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11.03.2025

Wie das Bistum Eichstätt „zehn Gebote“ aus Laudato si‘ umsetzt

Blick vom Gelben Berg in Mittelfranken. Foto: Cordula Klenk

Umweltschutz ist seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema im ländlich geprägten Bistum Eichstätt (hier ein Blick vom Gelben Berg in Mittelfranken). Foto: Cordula Klenk

Eichstätt – Vor einem Jahrzehnt veröffentlichte Papst Franziskus die Enzyklika Laudato si‘. Daraus leitete die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) 2018 zehn Handlungsempfehlungen mit dem Titel „Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag“ für die Bistümer ab. Sie lesen sich wie eine Art „zehn Gebote“. Wie werden sie in der Diözese Eichstätt umgesetzt?

Das Bistum engagiert sich seit vielen Jahren für den Umweltschutz – lange bevor Laudato si‘ veröffentlicht wurde. Bereits 1986 wurde mit Pfarrer Josef Bierschneider der erste Umweltbeauftragte eingesetzt. Bischof Gregor Maria Hanke, früher bekannt als „grüner Abt“ des Klosters Plankstetten, hat seit seinem Amtsantritt 2006 Nachhaltigkeit zu einem Kernthema kirchlichen Handelns im Bistum gemacht. Seit 2013 setzt die Diözese ein integriertes Klimaschutzkonzept um, das derzeit weiterentwickelt wird. Laudato si‘ und die DBK-Empfehlungen haben den Einsatz für die Umwelt verstärkt. Folgende Übersicht zeigt beispielhaft Fortschritte in verschiedenen Bereichen. (Die Zwischenüberschriften entsprechen denen des DBK-Dokuments.)

1. Schöpfungsspiritualität in Verkündigung und Liturgie verorten

Im Bistum Eichstätt wird jährlich Anfang September die Ökumenische Schöpfungszeit begangen. Materialien dazu stellen die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und die Stabsstelle Schöpfung, Klima- und Umweltschutz den Pfarreien bereit. Rund um das Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober findet jedes Jahr ein diözesaner Schöpfungstag statt. Gemeinden stellen oft die Schöpfung in den Mittelpunkt ihres Dankens und Bittens bei Familiengottesdiensten. Anregungen für die Verkündigung gibt zum Beispiel das ökumenische Kooperationsprojekt „nachhaltig predigen“.

2. Eigene Traditionen wiederentdecken

„Ein Weg des Verzichts führt uns letztlich zu einem Mehr an Menschlichkeit und tieferem Leben“, heißt es in Laudato si‘. Für Bischof Hanke bedeutet „weltweite Solidarität angesichts der Klimakrise auch für uns in Deutschland, dass wir uns persönlich einschränken müssen.“ Deshalb beteiligt sich die Diözese unter anderem an der ökumenischen Aktion „Klimafasten“. Sie verbindet die christliche Tradition des Fastens mit der Einübung eines klimafreundlichen Lebensstils.

3. Schöpfungsbewusstsein innerkirchlich verankern

Mit dem sogenannten „Eichstätter Appell“ wurden Entscheidungsträger sowie ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende der Kirche im Bistum Eichstätt bereits 2007 aufgerufen, sich für Umwelt- und Klimaschutz zu engagieren. 2014 führte das Bischöfliche Ordinariat (BO) ein Umweltmanagementsystem nach EU-Standard (EMAS) ein. Seitdem gilt für Mitarbeitende des BO eine „Umweltpolitik“, die 2021 mit Bezug auf Laudato si‘ aktualisiert wurde. Darin wird die Schöpfungsverantwortung als eine Kernaufgabe der Kirche definiert. In den Leitlinien verpflichtet sich die Diözese, das Lebensrecht künftiger Generationen sowie der Menschen in allen Regionen der Welt zu achten, Pflanzen und Tiere zu schützen sowie als lernende Gemeinschaft dauerhaft umweltgerecht und sozialverträglich zu handeln. Ehrenamtliche Umweltbeauftragte in den Pfarreien und Pfarrverbänden sensibilisieren die Gemeindemitglieder für ihre Schöpfungsverantwortung. Mit Beratung und dem jährlichen Umweltforum „Mit Gott im grünen Bereich“ bietet die Diözese ihnen gezielte Unterstützung.

