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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Wahre Reinheit wächst von innen

28. Sonntag im Jahreskreis, 13. Oktober 2013

Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?“ fragt Jesus im heutigen Evangelium. Ausgerechnet dieser Mann aus Samarien, also jemand, mit dem Juden keine Gemeinschaft pflegten, war gekommen, um Jesus für seine Heilung vom Aussatz zu danken.

Die anderen neun werden sicher auch heilfroh gewesen sein, von der Geißel des Aussatzes befreit worden zu sein. Aussatz bedeutete schließlich den sozialen Tod. Man war verpflichtet Abstand zu halten zu den Gesunden, war ausgeschlossen vom normalen Leben. Deshalb blieben die zehn Aussätzigen auch in der Ferne stehen, als sie um Erbarmen riefen.

Man weiß nicht, was schlimmer ist: der körperliche Schmerz entstellender Wunden oder der seelische Schmerz der Ausgrenzung und Isolierung. Aussatz trägt heutzutage viele Gesichter. Wer sind die Aussätzigen unserer modernen Gesellschaft?

Das Erbarmen Jesu gilt immer noch gerade denen, die nicht der allgemeinen Norm entsprechen, die nicht zum Mainstream gehören, nicht dem Gesundheits- und Schönheitswahn einer knallharten Umwelt genügen.

„Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!“ – dieser verzweifelte Ruf dringt nach wie vor aus der inneren Tiefe vieler von körperlicher oder seelischer Krankheit gezeichneter Menschen zu Gott. Die Sehnsucht nach Reinigung und Befreiung ist groß in einer Welt, in der das Geld und der schöne Schein regieren. Doch worin besteht diese Reinheit eigentlich? In einer makellosen, glatten Haut? Hinter makelloser, glatter Haut verbirgt sich leider oft viel Schmutz und Verzweiflung.

Die neun übrigen Aussätzigen waren nach ihrer Heilung offensichtlich so froh, endlich wieder zur menschlichen Gesellschaft zu gehören und an ihren Freuden teilhaben zu dürfen, dass sie den Ursprung ihrer neugewonnenen Reinheit vergaßen, nämlich das Erbarmen Gottes. Wie schnell vergisst der Mensch auf Gott, wenn es ihm wieder gut geht!

„Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.“ Der Mann aus Samarien hatte an das Erbarmen Gottes geglaubt. Für ihn stellte die äußere Reinheit nicht nur ein spektakuläres Wunder dar, sondern war Frucht einer inneren Entwicklung und Hinwendung zu Gott.
Wahre Reinheit wächst von innen. Gottes Liebe ist die reinigende Kraft, die uns innerlich heil und frei werden lässt. Deshalb kehrte der Samariter um, um Gott zu loben und zu ehren. Viel wichtiger als die äußere Unversehrtheit ist es, den Aussatz von der Seele zu entfernen. Das hatte dieser Mann erkannt.

Jesu Heilungen umfassen stets Körper und Geist. Der ganze Mensch mit Leib und Seele soll in der Begegnung mit dem Erlöser aufgerichtet werden. Jesusbegegnungen sind immer Auferstehungserfahrungen. Die körperliche Heilung ist im Grunde nur äußeres Zeichen für das Neuwerden in Christus.

Die wesentliche Ebene ist der Glaube an das Erbarmen Gottes, der sich der Welt unseres menschlichen Leidens zugewandt hat und sich wie ein Arzt über unsere Wunden beugt, um sie mit der Arznei seiner Liebe
zu heilen.

Die wahre Reinheit wird uns Menschen zuteil, wenn wir uns dem reinigenden Strom dieser Liebe öffnen und uns davon erfassen lassen. Entscheidend ist es, stets Gott die Ehre zu geben, dann werden zerstörerische Übel in unserem Leben nie die Oberhand gewinnen können.                   

P. Gregor Lenzen, Kirchenzeitung vom 13. Oktober 2013

 

Lesungen zum 28. Sonntag im Jahreskreis am 13. Oktober 2013