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AUF EIN WORT

Aufbrechen zu Gott

Hochfest der Geburt des Herrn, 25. Dezember 2011 Weihnachtstag

Die erste Heilige Messe am Weihnachtstag wird Hirtenmesse genannt, weil in dieser Feier die Hirten im Mittelpunkt stehen. Das ist bedeutsam! Die Hirten sind nicht geachtet. Sie werden zu den einfachen, armen, ja ausgegrenzten Menschen in der Gesellschaft gezählt. Aber – und das ist das Bedeutsame – sie hören als erste die Botschaft von der Geburt des Retters der Welt. Sie werden von den Engeln, den Boten Gottes, informiert – und sie reagieren. Sie sind offen für die Botschaft. Sie sind als die armen und ausgegrenzten Menschen nicht besetzt von Gedanken und Sorgen um Geld und Reichtum und um Macht und Ehre. Sie sind offen und reagieren. Sie gehen zur Krippe und erkennen in dem Kind den Retter. Weil sie so offen sind verstehen sie auch: Gott kommt anders als die meisten denken: Nicht als machtvoller Herr, sondern als hilfsbedürftiges, liebesbedürftiges und zugleich liebevolles, freundliches Kind.

Das ist das Zeichen Gottes und in diesem Zeichen zeigt Gott etwas von seinem Wesen. Aber, weil dieses Zeichen so ganz anders ausfällt als die meisten Menschen es sich bis heute vorstellen – der Retter der Welt ein Kind, der Messias in Windeln – darum muss der Mensch offen bleiben, aufmerksam hören, mit den anderen gehen und selbst nach den Zeichen sehen. Er könnte sonst nicht etwas, sondern das, worauf es entscheidend ankommt, schließlich verpassen. Aber wer das Zeichen wahrnimmt und annimmt, der wird wie die Hirten von Freude erfüllt und mit Mut, mit Lebensmut beschenkt. Er kehrt wie die Hirten an seinen Platz in der Welt zurück. Er hat allen Grund Gott zu rühmen und zu loben, für alles, was er gehört und gesehen hat, so wie es ihnen auch gesagt worden ist.

„Kommt, wir gehen nach Betlehem!“ sagten die Hirten zueinander. Ich meine, wenn wir das Geschehen der heiligen Nacht erfassen wollen, dann müssen auch wir aufbrechen zu Christus hin. Als von ihm und seiner Botschaft Betroffene müssen wir uns auf den Weg machen, um Gott zu suchen, um ihn als Mensch unter Menschen zu finden. Dabei dürfen, ja sollen wir unsere ganz alltägliche Wirklichkeit, die oft genug eine arme, erbärmliche ist, mitnehmen auf diesen Weg, so wie es die einfachen Hirten getan haben. Diesen Aufbruch dürften wir allerdings nicht auf das „alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit“ beschränken, sondern als Aufgabe für alle Tage des Jahres – ein ganzes Leben lang, sehr ernst nehmen.

Domdekan Willibald Harrer, Kirchenzeitung

Lesungen zum Hochfest der Geburt des Herrn am 25. Dezember 2011