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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Gott kann durch uns zur Welt kommen

Mir geschehe, wie du es gesagt hast – dieses Wort Marias ist das entscheidende Wort für das Kommen Gottes in unsere Welt.

Dieses Ja markiert den Beginn der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus durch Maria, die Mutter Gottes. Das Ja Marias ist keine blinde Zustimmung. Es steht am Ende eines nachfragenden Hin und Her und es gilt nicht allem Möglichen, hinter dem vermeintlich Gott steckt. Es gilt seiner Menschwerdung: Ja, Gott wird Mensch. Gott will der Welt seinen Menschen zeigen. Gott will mit den Menschen ihr menschliches und ihr unmenschliches Leben bestehen und durchstehen. Gott will den Menschen Mut machen. Und Gott selbst geht den Weg voraus durch das Menschenleben auch durch die Schicksalsschläge und Katastrophen, die Unmenschlichkeiten und alles Menschenentwürdigende hindurch. Ja, das soll geschehen. Dafür lasse ich mich in Dienst nehmen, dass Gott durch mich zur Welt kommt, dieser Gott, der wirklich Mensch werden will und den ganzen Menschen, also alles Menschliche und auch Unmenschliche auf sich nimmt.

Nicht „Ja und Amen“ zu allem und jedem sagen, sondern „Ja, mir geschehe nach deinem Wort“. Dieses Ja möchte ich gerne nachsprechen: Gott in meinem Leben und durch mich in der Welt sichtbar, hörbar, wahrnehmbar, erfahrbar, erlebbar machen – den menschenfreundlichen und den die Menschen würdigenden Gott gegen alle Unmenschlichkeit und in allen Unmenschlichkeiten, die anderen und mir begegnen. Auch durch uns, durch jede und jeden von uns, will und kann Gottes Gesicht sichtbar und greifbar werden. Auch durch uns kann seine Wirklichkeit, können Gerechtigkeit und Friede, kann barmherziges und aufmerksames Dasein für den anderen und treues Mitgehen mit dem anderen, kann Menschlichkeit im tiefsten Sinne Gottes erlebbar werden. Gott möchte und kann in unserem Leben vorkommen. Gott möchte und kann durch uns zur Welt kommen. So wird er für andere Menschen sichtbar, hörbar,greifbar, erlebbar. Und auch uns gilt das „Fürchte dich nicht!“, das Maria zugerufen ist. „Fürchte dich nicht, denn du hast bei Gott Gnade gefunden“. Wir alle haben die Gnade seiner Menschwerdung gefunden, die Gnade des Glaubens an seinen menschgewordenen Sohn, Jesus Christus.

Domdekan Willibald Harrer, Kirchenzeitung vom 21. Dezember 2014

Lesungen zum vierten Adventssonntag am 21. Dezember 2014