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Fachtagung zum Welttag der Kranken am 17. Februar 2017

Bericht von Julia Leiber und Anna Sophia Merwald

Spiritualität in der Pflege

Die Fachtagung „Spiritualität- Kraftquelle in/für Pflege im Alltag“ fand am 17. Februar anlässlich des „Welttags der Kranken“ an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt statt.
Prof. Dr. Constanze Giese thematisierte in ihrem Vortrag die Verknüpfung von Leib und Seele und die heilige „Nurse Jackie“. Der Theologe Pierre Stutz dagegen fand die Spiritualität auf seinem Stuhl.

Eröffnet wurde die Tagung durch Ordinariatsrätin Barbara Bagorski und Prodekan Frank Wießner von der Fakultät Soziale Arbeit an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Bagorski hob in ihrem Grußwort hervor, dass all das, was unter dem Begriff Spiritualität zusammengefasst ist, helfen kann und will, die kleinen notwendigen Dinge mit Liebe zu tun. Das sind z. b. routinierte Handgriffe in der Pflege, das Gespräch mit den Patienten, Kolleginnen und Angehörigen, das Überwinden von Augenblicken der Wut und des Ärgers und vieles mehr. Im Grußwort der Univerisität Eichstätt-Ingolstadt stellte Prodekan Prof. Frank Wießner fest, dass wenn auch unser Gesundheitswesen qualitätsgesichert, hochökonomisiert, effizient und effektiv ist, d.h. die physische Versorgung sehr hochwertig ist, doch die Frage ein Stück weit offen bleibt, was ist, wenn die Seele auch Bedürfnisse hat, ganz zu schweigen, dass auch die Pflegenden immer wieder in Grenzsituationen geraten, in denen sie auch Kraftquellen nötig haben. Er sei sich ganz sicher, ohne Spiritualität wäre unsere Welt sehr viel trister, grauer und hoffnungsloser.

„Spiritualität im Pflegealltag: nur ein Add-On oder wesentlicher Bestandteil ressourcenorientierter Pflege?“. Das war Gieses Ausgangsfrage auf der Fachtagung zum „Welttag der Kranken“. Es wurde klar, spirituelle Seelsorge ist schon immer elementarer Teil der Pflege gewesen. Giese hat selbst elf Jahre als Krankenschwester gearbeitet und danach ein Theologiestudium absolviert. Seit 2001 ist sie Professorin für Ethik und Anthropologie an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München.

In medizinischen Fachgebieten abseits der Palliativmedizin sei der Zweck von Spiritualität noch nicht allgemein anerkannt. Auch, dass „Gläubige sich leichter tun können, mit Krankheit umzugehen“, stellte Giese fest. Es gebe aber Patienten, die Schuldgefühle und Angst trotz ihrer Gläubigkeit entwickeln. Doch jeder Mensch hat spirituelle Bedürfnisse. In belastenden Situationen erweist sich diese Spiritualität als positiver Resilienzfaktor. Es ist wichtig „immer wieder einen Sinn im eigenen Tun zu sehen, körperlich und geistig fit zu bleiben“, fasste Giese zusammen. Die Pflege wird aber auch von einer Aufwer-tungsdiskussion begleitet: „Es geht darum, was als wertvoll erlebt wird“. Sollen die Blutabnahme oder seelsorgerische Tätigkeiten vom Pflegepersonal übernommen werden? „Das Spirituelle und das Leibliche gehört zusammen“, sagte Giese.

Sie bezeichnet mit Spiritualität alles, was unsere Fähigkeit zur Selbsttranszendenz, Beziehung, Kreativität, Hingabe und dem Glauben betrifft. Aber die Professorin fragte auch: „Wie können sich Pflegende darauf vorbereiten, dass es einen nicht kalt erwischt?“. Spiritual Care ist die Antwort. Diese reagiert spontan, situativ und ist ungeplant. Darin liegt auch die Stärke der spirituellen Pflege. Diese muss nicht durch medizinische Maßnahmen aufgewertet werden. Im Kern ist Seelsorge schon immer ein Teil der Pflege gewesen. Sie soll Patienten ein „Gefühl der Beheimatung in der Klinik“ vermitteln. Dass „Leib und Seele aufs Engste verknüpft“ sind, zeigt auch die Redewendung „sich die Seele aus dem Leib kotzen“. Ihren Vortrag ließ Giese mit einem Ausschnitt aus der amerikanischen Krankenhausserie „Nurse Jackie“ ausklingen. Die Schwesternschülerin Zoey bewundert Jackie für ihr Können: „Für mich bist du eine Heilige“. So ermutigte auch Giese ihre Zuhörer „Heilige zu werden, aber nicht gleich“.

