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21.03.2006

Dialog statt Verteufelung - Aktuelles Forum diskutiert über Fundamentalismus und „Kampf der Kulturen“

Eichstätt. (pde) – Vor einer Verteufelung des Fundamentalismus warnt der Dekan der Theologischen Fakultät Eichstätt Prof. Dr. Christoph Böttigheimer. Wichtig sei vielmehr die Abgrenzung von terroristischen Gruppen, der Aufweis ihrer pathologischen Strukturen und der Dialog mit pragmatischen, gemäßigt konservativen Gruppierungen. Bei einem Aktuellen Forum des Diözesanbildungswerkes Eichstätt bezeichnete Böttigheimer den Fundamentalismus als „extreme Kehrseite der Globalisierung“. Ursache sei eine massenhafte Entwurzelung von Menschen in den verelendenden Regionen der Erde und auch eine massive Kränkungsgeschichte. Fundamentalisten treten radikal und kompromisslos für ihre Grundsätze ein und lassen keine Diskussion zu. Auch wenn dieses Phänomen alle Weltreligionen betrifft, mache der islamische Fundamentalismus derzeit die größten Probleme. Hier sei zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden. Letzterer sei keine religiöse Bewegung, sondern eine religiös verbrämte politische Ideologie, sagte Böttigheimer.

Das Aktuelle Forum des Diözesanbildungswerkes in Zusammenarbeit mit dem Eichstätter Gesprächskreis Christentum – Judentum stand in diesem Jahr unter dem Thema „Droht ein Kampf der Kulturen? Die Konzilserklärung „Nostra aetate“ – eine kirchliche Wendemarke für die Verständigung der Religionen“. Bei der Veranstaltung im Bischöflichen Ordinariat unter Leitung von Dr. Bertram Blum referierte der Eichstätter Fundamentaltheologe Prof. Böttigheimer vor einem interessierten Publikum aus der ganzen Diözese.

Er legte zunächst die Vorgeschichte der Erklärung des Konzils über die nichtchristlichen Religionen dar. Bis ins 19./20. Jahrhundert seien diese theologisch nicht ernst genommen worden. Erst mit dem Ende des Eurozentrismus, dem Umschwung im Missionsverständnis, dem Erschrecken über den Holocaust und dem Ende des Fortschrittsglaubens unterzog die Kirche Mitte der 60er Jahre das eigene Selbstverständnis einer grundsätzlichen Revision und beurteilte die Wertigkeit nichtchristlicher Religionen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil neu.

Das Dokument „Nostra aetate“ selbst stand in einem weiteren Vortrag im Mittelpunkt. Es machte die Neubestimmung des Verhältnisses zum Judentum zu seinem Herzstück als Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Zum ersten Mal – so der Referent - sprach ein Konzil von diesen mit Anerkennung und richtete das Augenmerk mehr auf die Gemeinsamkeiten und das Verbindende. Gegenüber Hinduismus und Buddhismus erklärte das Konzil, dass auch sie Wahres und Heiliges enthalten. Gegenüber dem Islam wurde das gemeinsame Vorbild Abraham und der Glaube an den einen Gott betont. In Beziehung zum Judentum wurde die geistliche Verbundenheit zum Stamm Abrahams hervorgehoben: Israel bleibt das Volk der Verheißung. Der Antisemitismus wird beklagt, und es wird gegenseitige Kenntnis und Achtung versprochen. Schließlich ruft das Konzil alle Gläubigen zu glaubwürdigem Lebenszeugnis auf und zu friedvollem Umgang mit allen Menschen.

Dieser Ansatz des Konzils, sagte Prof. Böttigheimer, bedeute eine „kopernikanische Wende“ der Kirche. Ohne die Einzigartigkeit Jesu Christi aufzugeben, der das eschatologische Kriterium des Heils für alle Menschen ist, lehrt das Konzil eine gestufte Zugehörigkeit zum Gottesvolk, je nach Zahl und Qualität der Wahrheitselemente in den anderen Religionen. Diese Wahrheitselemente machen Gespräche und Kooperationen erforderlich. Gerade weil Beziehung, „Communio“, der Schlüsselbegriff christlicher Identität sei, verpflichtet das Konzil die Kirche zum Dialog mit den nichtchristlichen Religionen, der ebenso alternativlos sei wie die innerchristliche Ökumene und „letztlich den Weltfrieden garantiert“.

Eine lebhafte Diskussion fasste Dr. Blum im Schlusswort zusammen: „Der Dialog zwischen den Weltreligionen ist lebensnotwendig um des Friedens willen“. Voraussetzung dafür seien Wissen um die eigene Religion und um die anderen sowie Bildung, Mündigkeit und Sprachfähigkeit. Die Tatsache, dass der Glaube sich vor der menschlichen Vernunft ausweisen müsse, sei in den Ungleichzeitigkeiten der Weltreligionen unterschiedlich gehandhabt und daher der Grund aktueller Probleme.

 

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