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11.07.2022

Einsatz für Menschenrechte: Delegation besucht Projekte in Kenia

Gerhard Rott informiert sich über die Arbeit der Caritas in einem Slum von Nairobi.

Gerhard Rott, Leiter des Referats Weltkirche im Bistum Eichstätt, informiert sich über die Arbeit der Caritas in einem Slum von Nairobi. Foto: Norbert Staudt/pde

Besuch in der „Wohnung“ einer minderjährigen alleinerziehenden Mutter in einem Slum von Nairobi.

Besuch in der „Wohnung“ einer minderjährigen alleinerziehenden Mutter in einem Slum von Nairobi: Schwester Modesther Wanjiru Karuri, die im Oktober nach Eichstätt kommen wird (2. v.l.), Elisabeth Lux, Bildungsreferentin von missio München und Gerhard Rott, Leiter des Referats Weltkirche im Bistum Eichstätt. Foto: Norbert Staudt/pde

Die Delegation von missio München und des Bistums Eichstätt mit Gastgebern in Nairobi.

Empfang mit Trommeln und Tanz: Die Delegation von missio München und des Bistums Eichstätt mit Gastgebern in Nairobi/Kenia. Foto: Norbert Staudt/pde

Markus Wittmann, Generalvikar Pater Michael Huber und Gerhard Rott am Grab des verstorbenen Eichstätter Diözesanpriesters Josef Rackl.

Besuch am Grab des 1999 verstorbenen Eichstätter Diözesanpriesters Josef Rackl. Von Links: Markus Wittmann, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bischöflichen Ordinariat, Generalvikar Pater Michael Huber, Gerhard Rott, Leiter des Referates Weltkirche im Bischöflichen Ordinariat. Foto: Norbert Staudt/pde

Eichstätt/Nairobi. (pde) – Einen Eindruck von der vielfältigen Hilfsarbeit der Katholischen Kirche in Kenia konnte sich eine gemeinsame Delegation des Bistums Eichstätt und des päpstlichen Missionswerkes missio machen. Kenia ist in diesem Jahr das Beispielland der Kampagne zum Monat der Weltmission im Oktober, das Bistum Eichstätt das Gastgeberbistum der zentralen Feierlichkeiten.

Hintergrund der Reise, die von missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber und dem Eichstätter Generalvikar Pater Michael Huber angeführt wurde, war ein Besuch in den Projekten der Gäste aus der Weltkirche, die im Oktober Eichstätt besuchen werden.

Lernen von der Megacity

Erwartet wird Schwester Modesther Wanjiru Karuri. Sie ist die stellvertretende Leiterin der Caritas Nairobi, ein langjähriger Partner von missio München. Die ostafrikanische Metropole steht an der Schwelle zur Megacity. In ihrem Großraum wohnen rund siebeneinhalb Millionen Menschen. Viele sind in der Hoffnung auf ein gutes Leben in die Stadt gekommen. Die Realität sieht oft anders aus, wie Schwester Modesther von ihrer Arbeit berichtet. In Nairobi liegt der wohl größte Slum Afrikas. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind extrem. Junge, alleinerziehende Mütter kämpfen in den Slums um eine bessere Zukunft. Die Caritas Nairobi ist vor allem im Bereich der Flüchtlingsarbeit aktiv. In einem dreijährigen Projekt werden kurz- und langfristige Hilfsangebote für Geflüchtete sowie arbeitslose kenianische Jugendliche geschaffen. Zu diesen Angeboten gehören zum Beispiel ausgewogene Ernährung, die Möglichkeit eine Berufsausbildung in den Bereichen Schreinerei, Klempnerei, Schneiderei, Schweißerei, Bäckerei und Gastronomie zu machen, oder auch Starthilfen, um eigenes Einkommen zu verdienen. Mit einem kleinen Startkapital können beispielsweise Verkaufsstände eröffnet werden.

