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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Auf alles verzichten, was einem lieb ist

23. Sonntag im Jahreskreis, 8. September 2013

Jesus macht es uns nicht leicht. Seine Worte im heutigen Sonntagsevangelium sind eine ernsthafte Herausforderung. Jesus ist wie schon so oft von einer großen Menschenmenge umlagert. Sie begleiten ihn auf seinem Weg nach Jerusalem, wo Leiden und Tod auf ihn warten. Jesus wendet sich auf dieser Wanderung nicht nur an einen exklusiven Jüngerkreis, sondern an die vielen, die ihm folgen. Jesus macht seinen Zuhörern deutlich, dass es nicht genügt, hinter ihm herzugehen und ihn zu bewundern. Um in das Reich Gottes zu gelangen, ist es notwendig, sich auf den Ruf zur Jüngerschaft einzulassen.

Jesus sucht nicht Menschen, die ihn bewundern, sondern die ihm nachfolgen. In der heutigen Frohbotschaft nennt Jesus die Bedingungen für die Nachfolge in ihrer radikalen Form: „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.“ Die „Neue Jerusalemer Bibel“ wählt für diese Worte Jesu die treffende Überschrift: „Auf alles verzichten, was einem lieb ist!“ Echte Jüngerschaft ist eine ernste Sache. Jesu Worte sind anspruchsvoll. Wer ihm nachfolgt, muss alles dafür einsetzen, ja er muss sogar bereit sein, das Leben hinzugeben, wie er es selbst getan hat. Nachfolge kann es nur in der Hingabe an den Herrn geben. Den Ruf Jesu zur Jüngerschaft ernst nehmen, heißt: sich klar und eindeutig für ihn und seinen Weg entscheiden.

Zu allen Zeiten der Kirchengeschichte gab es einzelne Christen und verschiedene Gemeinschaften (wie z. B. die Orden), die Jesus durch ein Leben nach den „evangelischen Räten“ (= Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit) aufs Wort nachgefolgt sind. Für die Christusnachfolge gilt ferner die Forderung: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.“ Es gibt viele Christen auch in unseren Tagen, die ein bitteres Kreuz zu tragen haben, weil sie sich für Jesus entschieden haben. Christen werden in etlichen Staaten der Welt unterdrückt, verfolgt und getötet. Sie sind zur Zielscheibe des Hasses geworden. Anderswo leiden Menschen unter Krieg und Kriegsfolgen.

Die Welt ist voller Kreuze. Viele haben das Kreuz der Krankheit, der Behinderung, der Armut, der Ausgrenzung, der Enttäuschungen, des Älterwerdens mit seinen Beschwerden, des Alleinseins und der Heimatlosigkeit zu tragen. Zur Nachfolge Jesu sind alle getauften Christen berufen. Alle Christen stehen vor der Aufgabe, die Forderungen Jesu im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Lebenssituation zu erfüllen. Jesus verlangt nicht von allen das Gleiche, er verlangt auch von keinem das Unmögliche. Er ruft aber jeden auf den Weg der Jüngerschaft.

Jesus erwartet, dass sich jeder, der sich für die Jüngerschaft entscheidet, über die Folgen seines Schrittes völlig im Klaren ist. Wer Jesus nachfolgt, der muss es tun mit brennendem Herzen und mit kühlem Kopf. Er muss wissen, was er sich zumutet.

Jesus will dies durch die beiden Gleichnisse vom Turmbau und der Kriegführung verdeutlichen. Beide Vorhaben müssen überlegt sein und nüchtern in Angriff genommen werden. Der Jünger in der Nachfolge Jesu muss überlegen, ob er diesen Weg gehen kann und ob seine Kräfte dazu überhaupt ausreichen. Der Schlusssatz des Evangeliums fasst alles noch einmal zusammen: „Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.“

Msgr. Herbert Lang, Kirchenzeitung vom 8. September 2013

Lesungen zum 23. Sonntag im Jahreskreis am 8. September 2013