„Sei auch gut mit dir selbst – Spiritualität als Kraftquelle für Pflegende“. Mit diesem Thema füllte der Theologe Pierre Stutz den zweiten Hauptvortrag: „Es heilt nur, wer selber verwundet ist“. Mitgefühl entsteht durch eigene Wunden. Der Schweizer sei selbst „umgefallen, tiefer als tief“. Allein so kann man helfen: „Leid anschauen, Leid aushalten, Leid verwandeln“. Er appellierte an alle Zuhörer „nicht zum hilflosen Helfer zu werden“.

Für ihn geht es „darum, Abbild Gottes zu werden“. „Wir müssen Gott gar nicht immer suchen, es gibt eine andere Möglichkeit, sich von ihm finden lassen“, verdeutlichte er.
Doch Gotteserkenntnis funktioniere nicht ohne Selbsterkenntnis. So kann niemand weise sein, der nicht über sich Bescheid weiß. Deshalb sei es wichtig immer wieder den Zugang ins eigene Haus zu finden. „Die Angst vor der eigenen Größe zu verlieren, ohne selbst größenwahnsinnig zu werden“ ist der Schlüssel dazu. Wie aber lässt sich das umsetzen? „Indem ich die Angst vor der eigenen Kleinheit verlasse.“

Für Stutz liegt der Reiz im Glück der Unvoll-kommenheit: „Was wäre das Leben ohne Rückschritte?“, fragte er. „Wenn Sie das Gefühl haben, an die Decke gehen zu müssen, könnten Sie der Decke entgegen gehen.“ Und schon stand er à la Robin Williams in „Club der toten Dichter“ etwas wackelig auf seinem Stuhl. Sein Rat für einen Tag, an dem nichts läuft, wie es soll. „Das ist Spiritualität“, rief er, wieder auf festem Boden, aus. Stutz schloss seine Rede mit den Worten seiner „Freundin“ Theresa von Ávila an: „Es gibt Tage, da macht es mir überhaupt nichts aus, wenn andere über mich reden“. „Wenn ich diese Worte höre, dann kriege ich geradezu Lust, heilig zu werden“, strahlte Stutz. Denn „heilig werden, heißt sich selber werden“.

In 19 verschiedenen Workshops konnten sich die circa 480 Teilnehmer am Nachmittag selbst mit dem breit gefächerten Themenspektrum „Spiritualität“ auseinandersetzen. Dazu zählte unter anderem, wie das spirituelle Bewusstsein Engagement, Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter beeinflusst. „Zur Selbstreflexion brauchen wir ein inneres Gespräch“, erläutert Dr. Ariane Schröder, Bildungsreferentin bei der katholischen Akademie für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen in Bayern e.V. Was gibt meinem Leben halt? Was gibt mir Sinn? Eine Altenpflegerin sagte: „Das Gefühl, ich bin da richtig.“ Welche Bedeutung „Spiritualität in der Pflege und Begleitung von Menschen mit Demenz“ hat, befasste sich der Workshop unter der Leitung von Prof. Dr. Barbara Städtler-Mach, Präsidentin der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Eine dicke Haut entwickeln und trotzdem Sensibilität verkörpern: im Workshop „Sensibel mit dicker Haut leben“ wurden Rollenspiele eingeübt. Ulrike Römer, Workshop-Teilnehmerin, arbeitet in der Strahlentherapie in Regensburg: „Ich stelle oft fest, dass mir die richtigen Worte fehlen.“ Da spielt die Spiritualität eine große Rolle.“ Für Nataliya Chudnovka von der Christlichen Arbeitsgemeinschaft Nürnberg e.V. gehören Religiosität und Spiritualität zusammen. „Das ist alles zusammen verbunden. Ich sehe da kein Unterschied.“

Die Veranstaltung in Eichstätt war bereits die 9. Fachtagung, die alle zwei Jahre stattfindet. Veranstalter waren: Bischöfliches Ordinariat Eichstätt, Hauptabteilung IV: Diakonale Dienste/Apostolat, Fachbereich Klinikseelsorge in Kooperation mit Katholischer Pflegeverband e.V., Regensburg, Fr. Luger, Fakultät für Soziale Arbeit, Katholische Universität Eichstätt- Ingolstadt, Studiengang Pflegewissenschaft Fr. Hohdorf.

Hintergrund des Welttags der Kranken ist der Gedenktag an Kranke jedes Jahr am 11. Februar. Initiiert wurde er von Papst Johannes Paul II.

Anmeldung

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Welttag der Kranken

Der Welttag der Kranken wurde 1993 anlässlich des Gedenkens an alle von Krankheiten heimgesuchten und gezeichneten Menschen von Papst Johannes Paul II. eingeführt. Er wird jährlich am 11. Februar, dem Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes begangen.

Kontakt

Bischöfliches Ordinariat
Fachbereich Klinikseelsorge in der Diözese Eichstätt
Walburgiberg 2
85072 Eichstätt
Tel. (08421) 50-612
welttag-der-kranken(at)bistum-eichstaett(dot)de