Für Monsignore Huber ist Nairobi hier ein Beispiel für ganz Afrika. In Kenia findet sich nach seinen Worten alles, was die Herausforderungen des gesamten Kontinents ausmacht. Außerdem sei gerade die Landflucht eine Herausforderung, „wovon wir vielleicht auch für uns zu Hause lernen können“. Das gelte auch für den Umgang mit den Flüchtlingen, meist Binnenflüchtlingen – auch aus anderen Teilen Afrikas. Auch hier könne man das eine oder andere mitnehmen.

40 Millionen Menschen sind Opfer von Menschenhandel

Kenia ist Ursprungsland, Transitort und Ziel für die Opfer von Menschenhandel. Vor allem Kinder werden zu Opfer von Menschenhandel und in der Folge als Zwangsarbeiter missbraucht. Die Metropolregion Nairobi ist aber vor allem auch ein Transitort für den Menschenhandel in den Mittleren Osten und nach Osteuropa. Laut Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind weltweit circa 40 Millionen Menschen in 161 Ländern jährlich Opfer von Menschenhandel. Fast alle Opfer erleiden körperliche und sexuelle Gewalt, knapp die Hälfe werden zwangsprostituiert. Der Großteil der Opfer ist zwischen 18 und 24 Jahren alt, 1,2 Millionen Opfer sind allein Kinder. Im Jahr 2020 wurden circa 31,6 US-Dollar Milliarden Profite durch Menschenhandel erwirtschaftet.

Um genau diese Menschen kümmert sich die Nichtregierungsorganisation „Haart“. Sie arbeitet eng mit der Diözese Ngong und der Erzdiözese Nairobi zusammen und hat enge Verbindungen mit dem „Catholic National Justice and Peace Office“ und der „All Africa Conference of Curches“. In Kenia hat die Regierung keine Unterbringungen für Opfer des Menschenhandels vorgesehen und Opfer werden, wenn überhaupt, nur für einen kurzen Zeitraum geschützt. Haart hat es sich zum Ziel gemacht die Opfer von Menschenhandel direkt zu unterstützen und stellt beispielsweise Schutzräume für Opfer des Menschenhandels zur Verfügung. An diesem Schutzort werden Opfer direkt untergebracht und psychologisch betreut. Sie erhalten auch medizinische Vorsorge, rechtliche Unterstützung und finanzielle Mittel für die Schulbildung. Jedes Opfer von Menschenhandel erhält bei der Aufnahme durch Haart einen personalisierten Plan mit der Identifikation der jeweiligen Bedürfnisse. Das Team von Haart Nairobi unterstützt die Opfer auch bei der Trauma-Heilung, durch Seelsorgegespräche und Reintegration von Opfern in ihren Gemeinden. Haart arbeitet mit Diözesen, Pfarreien und Kleinen Christlichen Gemeinden (KCGs) zusammen, wenn es um Sensibilisierung, um Trainings zur Erkennung von Mechanismen des Menschenhandels und um Familienzusammenführung geht. Für Winnie Mutevu einer Mitarbeiterin von Haart, die  im Herbst in Bayern erwartet wird, ist eines jedenfalls klar: „Wir müssen auch mit der Gesellschaft und mit der Politik sprechen, um herauszufinden, was getan werden muss, um den Menschenhandel zu beenden. Menschenhandel, egal welcher Art, darf nicht mehr stattfinden!“

Geflüchtete helfen Geflüchteten

Viele Geflüchtete aus anderen afrikanischen Ländern, insbesondere aus Burundi, der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda landen in den Slums von Nairobi. Charles Sendegeya ist Koordinator der Organisation „Tushirikiane Afrika“ (TUSA), einem Netzwerk von Geflüchteten für Geflüchtete. Tusa organisiert Solidarität. Gruppen zwischen 15 und 35 Familien bilden Solidaritätsgruppen, stehen in Kontakt und helfen sich gegenseitig. Neben der Versorgung mit Nahrung, Kleidung und Medikamenten gehören auch Zuschüsse und Geld für den Schulbesuch der Kinder dazu. Besonders wichtig ist aber die psychosoziale Beratung. Für Charles Sendegeya, der ebenfalls im Oktober nach Eichstätt kommen wird, ist eine solche Solidaritätsgruppe wie eine Familie. „Wie in einer Familie muss man nicht mehr haben als die anderen, sondern man versucht zu teilen. Die Form der Solidaritätsgruppe hilft den Menschen, sich zu öffnen, sich von den seelischen Verletzungen zu erholen und Wege zu finden, kleine Geschäfte oder Unternehmen zu starten und sich den Lebensunterhalt zu sichern.“

