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22.02.2024

Nach schweren Schicksalsschlägen neuen Lebensmut geschöpft

Über sein Wohlergehen und die nächsten Schritte in seinem Leben tauscht sich Richard Leicht (links) häufig mit seinem Betreuer Stefan Carl aus. Foto: Peter Esser/Caritas

Ingolstadt – Richard Leicht (52) hat viele und schwere Schicksalsschläge in seinem Leben gehabt: Eine Schwester starb nach einer schweren Drogensucht und seine frühere Freundin beging Suizid. Zwei Ehen wurden geschieden. Zweimal musste er ins Gefängnis wegen Körperverletzung bei Schlägereien – weshalb er auch nicht zur Beerdigung seiner Freundin gehen konnte, was ihn heute noch schmerzt. Sein Hauptproblem war bis vor kurzem der Alkohol, dem er bereits als 13-Jähriger verfallen war. Da trank er bereits Bier und Wein. „Später waren es sechs Liter Wein am Tag“, erzählt er. Teilweise lebte Leicht auf der Straße.

Im Caritas-Markt im Elektrobereich aktiv

Nun, so scheint es, hat sein Leben eine Wende zum Besseren genommen. Bis vor zwei Monaten führte er nach einem Krankenhausaufenthalt mit einer Lungenentzündung eine vierwöchige Entgiftung in einer Klinik durch. Die überwies ihn auf eigenen Wunsch im November vergangenen Jahres in die Caritas-Wohnheime und Werkstätten Ingolstadt. „Mein früherer Schwiegervater war auch schon einmal hier. Und der hat mir die Einrichtung empfohlen“, erklärt Richard Leicht. Hier lebt er nun im Wohnheim St. Alfons in der Telemannstraße. Tagsüber ist er teilweise im Caritas-Markt in Gaimersheim im Elektrobereich beschäftigt: „Ich kontrolliere, ob eingehende Elektroteile noch funktionieren und gebraucht werden können und entsorge sie ansonsten“, beschreibt er seine Tätigkeit, die ihm Spaß macht.

Seine Aufnahme und sein Start in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätten gestaltete sich nicht leicht, „denn es besteht ein komplexer Hilfebedarf“, erklärt sein Betreuer Stefan Carl, der Sozialpädagoge im Sozialdienst der Einrichtung ist. „Er kam hier ohne sämtliche Unterlagen an, weil er zuvor auf der Straße überfallen und bestohlen worden war. Daher hatte er keinen Ausweis, keine Krankenversichertenkarte und kein Handy – und gerade einmal für einen Tag seine Medikamente“, so Carl. Hinzu kam, dass er derzeit bei der Krankenversicherung nur eine Notfallversorgung hat, weil er in seiner Zeit auf der Straße keine Krankenversicherungsbeiträge gezahlt hatte.

Carl wurde umgehend aktiv, als er die Not sah, setzte sich mit Ärzten und einer Apotheke in Verbindung, die für Leicht – der auch Diabetes hat – nun die Medikamente portioniert und verpackt (geblistert) in die Einrichtung liefert. Inzwischen ist der Bewohner auch bei einem Orthopäden in Behandlung, der sich um seine Kniescheibe kümmert, die vor kurzem bei einem Treppensturz zerschmettert wurde. Seitdem geht Leicht an einer Krücke. Um wieder einen Personalausweis zu bekommen, hat sein Betreuer im geholfen, zunächst eine Geburtsurkunde zu beantragen.

„Liebe nimmt an“

Der 52-Jährige ist froh, dass er in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätten gelandet ist. „Die Therapeuten hier sind super und auch alle anderen Beschäftigten helfen mir, wenn ich Hilfe brauche. Es ist einfach gut hier.“ Es hätte ihm nicht gefallen, in eine einfache Obdachloseneinrichtung vermittelt zu werden. Sowohl die Betreuung als auch die arbeitstherapeutische Maßnahme im Caritas-Markt erscheinen Richard Leicht ganz wichtig. Und er hat das Gefühl, dass er in der Ein-richtung wertgeschätzt und so angenommen wird, wie er ist – ganz nach dem Motto der diesjährigen Caritas-Frühjahrssammlung „Liebe nimmt an.“ Er dürfte sogar in der Einrichtung bleiben, falls er wieder mit dem Trinken beginnt, denn in den Caritas-Wohnheimen gibt es sowohl einen „nassen Bereich“ als auch einen „trockenen Bereich“. Leicht ist freilich fest entschlossen, „trocken“ zu bleiben. Lediglich sein Laster „Rauchen“ will er in Maßen beibehalten.

Die Beschäftigten in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätten erleben den Bewohner als freundlich, als engagiert in der Arbeitstherapie und als einen, der sich an Abmachungen hält. „Das war nicht immer so“, gibt der 52-Jährige zu. „Nach meinem ersten Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt hätte ich mich regelmäßig bei der Bewährungshelferin melden sollen, was ich aber nicht tat.“ Sein Betreuer Stefan Carl kann sich vorstellen, dass die Arbeitstherapie von Richard Leicht im Caritas-Markt demnächst auch auf den Nachmittag ausgedehnt wird, wenn er sich weiter positiv entwickelt. Bisher arbeitet er nur vormittags.

Ziel eigene kleine Wohnung

Richard Leicht schöpft wieder neuen Lebensmut. Inzwischen hat er auch wieder Kontakt zu mehreren Familienmitgliedern, der zuvor abgebrochen war – so zu zwei seiner fünf Kinder, seiner Schwester, einem Neffen und einer Nichte. Der gelernte Metzger sieht es als realistisch, eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen, hat aber als Ziel, sich dann etwas hinzuverdienen zu können. Und er wünscht sich, sobald er sich weiter stabilisiert hat, dass er dann in eine eigene kleine Wohnung ziehen kann.

Text: Peter Esser/Caritasverband für die Diözese Eichstätt