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07.07.2022

Bischof Hanke: „Kirchlicher Pazifismus darf nicht den Aggressoren in die Hände spielen“

Friedensgebet in Eichstätt mit Bischof Hanke

Beim Friedensgebet in Eichstätt plädierte Bischof Hanke für einen realistischen Pazifismus der christlichen Kirchen. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Kinder aus der Ukraine. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, beim Friedensgebet in Eichstätt. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Friedensgebet in Eichstätt. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Bischof Hanke spricht beim Friedensgebet auf dem Eichstätter Residenzplatz. Im Hintergrund, eine Männerschola sowie der Rektor des Collegium Orientale, Oleksandr Petrynko (4. von links) und Dompfarrer Josef Blomenhofer (1. von links).

Eichstätt. (pde) – Die christlichen Kirchen müssen ihre herkömmlichen Positionen in der Friedensethik nachjustieren: Das hat Bischof Gregor Maria Hanke bei einem ökumenischen Friedensgebet am Mittwoch, 6. Juli, auf dem Eichstätter Residenzplatz gefordert. „Das Eintreten für den Frieden, der kirchliche Pazifismus, den wir nicht aufgeben dürfen, darf nicht den Aggressoren in die Hände spielen“, sagte Hanke vor rund 150 Menschen, die sich zum wöchentlichen Gebet für den Frieden in der Ukraine versammelt hatten. „Es bedarf in der kirchlichen Position lebensnahe Antworten auf die Situationen, in denen Grundrechte durch Gewalt verletzt werden“, betonte Hanke. Dazu sei das Gebet unerlässlich, „damit vor allem die Politiker vom Geist Gottes erleuchtet werden, um die richtigen Entscheidungen zu treffen: Den Einsatz für den Frieden nicht zu lassen, aber auch der Aggression keinen Raum zu geben.“

Der Krieg, der am 24. Februar begonnen hat, habe uns alle erschüttert. Nach nun fast fünf Monaten bestehe jedoch die Gefahr, dass die Kriegsmeldungen als selbstverständlich aufgenommen würden, sagte Bischof Hanke. Vielleicht würden sie sogar als störend bei Urlaubs- und Alltagsplanungen empfunden. „Das darf nicht so sein, denn es stehen Schicksale dahinter: Familien, die ihre Städte verlassen müssen, Menschen, die den Tod finden.“

Die politischen Wahrnehmungsmuster in Deutschland und Europa hätten sich aufgrund dieses Krieges verändert. „Wir mussten feststellen, dass wir allzu gutgläubig, allzu optimistisch waren. Wir dachten nach dem Fall der Mauer, die Zeit der Blöcke wäre vorbei, die Zeit der Verständigung, eines Friedens auf Dauer wäre gekommen“, sagte Hanke. Nun müsse man feststellen, dass dem nicht so sei. Die Rücker zu einem solchen Realismus falle nicht leicht, weil damit auch die Frage des bisherigen Wohlstandes verbunden sei. Es werde wohl so nicht weitergehen können, angesichts der Spannungen, die auch an anderen Stellen der Welt aufträten. „Wir müssen in unseren Wahrnehmungsmustern realistisch werden. Das ist Aufgabe der Politik“, so Hanke.

Den Krieg in der Ukraine bezeichnete der Eichstätter Bischof als „ein Skandal, weil Verantwortungsträger aus der Politik, die vorgeben, christliche Werte zu vertreten, Soldaten in den Krieg schicken: „Das können wir als Christen nicht hinnehmen und nicht gutheißen.“ Mit dem Friedensgebet wolle man zeigen, dass das ein „No-Go“ sei. „Der Friede im Großen beginnt bei uns, im Miteinander in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen“, so der Eichstätter Bischof. Die Würde des Christseins verbiete es, sich gegen den Brudern, gegen die Schwester zu erheben. Dies sollten auch die Verantwortungsträger in der Politik erkennen.

Zu dem Friedensgebet hatten die Dompfarrei und die evangelischen Kirchengemeinde Eichstätts eingeladen. Mitgebeten haben auch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in der Stadt untergebracht sind, sowie Teilnehmenden der Männer-Wallfahrt im Rahmen der Willibaldswoche. Die musikalische Gestaltung übernahm eine Männerschola des Collegium Orientale Eichstätt. Für Bischof Hanke war es der erste öffentliche Auftritt nach seiner überstandenen Corona-Virus-Erkrankung.