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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Der gewohnte Alarm

Der Aufruf zur Umkehr ist uns bestens bekannt. Wir hören ihn jedes Jahr zur Fastenzeit. Er ist zum Ritus geworden, der uns weiter nicht bewegt. Dabei hat Jesus heuteein sehr ernstes Wort gesprochen: „Ihr werdet alle umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt“. Das ist eine sehr deutliche Warnung. Sie bestätigte sich eine Generation später, als im Jahr 70 der jüdische Aufstand von den Römern grausam niedergeschlagen wurde.

Dann fügt Jesus noch hinzu: „Meint ihr, ihr seid besser als die, welche von Pilatus ermordet wurden und die andern, die das Unglück getroffen hat? Es kann mit euch genauso geschehen“. Nehmen wir Jesu Mahnung wörtlich. Auf unsere Verhältnisse übertragen, würde sie bedeuten: „Meint ihr, ihr seid besser als die Menschen in Syrien, Irak, Afghanistan, in Nigeria oder in Paris? Euch kann es genauso passieren!“ Nur, wir wollen das ebenso wenig wahr haben.

Der Aufruf zur Umkehr ist mit einem Feueralarm vergleichbar. Wenn in einem Gebäude unerwartet mitten am Tag die Sirene heult, dann rennen alle zum Ausgang. Wenn sie aber jeden Tag um dieselbe Zeit zu hören ist, wird sich niemand mehr darum kümmern. Wenn es nun aber doch einmal brennt?

So haben wir uns an den Alarm der Verkünder gewöhnt. Die sprechen von den entscheidenden Dingen, von Leben und Tod, aber sie rütteln nicht auf. Es ist ganz normal, dass sie zur Nächstenliebe aufrufen, dass sie vor dem Verfall von Ehe und Familie warnen, dass sie von einem neuen Leben nach dem Tod reden. Der Aufruf wird im besten Fall unter den vielen anderen Nachrichten abgelegt und vergessen.

Ganz anderes hat eine engagierte Frau ausgelöst, die für die Kinder von Suchtkranken eine Heimstätte errichtet hatte. Sie wird zu einem Vortrag zum Thema Alkohol in die Schule gerufen. Die Schüler erwarten sich die übliche Belehrung und Warnung und sind entsprechend „interessiert“. Als die Frau aber sagt, dass sie selbst Alkoholikerin war, und schildert, wie sie selbst im Elend steckte, und was es kostet, sich davon zu befreien, zeigen alle höchste Aufmerksamkeit. Das Bekenntnis hat mehr bewirkt als jede noch so gut gemeinte Ermahnung. Es geht um die Betroffenheit, die Schüler werden nachdenklich und – so darf man hoffen – etwas vorsichtiger im Umgang mit Alkohol.

Hier bekommt das Wort von der Umkehr seinen berechtigten Namen. Es wird ersichtlich, dass sie nicht mit der Suche nach den Verfehlungen beginnt, sondern mit dem, was uns im Tiefsten berührt. Nur wenn wir im Innersten getroffen sind, ist Änderung möglich. 

P. Guido Kreppold OFMCa, Kirchenzeitung vom 28. Februar 2016

Lesungen zum dritten Fastensonntag am 28. Februar 2016