4. Durch Bildung sensibilisieren und ermutigen

Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil der Ausbildung angehender Priester und pastoraler Mitarbeitender – und kommt dabei sogar auf den Tisch. Die Gärtnerei des Eichstätter Priesterseminars, die die Hausküche beliefert, hat schon immer umweltbewusst gearbeitet und befindet sich derzeit in der Umstellungsphase zur zertifizierten ökologischen Gärtnerei. Auszubildende und neue Mitarbeitende werden in das Thema eingeführt. Der Fachbereich Personalentwicklung, Aus-, Fort- und Weiterbildung der Diözese kooperiert eng mit der Stabsstelle Schöpfung, Klima- und Umweltschutz, in der die Nachhaltigkeitsbildung verortet ist.

Das Zentrum für Schöpfungsspiritualität (ZfS), das die Diözese mit den Benediktinermönchen im Kloster Plankstetten betreibt, bietet in diesem Jahr 30 Veranstaltungen, die sich intensiv mit dem Schöpfungsgedanken auseinandersetzen. Ein enger Kooperationspartner des ZfS ist das Diözesanbildungswerk, das ergänzende Angebote bereitstellt. Dazu zählen Filmreihen zum Themenbereich „Schöpfungsverantwortung – Umweltschutz – Nachhaltigkeit“ sowie die „Umweltfilmtage“, die alle zwei Jahre in Eichstätt stattfinden. Darüber hinaus stellt der Fachbereich Medienbildung des Diözesanbildungswerks zu diesem Themenkomplex rund 200 Medien online oder im Verleih zur Verfügung. Sie kommen in allen Bildungsbereichen und in der Pastoral zum Einsatz. Auch die regionalen Stellen der Katholischen Erwachsenenbildung bieten regelmäßig Veranstaltungen zum Thema Schöpfung an.

2020 wurde ein Nachhaltigkeitsprozess an den diözesanen Schulen angestoßen. In der Fachakademie für Sozialpädagogik der Diözese Eichstätt, die Erziehungsfachkräfte ausbildet, ist „Schöpfungsbewahrung und Nachhaltigkeit eine Querschnitts-Bildungsaufgabe“, wie Schulleiterin Ulrike Rhein erklärt. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind feste Bestandteile vieler Unterrichtsfächer. „Uns ist es wichtig, dass die Studierenden diese wichtigen Themen verinnerlichen und später auch mit ihren jeweiligen Zielgruppen in den Einrichtungen – vor allem in Kindertageseinrichtungen – umsetzen“, sagt Rhein. Das Realschulzentrum Rebdorf hat eine Reihe von Nachhaltigkeitsprojekten initiiert, unter anderem Pflanzaktionen im diözesanen Forst (Spitalwald) und auf einem Biolandhof nahe Eichstätt. Für die siebten Jahrgangsstufen findet eine Umwelt- und Nachhaltigkeitswoche statt. Kürzlich machte der „Klimaladen“ – eine interaktive Wanderausstellung – Station in der Maria-Ward-Realschule in Rebdorf.

Am Gnadenthal-Gymnasium Ingolstadt ist „der verantwortungsvolle Umgang mit der Schöpfung ein wichtiger Teil der Werteerziehung“, berichtet Schulleiter Jean-Marcel Diegeler. In der 8. Jahrgangsstufe wird bei fächerübergreifenden Projekten die Kurzfassung der Enzyklika „Laudato si‘. Unsere Erde in Gefahr“ gelesen. In der 9. Jahrgangstufe gehört der Klimawandel zum Lehrstoff. Die 11. Jahrgangstufe setzt sich mit dem Projekt „Blue Marble Health“ auseinander, das auf der Agenda 2030 der Vereinten Nationen basiert. Projekt- und Wahlfachgruppen gestalten und pflegen den Klostergarten, während die Aktion „Klimafasten“ in Schulgottesdiensten thematisiert wird. Die Katholische Hochschulgemeinde Eichstätt veranstaltet zusammen mit dem Arbeitskreis Foodsharing ein Frühstück für Studierende aus geretteten Lebensmitteln. „Damit möchten wir zu einem achtsamen Umgang mit Lebensmitteln sensibilisieren und an die Schöpfungsverantwortung erinnern“, sagt Hochschulpfarrer Pater Stefan Weig. Das Referat Weltkirche setzt auf „globales Lernen“ (siehe Punkt 10).

