Eichstätt/Pfünz. (pde) – „Wir brauchen Laudato si mehr denn je“, stellte Bischof Gregor Maria Hanke genau zehn Jahre nach dem Erscheinen der Umwelt- und Sozialenzyklika von Papst Franziskus fest. Es sei gut, sich diesen Text immer wieder neu zu Herzen zu nehmen, er sei notwendig für eine Gesellschaft, in der Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz momentan nicht gerade hoch im Kurs stünden, sagte Hanke bei einem Gottesdienst in der Kapelle des Jugendtagungshauses Schloss Pfünz. Die Andacht war Teil einer Begegnung, zu der die Diözese unter dem Motto „Schöpfung erleben –Schöpfung feiern“ unter anderem ehrenamtliche Umweltbeauftragte aus Pfarrgemeinderäten und Kirchenverwaltungen eingeladen hatte. In einer Gesprächsrunde gaben Gäste aus Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft, Naturschutzverbänden und Kirche kurze Statements zur Enzyklika ab. Zu deren zehnjährigem Jubiläum hatte die Deutsche Bischofskonferenz angeregt, die Inhalte in den Diözesen breit aufzugreifen. „Im Bistum Eichstätt sind wir diesem Aufruf gerne gefolgt“, meinte Nachhaltigkeitsreferentin Lisa Amon. Die Feier, organisiert von der Stabsstelle Schöpfung, Klima- und Umweltschutz in Kooperation mit dem Fachbereich Jugend sowie dem Diözesanverband des Bundes der Deutschen katholischen Jugend (BDKJ), bilde den Auftakt für weitere Veranstaltungen,wie beim diözesanen Schöpfungstag, kündigte Amon an.
„Ein Aufruf zum Anfangen“
Lisa Amon, die auch an das päpstliche Nachfolgeschreiben Laudate Deum von 2023 erinnerte, moderierte anschließend im Foyer des Jugendhauses die Gesprächsrunde und erteilte das Wort zunächst Martin Schneider, Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialethik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Schneider bewertete Laudato si als „eine äußerst politische Aktion“ und Inspiration für die wenige Monate später stattfindende Weltklimakonferenz in Paris. Es gebe wahrscheinlich keinen kirchlichen Text, der im außerkirchlichen Verbändebereich so viel Resonanz erzeugt habe. Für Menschen, die einen nachhaltigen Weg gehen wollten, sei die Enzyklika eine Rechtfertigung gewesen, „ein Aufruf zum Experimentieren und zum Anfangen“, in einer verständlich formulierten Sprache.
Dass in ihrem Umfeld heute auch über Ernährungssicherheit, regionale Kreisläufe oder „enkeltaugliches“ Handeln gesprochen werde, berichtete Rita Götz aus Thannhausen bei Freystadt, Kreis- und Bezirksbäuerin im Bayerischen Bauernverband. Mit dem Begriff Laudato si verband sie nicht nur die Enzyklika, sondern auch Erinnerungen an die Jugendvesper Plankstetten. Florian Siegmund vom BDKJ-Diözesanvorstand war 14 Jahre alt, als die Enzyklika erschien. Er schlug gedanklich eine Brücke zur Fridays-for-Future Bewegung und berichtete, er kenne einige Leute seiner Generation, „die sagen: ich will keine Kinder haben, weil ich es ihnen nicht antun will, dass sie Schöpfung nicht mehr so erleben können wie ich es noch konnte“. Insofern sei die Enzyklika ermutigend, weil sie deutlich mache: „Es ist für vieles zu spät, aber nicht für alles“. Sie gehe viel tiefer als bloße Handlungsempfehlungen wie etwa zum Kauf eines E-Autos, „es geht um Größeres, um weltweite Zusammenhänge, ums Verzichten“.
Johann Beck vom Eichstätter Bund Naturschutz meinte, seit Laudato si sei das „Fremdeln“ zwischen Natur- und Umweltschutzverbänden und der Kirche weniger geworden. „Es sind viele Beziehungen entstanden und eine ganze Menge an Zusammenarbeit“, verwies er auf wiederholte Mitwirkungen an Studientagen des Bistums. Die bereits 1996 von Misereor und Bund Naturschutz herausgegebene Studie „Zukunftsfähiges Deutschland. Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung“ sei jahrelang „einsam und allein im Bücherregal gestanden. Es war höchste Zeit für Laudato si“. Dass sich das päpstliche Schreiben nicht nur als Umwelt-, sondern auch als Sozialenzyklika liest, hob Andreas Steppberger hervor. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit seien zwei Seiten derselben christlichen Verantwortung, meinte der stellvertretende Eichstätter Caritasdirektor und nannte als Beispiel den Klimawandel, der die Ärmsten am schlimmsten treffe. Manfred Roppelt, der für den Eichstätter Diözesanrat sprach, hob hervor, dass Papst Franziskus in Laudato si nicht nur Katholiken anspreche, sondern alle Menschen guten Willens. Vor genau einem Jahr habe er gesagt: „Die Zerstörung der Umwelt ist eine Beleidigung Gottes“. Dagmar Kusche, Vorstandsmitglied der Welt-Brücke Eichstätt, stellte fest, Laudato si sei auch als Aufruf zu fairem Handel interpretierbar und gebe diesem Rückenwind. Anders als die von Franziskus kritisierte Wegwerfkultur fördere der faire Handel bewussten Konsum.
Brauerei-Seniorchef Hans Gutmann aus Titting ging auf das nachhaltige Wirtschaftsmodell der Gemeinwohl-Ökonomie ein, wie sie Papst Franziskus befürwortete, ehe Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, berichtete, dass er Laudato si vor zehn Jahren schon gelesen habe. „Es lohnt sich wirklich“, versicherte der Biologe. Er wünschte sich, dass nachhaltiges Handeln nicht nur aus schlechtem Gewissen heraus erfolge, sondern aus Begeisterung über die Schöpfung und ihre erstaunlichen Geschöpfe. Über den Mauersegler etwa, der zehn Monate des Jahres in der Luft verbringe. Das letzte Statement kam vom stellvertretenden Eichstätter Landrat Bernhard Sammiller, der auf Projekte wie Windparks und Nahwärmenetze einging und hervorhob, wie wichtig es sei, dass die Politik dabei die Menschen mitnehme.
Auch Gäste der Veranstaltung, die nicht ans Mikrofon traten, konnten im Gespräch von Berührungspunkten mit Laudato si berichten. So erzählte Marianne Meier vom KAB-Kreisband Eichstätt, dass dort schon 2015 ein Infoabend zu Laudato si organisiert worden sei. Auch ein Klimakochbuch sei erschienen. Sie selbst habe sich in die Enzyklika hineingelesen „und da bin ich wirklich ein Fan von Franziskus geworden. Der Mann hatte tolle Gedanken“.