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18.10.2010

Kinder „nicht überfordert, sondern herausgefordert“ - Neue Impulse bei Caritas-Fachtagung für katholische Kindertagesstätten

Bei einer von Radio K1-Redakteur Bernhard Löhlein (links) moderierten Fachexpertenrunde vor rund 650 Mitarbeiterinnen aus katholischen Kindertageseinrichtungen und Pfarrern als Trägervertreter im Ingolstädter Stadttheater wurden Beispiele vielfältigen und strukturierten Lernens verdeutlicht und diskutiert.

Ingolstadt (caritas) - „PROvokationKIND, Bildung – unsere Herausforderung“: Mit diesem Thema haben sich am Freitag (15.10.) im Ingolstädter Stadttheater bei einer Fachtagung des Caritasverbandes für die Diözese Eichstätt rund 650 Mitarbeiterinnen aus den über 192 Kindertageseinrichtungen im Bistum und Pfarrer als Trägervertreter auseinandergesetzt. Die Bedeutung der vom zuständigen Caritas-Fachreferat organisierten Tagung unterstrich der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke OSB, indem er sich mit einem Grußwort per Video an die Teilnehmerinnen wandte, da er selbst bei einer Synode in Rom war. Darin bat er die Sozialpädagoginnen, Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen der katholischen Kindertageseinrichtungen, bei der Erarbeitung ihres Gesamtbildungskonzeptes darauf zu achten, dass nicht nur „skills“, also Fähigkeiten, bei Kindern gefördert werden, sondern sie auch „im Glauben herangebildet werden, damit wir einen Dienst tun, den sonst vielleicht niemand tut“.  Auch Dompropst Klaus Schimmöller regte in einem Gottesdienst zuvor im Ingolstädter Münster - den ein für diesen Tag eigens gegründeter Chor aus Mitarbeiterinnen verschiedener Kindergärten musikalisch gestaltete - dazu an, Kindern immer wieder Möglichkeiten zu eröffnen, in Verbindung mit Gott zu treten: „mitten aus der pädagogischen Arbeit heraus“. Generalvikar Isidor Vollnhals dankte dem Caritasreferat für dessen Fachberatung der katholischen Kindertageseinrichtungen. Denn „nur durch hohes pädagogisches Niveau kann Kirche glaubwürdiger Partner für die Eltern der Kinder sein“.

Referatsleiterin Edith Schmitz stellte als Ziel heraus, dass in Zukunft „strukturiertes Lernen“ neben dem Freispiel und der Projektarbeit in den Einrichtungen eine wesentliche Rolle spielen solle. Dabei gehe es nicht um schulische Wissensvermittlung, wohl aber um systematisches und nachhaltiges Lernen. „Kinder erleben sich nicht überfordert, sondern herausgefordert“, brachte die Caritas-Referatsleiterin ihr Anliegen auf den Punkt. Dieses unterstützte Prof. Dr. Peter Erath von der Fakultät für Soziale Arbeit an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in einem Vortrag „Vom Wert früher Bildungserfahrungen“. Dabei wandte er sich gegen jene sozialpädagogische Einstellung, nach der Kinder vor der Gesellschaft geschützt werden müssen und der Kindergarten ihnen als „Schonraum“ dienen soll. Erath plädierte für einen „Lernkindergarten“, in dem Kinder mit der Lebenswirklichkeit konfrontiert werden und auch beginnen, diese zu hinterfragen. Dazu sind dem Professor zufolge Kinder in der Regel ab vier Jahren in der Lage. „Kinder wollen gebraucht werden, sind neugierig, lieben die Spannung und freuen sich auf den nächsten Tag“, erläuterte Erath plastisch das von ihm favorisierte Bild von Kindern. Zudem verwies er darauf, dass „Bildung“ einen engen Bezug zu Religiosität habe. Denn Bildung führe über das Konkrete hinaus, erlaube die Auseinandersetzung mit dem „Undurchschaubaren“ und verweise insofern auf eine religiöse Dimension.

Vielfältiges Lernen vom digitalen Fotografieren bis zum Autobau am Computer

Wie Bildung in Kindertagesstätten stattfinden kann, veranschaulichten bei der Tagung mehrere Leiterinnen und Mitarbeiterinnen von Einrichtungen aus den Diözesen Eichstätt und Regensburg, die an einem vor kurzem abgeschlossenen zweijährigen Pionierprojekt „Vielfältige Lehr- und Lernformen im Kindergarten“ teilgenommen hatten. Darin hatten auf Idee Eraths und unter Federführung des Eichstätter Caritas-Fachreferates 26 Einrichtungen strukturierte Bildungseinheiten für Kindertagesstätten auf der Grundlage des bayerischen Bildungs- und Erziehungsplanes (BEP) entwickelt. Monika Beham von der katholischen Kindertagesstätte Herz Mariä Otzing im Bistum Regensburg stellte dies am Beispiel eines Projektes „digitales Fotografieren“ vor. Dabei lernten die Kindergartenkinder etwa den Zusammenhang von der Speicherkarte und Bildern auf dem Computer kennen, wählten zwischen ähnlichen Bildern das beste Foto aus und begründeten ihre Entscheidungen, ferner bestellten sie selbst Bilder in einem Foto-Onlineshop. Die Leiterin des katholischen Kindergartens St. Augustin in Ingolstadt, Vera Sebald, verdeutlichte, wie Kinder in  ihrer Einrichtung die goldene Regel „Behandele andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst“ als religionsübergreifende Norm kennenlernten und sich bei Konflikten nun auch im Alltag von dieser leiten ließen. So wurde beispielsweise im Rollenspiel ein Konflikt simuliert, der entstand, weil ein Mädchen in Ruhe ein Bilderbuch lesen wollte, während neben ihr ein Junge mit Autos und entsprechend lauten Geräuschen spielte. Beide lernten schließlich, sich in die Situation des jeweils anderen zu versetzen.

Petra Nölp, die den Katholischen Kindergarten St. Rupert in Ingolstadt-Gerolfing leitet, führte in ihrer Einrichtung ein Projekt „Vielfalt aus der Farbenküche“ durch. Dabei lernten die Kinder nicht nur, Farben zu mischen, aufzuhellen und ausgewählte Farbkreise auszumalen, sondern auch die verschiedenen Farbtöne kennen. Helga Stiepel vom Katholischen Kindergarten Ingolstadt-Mailing berichtete, wie die Kinder in ihrem Haus in einem Mathematikprojekt erfuhren, was Muster sind und wie sie solche schließlich selbst legten und in der Natur an zum Beispiel Blättern, Pilzen und Baumstämmen erkundeten. Katharina Koch, Mitarbeiterin in St. Augustin Ingolstadt, führte in Kurzfilmen vor, wie Kinder mit dem Programm LEGO-Digital Designer Autos selbst am Computer konstruierten und so deren verschiedene Bestandteile und Funktionen erfuhren.

Edith Schmitz kündigte an, dass die Lernmodule des Pionierprojektes im Intranet zur Verfügung gestellt werden und regte Einrichtungen, die bisher keine Erfahrungen mit ihnen gemacht haben, an, „das mal auszuprobieren“. Zur Belustigung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer führte der Erlangener Künstler Benedikt Anzeneder bei der Tagung eine Pantomime über den „Rohstoff Bildung“, der im Kindergarten Einzug hält, auf. 

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