5. Schöpfungsverantwortung als diözesanen Schwerpunkt etablieren

Mit der Klimaoffensive 2035 geht das Bistum Eichstätt den Weg, treibhausgasneutral zu werden. Die Diözese hat sich dieses Ziel mit dem Schwerpunkt „Nachhaltigkeit und solidarischer Lebensstil“ in ihrem Strategieprozess und Zukunftsplan gesetzt. Die Klimaoffensive soll das Verantwortungsbewusstsein und das aktive Handeln aller Beschäftigten für den Umweltschutz durch Information und Fortbildungsangebote fördern. Weitere konkrete Handlungsfelder umfassen beispielsweise ein nachhaltiges Finanzmanagement, die Etablierung eines solidarischen Lebensstils, die Intensivierung der Schöpfungsspiritualität in Zusammenarbeit mit der Benediktinerabtei Plankstetten und die Förderung weltkirchlicher Solidarität. Für die bistumsweite Umsetzung sorgt ein Umweltteam aus der Nachhaltigkeitsreferentin, dem Projektleiter für die Klimaoffensive und dem Referenten für Klimaschutzmanagement, die von einer Bürokraft unterstützt werden.

6. Gebäudemanagement umweltverträglich gestalten

Rund 2.500 Gebäude umfasst der Immobilienbestand des Bistums Eichstätt. Im Rahmen der neuen Pastoralkonzepte der 74 Pastoralräume, die derzeit von der Diözese überprüft werden, werden der zukünftige Bedarf sowie die Nutzung dieser Gebäude geklärt. Neben der pastoralen Relevanz gehören auch allgemein geltende Öko-Standards und die Vorgaben der Klimaoffensive zu den entscheidenden Kriterien der Gebäudebeurteilung. Nach den 2016 eingeführten diözesanen Bauregeln gilt für die Planungs-, Bau- und Unterhaltsqualität der Grundsatz der Nachhaltigkeit, insbesondere die Schonung der Bausubstanz und die Minimierung der Umweltbeeinträchtigungen. Bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen wird gemäß der Umweltpolitik des Bistums auf die Verwendung umweltverträglicher Stoffe geachtet. Ein Energiespar-Leitfaden bietet den Pfarreien und Einrichtungen Wege zu einem schonenden Umgang mit der Ressource Energie. Seit dem Sommer 2024 werden im Bistum keine Öl- oder Gasheizungen mehr neu installiert. Aktuell wird eine Photovoltaik-Offensive konzipiert.

7. In kirchlichen Einrichtungen nachhaltig wirtschaften

Das Bischöfliche Ordinariat Eichstätt hat in seinem Beschaffungsleitfaden eine klare Regel festgelegt: „Wir beschaffen bevorzugt die in Herstellung, Gebrauch und Entsorgung insgesamt umweltfreundlichsten Produkte, Verfahren und Dienstleistungen“. In ihren Verwaltungsgebäuden und Tagungshäusern (Schloss Pfünz, Schloss Hirschberg und Habsberg) hat die Diözese auf Ökostrom mit Grüner Strom-Label-Zertifizierung umgestellt. Das hat inzwischen mehr als die Hälfte der rund 480 Kirchenstiftungen im Bistum auch getan – dank eines Rahmenvertrags der bayerischen Diözesen mit einem Ökostromanbieter. Einige Pfarreien decken einen Teil ihres Energiebedarfs durch eigene Photovoltaikanlagen oder Hackschnitzelheizwerke. Am Realschulzentrum Rebdorf betreibt die Diözese ein eigenes Wasserkraftwerk und einen Holzhackgutkessel. Bei der Beschaffung von Lebensmitteln wird auf Regionalität, Saisonalität und biologische Erzeugung geachtet. Im Zuge ihrer Transparenzoffensive hat die Diözese neue Richtlinien für Finanzanlagen eingeführt. Sie basieren auf der Orientierungshilfe „Ethisch-nachhaltig investieren“ der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