Junge Menschen stehen im Mittelpunkt

Der Monat der Weltmission im Oktober ist die größte Solidaritätsaktion der Katholikinnen und Katholiken weltweit. Die zentralen Festlichkeiten von missio München finden in diesem Jahr im Bistum Eichstätt statt. Vor Ort konnte sich die Eichstätter Delegation davon überzeugen, dass die Hilfe ankommt.

In vielen Projekten für Geflüchtete, die missio und zum Teil auch das Bistum Eichstätt unterstützen, stehen junge Menschen im Mittelpunkt. Für Gerhard Rott, Leiter des Eichstätter Referats Weltkirche, ist das kein Zufall: „Die jungen Leute sind immer die gesellschaftlich aktivsten. Die sind es, die am leichtesten die neue Sprache lernen. Denn viele der Geflüchteten kommen aus frankophonen Staaten. Die jungen Leute werden in ihren Familien hinein die Sprache als erstes vermitteln, Übersetzer-Dienste leisten. Aber sie sind es auch, die Kontakte zur hier lebenden jungen Generation aufbauen werden. Es wird Mischehen geben und so wird auch die Integration passieren.“

Das Bistum ist mit Kenia verbunden

Mit Kenia verbindet auch der Diözesanverband Eichstätt der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) eine Partnerschaft. Seit vielen Jahren ist die KAB mit dem „Christian Workers Movement“ (CWM) freundschaftlich verbunden. Das CWM engagiert sich für menschenwürdige Bedingungen für Arbeiterinnen und Arbeiter in der dortigen Teeanbauregion. Domitila Mwelu Kaluki aus Muranga in der Nähe von Nairobi wird das CWM im Herbst in Bayern vertreten. „In Kenia arbeiten wir daran, die Würde der menschlichen Person zu verbessern und wir sind bestrebt, alle Arbeiter zu Christus zu bringen. Das ist unsere große Mission als katholische Arbeiter“, wie Domitila Mwelu Kaluki im Gespräch betont. „Unser Dienst ist nicht nur ein Service an den arbeitenden Menschen, sondern es ist mehr, was wir anbieten.“

Beeindruckende und persönliche Eindrücke

Die Reise nach Kenia war geprägt von der Not vor Ort, aber auch von dem, was die Menschen zu geben haben. In den Pfarreien wurde die Delegation festlich mit Musik und Tanz begrüßt, für die Reisenden eine Fülle von Eindrücken. Der Eichstätter Generalvikar, Pater Michael Huber zeigte sich von den Begegnungen beeindruckt: „Wir haben sie in der ganzen Breite erlebt, wie sie uns begegnen können, von ganz arm in den Slums bis hin zu Menschen, die zu einem gewissen Wohlstand gekommen sind. Und überall spüren wir die Notwendigkeit, dieses Bedürfnis der Begegnung, der Wertschätzung, des sich Kennenlernens.“

Für Markus Wittmann, den stellvertretenden Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bischöflichen Ordinariat, war die Reise auch eine Begegnung mit seiner eigenen Vergangenheit. Er kannte noch gut den ebenfalls aus der Neumarkter Hofkirchenpfarrei stammenden Missionar Josef Rackl, der in Nairobi wirkte, und dort im Jahr 1999 verstarb. Die Delegation aus dem Bistum Eichstätt konnte an seinem Grab ein Gebet sprechen.

Impressionen vom Besuch der Delegation in Kenia zeigt auch ein Videofilm, der unter www.bistum-eichstaett.de/video verfügbar ist.