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04.10.2023

Ziel der Weltsynode zur Synodalität: eine symphonische Kirche

Petersplatz in Rom. Foto: Geraldo Hoffmann

Katholiken aus der ganzen Welt blicken nach Rom, wo bis 29. Oktober die erste Vollversammlung der Weltsynode stattfindet. Foto: Geraldo Hoffmann

Papst Franziskus hat beim Konsistorium am Vorabend der ersten Synodalversammlung ein sehr sinnenfältiges Bild verwendet, in dem er ausdrückt, was seine Vision einer synodalen Kirche ist. Auch wenn er diese Worte an die neuernannten Kardinäle richtete, wird hier etwas formuliert, was für die ganze Kirche entscheidend ist: Er verwendet das Bild des Orchesters, „das die Symphonik und die Synodalität der Kirche symbolisiert“.

Als Priester, der auch leidenschaftlicher Musiker ist, fasziniert mich dieses Bild. Ein Orchester kann nur erfolgreich sein, wenn jeder Musiker auf den anderen hört, im gleichen Rhythmus spielt, den anderen nicht übertönt und sich in das große Ganze einfügt. Es bedarf der Demut zu erkennen, dass die gewünschte Harmonie nur dann aufkommt, wenn jeder die Bedeutung des anderen erkennt. So wird er feststellen, dass er ohne den anderen eigentlich nichts vermag, selbst wenn er seinen Part perfekt spielt. Der Papst formuliert dies sehr fachmännisch: „Eine Sinfonie lebt von der geschickten Komposition der Klangfarben der verschiedenen Instrumente: Jedes leistet seinen Beitrag, manchmal allein, manchmal in Kombination mit einem anderen, manchmal mit dem gesamten Ensemble. Die Vielfalt ist notwendig, sie ist unverzichtbar. Aber jeder Klang muss sich in das gemeinsame Konzept einfügen. Und dafür ist das gegenseitige Zuhören von grundlegender Bedeutung: Jeder Musiker muss auf die anderen hören. Wenn einer nur auf sich selbst hören würde, wie erhaben sein Spiel auch klingen mag, käme das der Symphonie nicht zugute; und dasselbe würde passieren, wenn ein Teil des Orchesters nicht auf die anderen hören, sondern so spielen würde, als ob es nur diesen Teil gäbe, als ob dieser das Ganze wäre.“

Sich selbst und alle Hirten vergleicht der Papst mit dem Dirigenten, der ebenfalls bestimmte Haltungen braucht zum Gelingen des Werkes: „Der Dirigent des Orchesters steht im Dienst dieser Art von Wunder, das die Aufführung einer Sinfonie jedes Mal darstellt. Er muss mehr zuhören als alle anderen und gleichzeitig ist es seine Aufgabe, jedem Einzelnen und dem ganzen Orchester zu helfen, eine möglichst große kreative Treue zu entwickeln, eine Treue zum aufgeführten Werk, aber kreativ, fähig, dieser Partitur eine Seele zu geben, sie im Hier und Jetzt auf einzigartige Weise zum Klingen zu bringen.“ Hier formuliert der Papst das Spannungsgefüge, in dem die Weltsynode steht: Treue zum Ursprungswerk, also zum Evangelium und zur Lehre der Kirche, und Kreativität, um der „Partitur“ eine Seele zu geben, denn sie will nicht einen Klang der Vergangenheit konservieren, sondern auf dem Resonanzboden der Menschen von heute neu zum Klingen gebracht werden. Diese schöne Vision von Kirche muss mit den Erwartungen der Menschen in Einklang gebracht werden.

Der seit wenigen Wochen amtierende neue Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Víctor Manuel Fernández, hat bestimmte Erwartungen an die Weltsynode allerdings etwas gedämpft. Die Synode werde keine großen Veränderungen bringen, da sie nicht in dieser Weise gedacht sei. „Zumindest nicht in diesem Jahr“, betonte der Neu-Kardinal. „Danach werden wir sehen, was passiert, aber für diese Synode in diesem Jahr können wir nicht zu viel erwarten.“ Vor allem Journalisten und Medien bat er, „die Erwartungen herunterzuschrauben“.

