Zum Inhalt springen
20.03.2024

Internationalität, Kreativität und Nähe zur Natur: Bischof Hanke bei Mittelschule am Josefstag

Bischof Gregor Maria Hanke (links) mit Leo und Lernpatin Barbara Hartmann

Bischof Gregor Maria Hanke (links) mit Leo und Lernpatin Barbara Hartmann. Foto: Anika Taiber-Groh/pde

„Was ist aufdringlich?“, fragt der 13-jährige Eyüp aus der Türkei den Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke ein Wort, das er in einem deutschen Text nicht versteht, in der Hausaufgabenbetreuung an der Sir-William-Herschel-Mittelschule Ingolstadt. „Das Gegenteil von höflich“, antwortet ihm der Bischof, der sich danach den zwei elfjährigen Jungen Hlib und Olexandr aus der Ukraine zuwendet, die eine Frage in Mathe haben. Mit ihnen errechnet er, dass eine Ameise das bis zu Zehnfache ihres Körpergewichts tragen kann. Anschließend erzählen die beiden dem Bischof Erlebnisse des Krieges in ihrem Heimatland, die sie miterleben mussten – was dem Bischof sichtlich nahegeht

Der Eichstätter Bischof hat am Josefstag die Offene Ganztagsschule und die Jugendsozialarbeit der Caritas an der Ingolstädter Mittelschule besucht. Neben der Hausaufgabenbetreuung nahm er am kreativen Gestalten im Schülercafé teil, machte einen Rundgang durch das Schulgebäude und dessen Garten, aß mit Schülerinnen und Schülern zu Mittag, lernte das Lernpatenprojekt kennen und führte Gespräche - unter anderem mit Schulleiter Norbert Mair, dem Geschäftsführer der Katholischen Jugendsozialarbeit Bayern, Michael Kroll, Caritas-Kreisstellenleiter Bernd Leitner und den Caritas-Jugendsozialarbeiterinnen Julia Heider und Julia Probst.

Hilfreiches Lernpatenprojekt

Im Lernpatenprojekt ließ sich Bischof Hanke auf ein Spiel „Vier gewinnt“ mit dem zwölfjährigen Leo ein. „Leo, Respekt!“, meinte Hanke, nachdem der Junge gewonnen hatte. Er erfuhr, dass Leo sowie vielen anderen Schülerinnen und Schülern hier beim Lernen geholfen wird – an diesem Tag von der Ehrenamtlichen Barbara Hartmann. Der Rentnerin, die sich schon seit vielen Jahren in diesem Projekt engagiert, ist es vor allem wichtig, "Freude am Lernen zu vermitteln.“ Das Lernpatenprojekt sucht Freiwillige, die den Kindern und Jugendlichen zur Seite stehen - weitere Informationen gibt es hier.

Das Lernpatenprojekt wurde vor knapp 20 Jahren an der Schule von Seiten der Caritas ursprünglich als Leseprojekt für nicht ausreichend Deutsch sprechende Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen. Hierbei stellten sich Seniorinnen und Senioren ehrenamtlich einmal pro Woche zur Verfügung, um mit den Schülerinnen und Schülern zu lesen. Mittlerweile sind es auch junge Beschäftigte bei Audi, „die mit unseren Kindern nicht mehr unbedingt lesen, sondern Deutsch, Mathematik und Englisch lernen. Ein sehr wertvolles und für beide Seiten gewinnbringendes Projekt“, so Julia Heider.

Im Schülercafé hatten die Jugendlichen zwei Wände gestaltet: zum einen zum Thema „Europa als Chance“ – Motto des diesjährigen Josefstages –, zum anderen über sich selbst: ihre Herkunftsländer, Talente, Fähigkeiten und Träume. „Fußballprofi werden“, „viel Geld verdienen“ und „meine Eltern stolz machen“ standen dort zum Beispiel. Im Beisein des Bischofs gestalteten einige Kinder frühlingshafte Glas-Dekorationen.

Im Gespräch mit den Verantwortlichen wurden unterschiedliche Themen erörtert. Corona habe Ängste erzeugt, erklärte Julia Heider. „Bei fünf bis sechs Stunden täglich vor dem Rechner fiel der soziale Faktor aus." Schulleiter Mair informierte, dass an der Schule 416 Kinder und Jugendliche aus 42 Nationen lernten. „Manche kommen ohne jegliche Deutschkenntnisse und absolvieren dann einen Crashkurs Deutsch.“ Sie seien dann oft frustriert, wenn sie im Regelunterricht sitzen und nichts verstehen, erfährt Julia Heider. Die Jugendsozialarbeiterinnen dienten ihnen als „soziales Auffangbecken“. Sie leisteten sowohl „Feuerwehrarbeit“, wenn junge Menschen einmal ausrasten, als auch „Beziehungsarbeit“, so Julia Probst.

Als Erfolg sehen die Schulverantwortlichen die Praxisklassen, in der Schülerinnen und Schüler einen theoriereduzierten Abschluss machen können. Diese seien zum Beispiel hochmotiviert, den Schulgarten zu pflegen oder technische Fähigkeiten zu erwerben. „Bei uns lernen sie zu arbeiten“, so Mair, weshalb viele auch trotz schlechter Noten eine Ausbildungschance in Betrieben erhielten. Die Schulumgebung ist für Mair auch wichtig für das Schulklima: "Es macht eben einen Unterschied, ob ich gegen eine Betonwand schaue oder ins Grüne.“

Zum gewaltfreien Schulalltag leisten die Mitarbeiterinnen der Jugendsozialarbeit an Schulen einen wichtigen Beitrag. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine kam es nach den Worten des Schulleiters zu Spannungen zwischen ukrainischen und russischen Schülerinnen und Schülern. „Es hat etwas gedauert, bis das wieder im Lot war.“ Dafür hätten sowohl die Klassenlehrerinnen und -lehrer als auch die beiden Jugendsozialarbeiterinnen der Caritas das Gespräch mit den jungen Menschen gesucht. Insgesamt wichtig sei es, dass die Schule einen transparenten Regelkatalog habe und fünf Werte leben wolle, die an einer Wand der Schule stehen: Respekt, Disziplin, Pünktlichkeit, Friedfertigkeit und Verantwortung. Viele Schülerinnen und Schüle hätten zudem das Prinzip Gerechtigkeit verinnerlicht, sagten die Caritas-Schulsozialarbeiterinnen. Das Angebot eines Schulfrühstücks werde gerne von Kindern und Jugendlichen angenommen, die sonst mit leerem Magen in den Unterricht kommen würden. Schule und Caritas ziehen in diesem und allen weiteren Bereichen an einem Strang. Bischof Hanke zeigte sich beeindruckt „von der Internationalität, der Kreativität, der Nähe zur Natur und vom pädagogischen Konzept der Schule.“

Heiliger Josef als Schutzpatron der Arbeitenden und Jugendlichen
 
Der Josefstag geht auf den Heiligen Josef als Schutzpatron der Arbeitenden und Jugendlichen zurück. Seit vielen Jahren besuchen Verantwortliche aus der Kirche an diesem Tag Einrichtungen der Jugendsozialarbeit und setzen damit ein Zeichen für die Bedeutung dieser Arbeit. Der Josefstag hebt die Bedeutung der katholischen Träger und Einrichtungen für die Integration benachteiligter Jugendlicher hervor und gibt Impulse für politische Entscheidungen.

Text: Peter Esser (Caritasverband für die Diözese Eichstätt)/pde