Zum Inhalt springen

Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Friede sei mit Euch

Hochfest Pfingsten, 19. Mai 2013

Mahatma Ghandi, der große Apostel der Gewaltlosigkeit und des Friedens, hat einmal den Ausspruch getan: „Die Verzweiflung über die politische Lage mag mir ins Gesicht starren, doch meinen Frieden habe ich nie verloren. Ich habe Menschen getroffen, die mich um meinen Frieden beneiden. Nun, dieser Friede, kann ich Ihnen sagen, kommt mir vom Beten.“ Der Friede, den Ghandi im Herzen verspürte und den er ausstrahlte, gründete nicht auf menschlichen Zusicherungen und Verträgen. Er war zutiefst begründet in einem innerlichen Verhältnis zu Gott. Dieser Friede war eine Gabe Gottes.

Im Jahr 1948 wurde Ghandi auf dem Weg zum Abendgebet von einem fanatischen Hindu ermordet. Im Jahre 2013 sieht die Welt nicht viel friedlicher aus. Zeitungen und Fernsehen bringen immer wieder neue Schreckensbilder von Gewalt, Krieg und Unterdrückung. Alle Friedensbeteuerungen von Politikern, alle Protestmärsche und Kundgebungen führen letztlich nicht zu dem ersehnten Ziel. Hat die Menschheit immer noch nicht die wahre Quelle des Friedens erkannt?

Die Kirche feiert heute auf dem ganzen Erdkreis das hohe Pfingstfest, den fünfzigsten Tag nach Ostern. Wir haben diese österliche Zeit wie einen einzigen großen Festtag in christlicher Auferstehungsfreude begangen. Deshalb wird am Pfingsttag auch ein Auferstehungsevangelium verkündet. Das erste Wort, das der Auferstandene zu den furchtsamen Jüngern im heutigen Evangelium spricht, ist: „Friede sei mit euch!“

Jesus war und ist der wahre Friedensbringer für unsere friedlose Welt. Friede auf Erden kann nicht von außen gemacht werden. Er kommt von innen, aus dem Herzen des Menschen. Ghandi hatte gesagt: „Dieser Friede kommt mir vom Beten.“ Solange das Herz des Menschen friedlos ist, wird es auch um den Menschen herum keinen Frieden geben. Der Friede des Herzens aber ist Frucht des Heiligen Geistes, den Jesus nach dem Friedensgruß seinen Jüngern einhauchte.

Empfangt den Heiligen Geist! – Durch sein Anhauchen blies der Herr gleichsam frischen Wind in die Segel des Schiffs der jungen Kirche. Der Heilige Geist ist seitdem die treibende Kraft, die in der Kirche wirkt und sie auf dem richtigen Kurs hält. Er ist die kostbarste Gabe, die der Auferstandene seinen Jüngern hinterlassen hat. Wer aus diesem Geist lebt, der lebt trotz aller äußerer Anfechtung im Frieden. Gott schenkt den Menschen durch seinen Geist die Kraft, zu verzeihen und Hass mit Liebe zu vergelten. So führt der innere Friede zum äußeren Frieden.

Das heutige Pfingstfest erinnert uns also an die eigentliche Quelle des Friedens. Zugleich ist es für uns Christen eine Mahnung, dem Unfrieden in der Welt nicht tatenlos zuzusehen. Wir haben den Heiligen Geist nicht nur für uns selbst empfangen. Leben aus dem Geist bedeutet Sendung: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Es gilt, dem Geist des Friedens einen Weg zu bahnen in diese Welt hinein. Wir sollen Gesandte des Friedens sein.

Neben den das Pfingstereignis begleitenden Naturphänomenen von Feuer und Sturm war wohl das beeindruckendste Zeugnis vom Wirken des Geistes, dass die Menschen verstanden und sich verstanden fühlten. Der Geist Gottes spricht alle Sprachen und spricht doch im Grunde nur eine: die Sprache der Liebe. Je mehr wir diese Sprache des Geistes lernen, umso mehr wird der Friede unter uns wachsen.           

P. Gregor Lenzen CP, Kirchenzeitung vom 19. Mai 2013   

Lesungen zum Hochfest Pfingsten am 19. Mai 2013