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Wenn Hände Herzschmerz zeigen

Caritas-Mitarbeiterin Monika Hagn berät psychisch belastete Menschen mit Hörbehinderung

In ihrer Sprechstunde bleibt es meistens sehr ruhig. Wenn Monika Hagn in den Räumen der Caritas-Kreisstelle in Eichstätt Klienten empfängt dringen nur selten Worte und kaum Geräusche nach außen. Die Diplom-Sozialpädagogin bietet einmal im Monat eine Beratung für Menschen mit Hörbehinderung und psychischer Belastung in der Bischofsstadt an (siehe unten). Viele, die zu ihr kommen, unterhalten sich in Gebärdensprache.

Hagn selbst hatte schon als Kind Kontakt zu einer gehörlosen Nachbarin und lernte so die Gebärdensprache kennen. Seit 2008 arbeitet sie in der Beratungsstelle für psychische Gesundheit der Caritas in Pfaffenhofen und seit knapp zwei Jahren gibt es das spezielle Angebot für Hörbehinderte mit psychischen Belastungen. Durch das vom Bezirk Oberbayern geförderte Angebot sollen die Eingliederung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung gefördert werden. Zu Hagn kommen Menschen, die gar nichts hören, die schwerhörig sind, die an Tinnitus leiden oder die weder sehen noch hören können. Hinzu kommt, dass sie psychische Probleme haben, die ganz oft mit der Behinderung zusammenhängen.

Wie Pfarrer Alfred Grimm, Diözesanverantwortlicher für Behindertenpastoral aus eigener Erfahrung zu berichten weiß, seien seelische Verletzungen oder gar psychische Erkrankungen bei Menschen mit Behinderung nicht selten. Die Betroffenen würden aber „oft nicht zu Psychiatern oder Psychotherapeuten“ gehen, sondern eine Beratung bei Priestern und Seelsorgern vorziehen, beziehungsweise das Angebot der psychosozialen Beratungsstellen nutzen. Die speziellen Sprechstunden von Monika Hagn sind für Grimm „von unschätzbarem Wert“.

Verschiedene Sprachen

Um die Sorgen und Nöte ihrer Klienten zu verstehen, nutzt Hagn verschiedene Kommunikationsmittel. Zum einen beherrscht sie die deutsche Gebärdensprache, in der Handzeichen, Mimik und Körperhaltung eine Rolle spielen. Mit Taubblinden unterhält sich die Caritas-Mitarbeiterin in der taktilen Gebärdensprache. Dabei greift sie die Hände ihres Gegenübers und führt die Gebärden aus. Ebenfalls gefragt ist Lormen, ein in die Hand geschriebenes Alphabet, bei dem bestimmte Zeichen an bestimmten Stellen der Handinnenfläche verschiedene Einzelbuchstaben bedeuten.

In ihren Sprechstunden, die sie im Bistum auch noch in Ingolstadt anbietet, kämen häufig Menschen, die sich isoliert fühlen, die aufgrund ihrer Hörbehinderung auf Unverständnis in der Familie stoßen oder die eine Trennung oder den Tod eines Angehörigen erlebt haben. „Es kann hilfreich sein, wenn man nicht alles mit sich selbst auskämpfen muss“, umschreibt Hagn ihr Angebot. Sie wolle zeigen, dass es „Unterstützung von außen“ gibt, und verweise ihre Klienten bei der kostenlosen Beratung oft weiter an Therapeuten oder andere Stellen. So bietet beispielsweise die Stadtkirche Nürnberg seit vier Jahren eine Ehe- und Familienberatung für Gehörlose an.

Monika Hagn wünscht sich, dass das Beratungsangebot weiter wächst, und dass „noch mehr Therapeuten Gebärdensprache lernen“. Dass Bedarf besteht, zeigen die Zahlen: Laut einer fünf Jahre alten Statistik sind im Landkreis Eichstätt rund 500 Schwerhörige und 60 Gehörlose gemeldet und in Ingolstadt rund 700 beziehungsweise 90. Die Sprechstunden, zu denen eine Anmeldung erforderlich ist, seien regelmäßig gut besucht, berichtet Hagn. Das bestätigt eine Sprecherin des Bezirks Oberbayern auf Anfrage. Das Angebot stoße „auf große Nachfrage“ und sei zudem „eine regionale Besonderheit“. Die nächste Beratungsstelle ist in München.

Im Gespräch mit der Kirchenzeitung (das Hagn in Gebärdensprache übersetzt) lobt eine Klientin die Sprechstunde: „Wenn es zu Hause schlecht läuft, kann ich nach hier kommen, und das besprechen.“

Bei Monika Hagn bekomme sie Tipps und Ratschläge. Sie sei „froh, dass es das Angebot hier in der Nähe gibt“. Ein Lob, dem sich Pfarrer Grimm anschließt. Das Caritas-Angebot vereine „professionelles psychologisches Wissen mit einer hohen Gebärdensprachenkompetenz“. Zusammen mit dem „unersetzlichen Dienst unserer Stellen in der Hörbehindertenseelsorge“ seien die Caritas-Sprechstunden unersetzlich.    

Interview: Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 29 vom 19. Juli 2015