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02.05.2022

Woche für das Leben: Demenzkranke Menschen liebevoll pflegen

Eva-Maria Fruth.

Eva-Maria Fruth, Fachberaterin für Pflege und Demenz, gab bei einem Seminar in der Caritas-Begegnungsstätte für Senioren in Hilpoltstein im Rahmen der Woche für das Leben zahlreiche Tipps zum Umgang mit demenzkranken Menschen. Foto: Peter Esser/Caritas

Hilpoltstein – „Ich verstehe dich nicht mehr! Demenzerkrankte Angehörige besser verstehen und gut betreuen.“ Zu diesem Thema hat die Seniorenpastoral des Bistums Eichstätt im Rahmen der derzeitigen Woche für das Leben ein Tagesseminar in der Caritas-Begegnungsstätte für Senioren in Hilpoltstein durchgeführt.

Acht pflegende Angehörige sowie Pflege- und Betreuungskräfte nahmen daran teil. Referentin Eva-Maria Fruth, Fachberaterin für Pflege und Demenz beim Bayerischen Roten Kreuz - Kreisverband Neumarkt, machte gleich zu Beginn an einem ihr erzählten Gesprächsbeispiel deutlich, dass Raffinesse im Umgang mit dem demenzkranken Menschen hilfreich sein kann: Eine betroffene Frau fragte ihren Ehemann: „Wer bist du eigentlich?“ „Ich bin dein Mann.“ „Sind wir verheiratet?“ „Ja!“ „Schlafen wir in einem Bett?“ „Nein, du schläfst auf der rechten Seite und ich auf der linken!“ Diese Antworten hätten die demenzkranke Frau zufriedengestellt, so die Referentin. Der Ehemann habe sich angemessen auf sie eingelassen, in dem Wissen, wie mit einer demenzkranken Person umzugehen ist.

Geduldig sein

„Ich muss geduldiger sein und mehr Verständnis haben“, meinte denn auch im Laufe des Seminars ein beteiligter Mann aus dem Raum Nürnberg dazu, was er in diesem gelernt habe. Seine Ehefrau ist bereits mit 54 Jahren dement. „Die Krankheit war für uns alle ein Schock“, erzählte er. Die diagnostizierte mittelschwere Demenz äußere sich in „ihrer großen Persönlichkeitsveränderung“. Sie treffe keine eigenen Entscheidungen mehr und müsse zu allem angestoßen werden, etwa das benutzte Glas in den Geschirrspüler zu stellen. Aus der Vergangenheit wisse sie noch alles, Erlebnisse mit den Kindern ebenso wie das eigene Hochzeitsdatum, aber was gerade eben passierte, habe sie vergessen, berichtete der Mann.

Eva-Maria Fruth gab zahlreiche Tipps für den Umgang mit demenzkranken Menschen. Wichtig sei es, diese bei der Kontaktaufnahme anzuschauen und kurze, klare Sätze zu verwenden. Auf keinen Fall sollten ihnen gegenüber ihre Defizite aufgezeigt werden – auch dann nicht, wenn der kranke Mensch einen zu Unrecht beschuldigt. Es solle der Person hingegen Positives zugesprochen werden wie „Mama, du hast in deinem Leben so viel für uns getan“ oder „Du warst immer ein guter Vater“. Und – damit richtete sich die Referentin auch an die anwesenden Pflegekräfte –, „wenn jemand nicht den Schlafanzug anziehen möchte, bevor er zu Bett geht, dann soll man ihn gewähren lassen. Die Hauptsache, er schläft gut.“

Vor allem dürfe die Pflegeperson nichts persönlich nehmen, so die Referentin. Das gelte nicht nur für den demenzkranken Menschen, sondern auch für die eigene Person, wenn sich Schuldgefühle einstellen, nicht genug für den Betroffenen zu tun. Immer wieder müsse man sich die Ursache für die besondere Situation für die ganze Familie vor Augen halten: „Es ist die Krankheit.“ Und da die Tätigkeit als pflegender Angehöriger in der Gesellschaft oft nicht genug Anerkennung erfahre, sei es wichtig, sich selbst dafür zu loben: „Ich mache es gut!“ Sonst gehe man als pflegender Angehöriger „schnell zugrunde“. Auch solle man sich immer wieder „goldene Kugeln“ als Gegengewichte zum schwierigen eigenen Leben bewusst machen. Die am Seminar Beteiligten nannten als solche Gegengewichte unter anderem den Glauben, die Familie, Freunde sowie auch „finanzielle Unabhängigkeit“. Eva-Maria Fruth regte an, sich auch regelmäßig für die geleistete Arbeit zu belohnen. Dies könne zum Beispiel dadurch geschehen, indem man sich an jedem Abend eine gute Praline gönnt.

Die Seminarteilnehmerinnen und –teilnehmer tauschten sich auch über ihre eigenen Erfahrungen aus. „Meine Grenze ist dann erreicht, wenn jemand aggressiv wird. Und es frustriert mich, wenn ich nicht genügend Zeit für Betroffene habe, weil schon drei andere Leute auf mich warten“, sagte eine Betreuerin aus einer Altenpflegeeinrichtung. Doch sie erzählte auch, wie Betroffene aufblühten, wenn sie mit ihnen ab und zu in ein Café geht und diese ihr dankbar mitteilen: „Hier ist es ja schön.“

Barmherziger Samariter als Vorbild

Eva-Maria Fruth regte pflegende Angehörige dazu an, sich den barmherzigen Samariter aus dem Lukasevangelium zum Vorbild zu nehmen. „Dieser hat sich vom Leid des Hilfebedürftigen anrühren lassen, hat ihm gut geholfen, aber ist dann auch wieder in sein eigenes Leben zurückgegangen, nachdem er ihn in die Herberge gebracht hatte“, so die Referentin, die dies als „Nächstenliebe mit Grenzen“ bezeichnete. Ebenso solle der Hilfeleistende mit dem demenzkranken Menschen umgehen: liebevoll helfen, aber nicht sich selbst aufopfern.

Quelle: Caritas