Wie sieht das der Papst? Im Grundton optimistischer formuliert er es so und will dem Hl. Geist keine Grenzen setzen: „Der Heilige Geist ist unser Lehrmeister... der innere Lehrmeister eines jeden und der Lehrmeister des gemeinsamen Gehens. Er schafft die Vielfalt und die Einheit, er ist die Harmonie selbst.“

Ich höre immer wieder die Sorge, dass die Ergebnisse der Bistumsumfrage, die in die sogenannte kontinentale Phase eingebracht wurden, zu wenig wahrgenommen werden. Im Abschlussbericht der Europäischen Kontinentalversammlung sind entgegen dieser Sorge auch deutliche inhaltliche Überschneidungen mit den Anliegen der Gläubigen vor Ort sichtbar geworden. Hierzu zählen: Die Erkundung von Formen synodaler Autoritätsausübung, die Klärung der Entscheidungskriterien auf lokal und weltkirchlicher Ebene, das Treffen von konkreten und mutigen Entscheidungen über die Rolle der Frauen in der Kirche und ihre stärkere Beteiligung auf allen Ebenen, auch an Entscheidungs- und Beschlussfassungsprozessen. Das ganze Gottesvolk soll durch Bildungsangebote befähigt werden, eine synodale Kirche zu verwirklichen. Synodalität darf nicht nur etwas für Fachleute in der Kirche sein.

Wie sieht die Situation bei uns im Bistum Eichstätt aus? Eine Frucht der diözesanen Phase im Bistum Eichstätt war sicher die Erkenntnis, dass es bei uns schon vielfältige Formen von Synodalität gibt, dass aber die verschiedenen Gremien zu wenig miteinander unterwegs sind, zu wenig aufeinander abgestimmt sind und daher bei weitem nicht alles Potential ausgeschöpft ist. Der Diözesanrat tagte auf Schloss Hirschberg auf der Suche nach neuen Formen der Beteiligung der Laien. Der Wunsch nach mehr Beteiligung an Entscheidungsprozessen im Bistum kommt aus einer gemeinsamen Sorge um die Zukunft der Kirche. Die wachsende Unzufriedenheit vieler Gläubigen soll die Kirche nicht lähmen, sondern motivieren, gemeinsame Lösungen zu finden. Der Vorsitzende des Diözesanrates, Christian Gärtner, formuliert es so: „Das ist jetzt unsere Aufgabe und wir ergreifen gerne die Initiative.“ In den kommenden Monaten will man sich mit Gremien wie dem Diözesansteuerausschuss oder dem Priesterrat darüber verständigen. Außerdem sollen Beteiligungsmodelle aus anderen Diözesen vorgestellt werden. Es geht also auch um eine Vernetzung der verschiedenen Gremien, damit Synodalität eine Art Notenschlüssel vor jeder Art des Handelns wird. Unser Bischof Gregor Maria Hanke hat dabei dem Diözesanrat seine Unterstützung zugesagt. „Ich bin kein Gegner einer veränderten Form von Partizipation.“ Zunächst aber sei der strukturierte Dialog zwischen dem Diözesanrat und den Gremien auf Augenhöhe als erster Schritt notwendig. Ganz im Sinne eines synodalen Umgangsstiles sicherte der Bischof zu: „Wenn diese Gespräche abgeschlossen sind, können Sie auf mich zurückgreifen.“

Was wird die Weltsynode bringen? Ich bin kein Prophet, habe aber eine begründete Hoffnung, dass die Synode nicht nur neue Papiere produzieren wird. Nicht vergessen dürfen wir, dass die jetzige Synodalversammlung erst der erste von zwei Teilen ist. Ein Jahr lang müssen die Ergebnisse dann reifen, bis wir dann erst wissen können, wohin die Synode führen wird. Ein Fußballspiel endet auch nicht nach der ersten Halbzeit, sondern hält die Spannung wach. Der Sieg des Spieles hängt aber auch an der Zusammensetzung der Spieler ab. Die neue Zusammensetzung der Synodalen, die eben nicht nur Bischöfe sind, ist jetzt schon ein starkes Signal des Papstes. Die Art und Weise wie die Synodalen miteinander ringen und in der gemeinsamen Liebe zur Kirche agieren, wird auch unabhängig von inhaltlichen Positionen eine starke Botschaft an eine Welt sein, die immer mehr auseinanderdriftet. Ich jedenfalls hoffe und bete, dass eine synodale Kirche als symphonische Kirche, die Schönheit des Evangeliums neu zum Klingen bringt und nicht von Störfeuern und lieblosen Nebengeräuschen übertönt wird. Bei dieser Hoffnung bin ich wohl nahe an der Vision des Papstes.

Domvikar Dr. Thomas Stübinger, Diözesaner Ansprechpartner für die Weltsynode

Informationen zum synodalen Prozess im Bistum Eichstätt

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