Es gab auch Folgeschreiben zu Laudato si‘. Vor fünf Jahren veröffentlichten mehrere vatikanische Behörden ein gemeinsames Dokument, das Wege zu einem „ökologischen Wandel“ aufzeigte. Hat dieses Nachfolgeschreiben konkrete Veränderungen angestoßen?
In dem im Juni 2020 unter dem Titel „Auf dem Weg zur Sorge für das gemeinsame Haus“ veröffentlichten Schreiben sind konkrete Praxisbeispiele aus aller Welt für die Umsetzung der Papst-Anregungen enthalten. Es werden dabei vor allem die Vermeidung von Umweltverschmutzung, der Umstieg auf erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaften sowie Bildungsprojekte angesprochen. Ziel des Papiers ist es, über das lokale Engagement in den Gemeinden ein Netzwerk für gesellschaftlichen Wandel zu initiieren, für das man ein „exponentielles Wachstum“ erhofft. Dieser Zugang entspricht transformationswissenschaftlichen Erkenntnissen, gemäß denen Veränderungen von „Change Agents“, also von „Pionieren des Wandels“ in Gang gebracht werden, die durch lokales, gemeinschaftliches Handeln nachhaltige und solidarische Lebensstile einüben.
Diese Wahrnehmung findet eine empirische Bestätigung in dem vielfältigen Panorama an transformativen Projekten und Bewegungen, die in den letzten Jahren entstanden sind: Solidarische Landwirtschaft, Repair-Cafes, Transition-Town-Bewegung, Energiegenossenschaften, Gemeinwohl-Ökonomie, „buen vivir“. Einige Gemeinden und kirchliche Verbände sind Teil dieser transformativen Netzwerke. Weltkirchliche Hilfswerke wie Misereor verorten sich hier und verstehen ihre lokalen Projekte als Teil eines globalen, transformativen Netzwerks. In den Gemeinden in Deutschland ist allerdings eine Tendenz eines „Kreisens-um-sich-Selbst“ festzustellen; angesichts der innerkirchlichen Krisen fehlt die Kraft für Netzwerkarbeit und Beteiligung an Netzwerken oftmals. Übrigens wäre die zuvor angesprochene Neuverpachtung von Kirchenland ein Bereich, in dem die Kirche eine Akteurin des Wandels sein kann.
Papst Franziskus setzte Laudato si‘ 2023 mit dem Schreiben Laudate Deum (LD) fort. Darin appellierte er mit naturwissenschaftlichen Fakten und Argumenten an die Weltöffentlichkeit, endlich angemessen auf die Klimakrise zu reagieren. Hatte er damit Erfolg?
Laudate Deum (LD) ist eine Reaktion darauf, dass Laudato si‘ zwar einen positiven Einfluss auf die Pariser Klimakonferenz im Jahr 2025 hatte, dass die politischen Maßnahmen aber viel zu ambitionslos sind, um das in Paris gesetzte 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Tatsächlich droht sogar das 2-Grad-Ziel verfehlt zu werden. Zudem hat sich die Stimmungslage gewandelt. Nicht mehr die Bewegung „Fridays for Future“ bestimmt die Schlagzeilen. Es wächst der Widerstand, sobald es nicht mehr nur um die Festlegung von fernen Zielen für die Zukunft, sondern um konkrete Veränderungen geht. Angesichts dessen lässt Papst Franziskus in Laudate Deum seiner Sorge freien Lauf: Mit „der Zeit wird mir klar, dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, allmählich zerfällt und auf einen Zusammenbruch zuläuft“ (LD 2), so der Papst zu Beginn des Textes.
Parallel betont er, dass individuelle Lösungen nicht ausreichen. Es brauche politische Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene (LD 69). Franziskus hoffte, mit diesem Schreiben die Klimakonferenz in Dubai (2023) beeinflussen zu können. In dieser Hinsicht hatte „Laudate Deum“ keinen Erfolg. Sein Appell, die Dringlichkeit der Klimakrise ernst zu nehmen, wurde zwar wahrgenommen, die politische Wirkung blieb aber begrenzt, weil der Widerstand gegen ambitionierte Klimapolitik überwiegt. Die Klimakrise und ihre Auswirkungen waren auch im Bundestagswahlkampf dieses Jahres nur Randthemen. Überschattet von Fragen um Migration und Abschiebungen rückten sozial-ökologische Themen in den Hintergrund. Zudem sind viele Menschen infolge der vielen Krisen und Umbrüche „transformationsmüde“, so die Diagnose des Soziologen Steffen Mau. Bestimmte Medien und populistische Politiker und Politikerinnen nutzen dies schamlos aus.



