere Kitas entwickelt werden, sodass die Eltern wissen, was ihre Kinder da erwartet: welche Werte werden dort vorgelebt, wie sieht dort die pädagogische, aber auch die religiöse Arbeit aus. Dieses Profil soll in den Kitas gelebt werden. Da braucht es die Mitarbeitenden in den Kitas selbst, aber auch die pastoralen Mitarbeitenden unserer Pfarreien und natürlich die Familien.

Die pastoralen Mitarbeitenden werden vom Zukunftsplan ebenfalls in den Blick genommen. Sie sollen verstärkt in der Fläche eingesetzt werden. Welche pastoralen Dienste gibt es dann noch im Ordinariat? Wo liegt der Fokus?

Alberter: Wir haben unterschiedliche Berufsgruppen in der Pastoral. Bislang wurden die Pastoralreferenten zentral nur im kategorialen Dienst eingesetzt, das heißt die Seelsorge für Verbände, in Krankenhäusern oder für Hochschulgemeinden. Da findet nun ein Wandel statt.

Die Pastoral soll dort angeboten werden, wo die Menschen leben – und das ist in den pastoralen Räumen unseres Bistums. Nicht von heute auf morgen, aber in einem Prozess, der bereits begonnen hat. Im Bischöflichen Ordinariat werden wir Dienste anbieten, die erforderlich sind und wichtig als Service für die pastoralen Räume – aber eben nicht darüber hinaus.

Ist der Zukunftsplan so etwas wie ein Pastoralkonzept des Bistums?

Alberter: Ja, damit sind die Grundlinien aufgezeigt. Jetzt geht es an die Umsetzung. Fachbereich für Fachbereich wird angesehen und strukturiert.

Schäfers: Im Prinzip findet auf der diözesanen Ebene das statt, was auch vor Ort zu leisten ist: nämlich sich Gedanken zu machen, wie man sich pastoral platzieren muss und was man dazu braucht. An Ressourcen von Personal über Finanzen bis hin zu Immobilien. Letztere stehen bei uns ebenfalls auf dem Prüfstand. Die effektivsten Einsparungen sind natürlich Personalkosten. Aber unsere Arbeit ist personalintensiv. Seelsorge geschieht nicht über Maschinen, sondern über Menschen. Und insofern haben wir da auch Grenzen, was wir erreichen können.

Soll hier auch die Digitalisierung eine Rolle spielen?

Schäfers: Ja, wir wollen das gesamte Potential nutzen. Wenn wir über Digitalisierung reden, denken wir natürlich an Verwaltungsprozesse, aber auch an pastorale Initiativen. Wir wollen Menschen auch über diese Kanäle erreichen, wenn wir sie vor Ort nicht mehr erreichen können. Und in der Verwaltung geht es auch darum, die Aufgaben für Mitarbeitende und Ehrenamtliche einfacher und effizienter zu gestalten.

Das Ordinariat will sich auch selbst verschlanken, es sollen Mietausgaben eingespart werden. Was ist für das neue Bistumszentrum im ehemaligen Maria-Ward-Gebäude geplant?

Schäfers: Uns gehören das Gebäude am Leonrodplatz und das ehemalige Maria-Ward-Schulgebäude. Diese beiden sind ausreichend, um das Ordinariat, also die Verwaltung des Bistums unterzubringen. Wir können dort moderne Arbeitsplätze einrichten, Einzelarbeitsplätze und Teambereiche. Da ergeben sich ganz neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Wir rechnen momentan mit einem Investitionsvolumen von 20 bis 25 Millionen Euro, die sich in einer üblichen Zeitspanne durch die Einsparungen bei der Miete finanzieren lassen.

Wird der Bischof auch im ehemaligen Maria-Ward-Gebäude einziehen?

Schäfers: Dazu laufen die Überlegungen noch. Derzeit ist noch nicht klar, wie mit dem Bischofshaus umgegangen wird – es soll ja nicht leer stehen. Es ist aber vieles denkbar, auch für den Bischof wäre ein Umzug kein Problem.

Wenn wir uns die Verbände anschauen, in denen ja auch viele Ehrenamtliche aktiv sind: Wie sollen diese die geplante Reduzierung der Mittel stemmen?

Schäfers: Da haben wir Gespräche geführt und unterschiedliche Finanzierungsalternativen thematisiert. Ein Aspekt waren Projekte, die die Verbände übernehmen und für die sie dann eigene Mittel bekommen. Außerdem können sie auch Ressourcen gewinnen, wenn sie Möglichkeiten zur besseren Zusammenarbeit nutzen. Je nach Aufgabenstellung kommt man hier aber natürlich an Grenzen: Man kann an dieser Schraube nicht unendlich weit drehen, ohne die Arbeit zu gefährden. Da bleiben wir im Dialog.