8. Kirchenland nachhaltig bewirtschaften

In der Regel gehören kirchliche Acker- oder Waldflächen im Bistum den Kirchenstiftungen. Das Kirchenland wird entweder von Pfarrpfründestiftungen vor Ort oder von der Katholischen Pfründepachtstelle in Regensburg verwaltet, über die in Bayern die meisten Pachtverträge der katholischen Kirche laufen. „Die kirchlichen Flächen werden in der Regel für die Dauer von zwölf Jahren verpachtet“, heißt es in der Handreichung „Artenreiche Landwirtschaft auf Kirchengrund“, welche die Universität Regensburg 2018 erstellt hat. Demnach trägt das bisherige Vorgehen zum Erhalt kleinerer Höfe, zur landwirtschaftlichen Strukturvielfalt und damit einhergehend häufig auch zur Arten- und Sortenvielfalt bei. Dennoch könnte der Artenreichtum in vielen Fällen noch weiter gefördert werden.

9. Mobilität umweltfreundlich gestalten

Die Mitarbeitenden der Diözese Eichstätt sind angehalten, für Dienstreisen – wenn möglich – öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Seinen Fuhrpark hat das Bistum 2020 verkleinert und auf Gasantrieb umgestellt. Aktuell werden die Gasfahrzeuge durch Elektroautos ersetzt. Die Diözese hat mit der Deutschen Dienstrad GmbH einen Rahmenvertrag über die Bereitstellung von Diensträdern abgeschlossen.

10. Gesellschaftspolitische und internationale Verantwortung wahrnehmen

Seit vielen Jahren unterstützt die Diözese Projekte zur nachhaltigen Entwicklung in ländlichen Regionen Afrikas. Jüngste Beispiele sind Initiativen zur Ernährungssicherung im Kenia und ein Aufforstungsprojekt in Ghana. In der Partnerdiözese Gitega in Burundi ist durch Spenden, Drittmittel und Kirchensteuern ein großes Sozial- und Pastoralzentrum mit Schulen, Gesundheitseinrichtungen, nachhaltiger Energieversorgung sowie einem Aufforstungsprojekt entstanden. In Zusammenarbeit mit den Hilfswerken Misereor, Adveniat, Renovabis und dem Kindermissionswerk unterstützt das Bistum ökologische und soziale Projekte in verschiedenen Regionen der Welt.

Das Referat Weltkirche organisiert jährlich rund 30 Bildungsveranstaltungen zum „globalen Lernen“. Die Verbindungen zu den Eichstätter Partnerbistümern Poona (Indien), Gitega (Burundi) und Leitzmeritz (Tschechien) spielen dabei eine wichtige Rolle. „Auch die Kampagnen mit den Hilfswerken und deren internationalen Gästen ermöglichen eine fokussierte Beschäftigung mit den Themen Nachhaltigkeit und Solidarität“, sagt der Leiter des Referats Weltkirche, Gerhard Rott.

Fazit

„Wir können bei der Umsetzung von Laudato si‘ und den DBK-Empfehlungen auf Maßnahmen und Initiativen aufbauen, die in den vergangenen Jahren eingeleitet wurden“, sagt Nachhaltigkeitsreferentin Lisa Amon. Die Fortschritte seien ermutigend. „Ich stelle im gesamten Bistum eine zunehmende Sensibilität für die Klimakrise fest. Die Bereitschaft, sich aktiv im Klima- und Umweltschutz zu engagieren ist hoch. Das ist gut, denn es gibt noch viel zu tun“, bilanziert Amon.

Text: Geraldo Hoffmann

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