Die Aussagen im Zukunftsplan über die Gemeinden und die Pastoral klingen sehr vielfältig und offen. Der Bischof geht mit mancher konservativer Entscheidung eher in eine andere Richtung – wie passt das zusammen?

Alberter: In der Bistumsvision haben wir formuliert, dass wir als offene und vielfältige Gemeinschaft mit Christus aufbrechen und unterwegs sein wollen. Das bedeutet, dass jede und jeder unabhängig von Geschlecht, Herkunft und theologischer oder geistlicher Ausrichtung ihren oder seinen Platz bei uns finden soll. Das ist für mich selbstverständlich. Wir haben in unserer Gesellschaft ein großes Spektrum an Einstellungen und an Spiritualität, und jemand der eher traditionell denkt, soll sich bei uns genauso beheimatet fühlen wie jemand, der eher nach experimentellen liturgischen Formen sucht. Es wird nicht in jeder Pfarrei ein Angebot für alle geben – aber die Gemeinden sind ja auch sehr unterschiedlich geprägt und da soll es im Bistum für alle Anknüpfungspunkte geben.

Der Betrieb der Tagungshäuser soll ausgebaut werden. Wie kann dort ein Betrieb in Zukunft aussehen und wurden schon Bedarfsanalysen gemacht?

Schäfers: Für die beiden großen Häuser, Hirschberg und Pfünz, gibt es da bereits interessante Analysen – wir haben dort mehr Potential, als wir im Augenblick nutzen. Das möchten wir mit einer Profilierung aktiviert bekommen, um eine alternative Einnahmequelle zu generieren.

Alberter: Mir sind da zwei Dinge wichtig: Zum einen muss in den Häusern ein klar kirchliches Profil erkennbar sein. Und zum anderen muss dort ein Service auf Hotelniveau angeboten werden.

Schäfers: Wir wollen zum Beispiel Angebote für Menschen gerade in christlich geprägten Zeiten im Jahr schaffen: Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Jahreswechsel. Gerade in diesen Zeiten suchen die Menschen nach der Möglichkeit, intensivere religiöse Erfahrungen zu machen. Und das ist eine Chance für diese Häuser, die wir nutzen sollten.

Angebote der Kirche erfahren ältere Gläubige oftmals aus der Kirchenzeitung. Die Einstellung eben jener Kirchenzeitung trifft vor allem ältere Gläubige, weil die den Hauptteil der Abonnentinnen und Abonnenten ausmachen. Was für ein Angebot gibt es danach für sie?

Schäfers: Leider müssen wir darauf schauen, mit dem Verlag und der Kirchenzeitung einen verantwortlichen Weg zu gehen. Die Auflagenentwicklung zeichnet ihn vor: Wir kommen aufgrund der sinkenden Zahl der Abonnements bald in Bereiche, in denen die Kirchenzeitung wirtschaftlich nicht mehr zu leisten ist. Dennoch dürfen wir unsere treuen Leserinnen und Leser nicht aus dem Blick verlieren.

Alberter: Wir sehen insgesamt vielfältige Möglichkeiten, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben. Auf der einen Seite haben die Pfarrbriefe ein großes Potential – sie sind die meistgelesenen Printprodukte in den Pfarreien und eine unterschätzte Chance. Wir wollen die Pfarrbriefmacherinnen und -macher stärker mit Material versorgen, um es ihnen vor Ort leichter zu machen. Auf der anderen Seite haben uns die vergangenen drei Jahre gezeigt, dass auch ältere Gemeindemitglieder verstärkt digitale Medien nutzen. Ich glaube, dass unsere Angebote in diesem Bereich mehr wahrgenommen werden können.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wo steht die Diözese in fünf Jahren?

Alberter: Ich hoffe, dass wir in den vom Strategieprozess festgelegten Handlungsbereichen vorankommen. Im Bereich des Wachstums, im Blick auf die Vertiefung der persönlichen Gottesbeziehung, auf das Glaubensleben in den Pfarreien, im Blick auf die Digitalisierung, die ebenfalls viele Chancen der Glaubensvermittlung mit sich bringt, und im Blick auf das Thema Nachhaltigkeit und solidarischer Lebensstil.

Schäfers: Ich wünsche mir, dass wir entdecken, dass Vielfalt bereichernd sein kann und dass wir als Gemeinschaft offen und einladend wirken. Dass wir zeigen können, dass diese Gemeinschaft Freude und Zuversicht schenkt und Lust darauf macht, die Welt im Licht des Evangeliums zu gestalten. Ich wünsche mir, dass wir da gemeinsam unterwegs sind.

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